AW: Nun ist er da: der Probenzauber !
Hallo Ihr Lieben,
habe am Samstag eine Mail an das Europäisches Verbraucherzentrum geschrieben und heute vormittag (die sind schnell die Jungs) eine hilfreiche Antwort erhalten, die ich Euch nicht vorenthalten möchte:
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Europäische Verbraucherzentrum erhält seit einiger Zeit zahlreiche Anfragen von Verbrauchern, die Rechnungen für die Registrierung bei probenzauber.de von der Firma Opulentia EDV-Dienstleistungs GmbH aus Wien erhalten. Wir bitten daher um Verständnis für diese Standardschreiben (Stand: 24. April 2006)
Nachfolgend einige Hintergrundinformationen sowie eine Formulierungshilfe:
Das Unternehmen verspricht kostenlose Produktproben im Internet ausfindig zu machen und zu vermitteln. Damit ist aber nicht garantiert, dass man tatsächlich Produktproben zugesandt erhält. Wer sich registriert, fängt sich jedoch ein kostenpflichtiges Abonnement ein. Die zum Teil klein gedruckten, erst durch Hinunterscrollen sichtbaren, Vertragsbedingungen oder die nur mittels "pop up" aufrufbaren Geschäftsbedingungen werden dabei in der Regel übersehen oder nicht durchgelesen. Hier versteckt sich jedoch der Hinweis auf eine Mindestlaufzeit von 12 oder 24 Monaten und auf die monatlichen Kosten. Verbraucher, die denken, dass sie sich lediglich für eine einmalige kostenlose Nutzung und die Teilnahme an einem Gewinnspiel registriert haben, erhalten also unerwartet eine Rechnung.
UNTERNEHMER IST BEWEISPFLICHTIG:-p
Grundsätzlich gilt: wer etwas fordert, muss auch nachweisen, dass ein Vertrag zustande gekommen ist, d.h. der Anbieter, der die Rechnung schickt, muss nachweisen, dass mit dem Verbraucher ein wirksamer Vertrag geschlossen wurde. Auch das Anführen der sogenannten IP-Adresse ist als Beleg für eine verbindliche Anmeldung ungenügend.
KNACKPUNKT WIDERRUFSBELEHRUNG
Unseres Wissens belehrt der Anbieter noch immer nicht ordnungsgemäß über das 14-tägige Widerrufsrecht. Daher sollte ein Vertrag "äußerst hilfsweise widerrufen" werden.
Über das Widerrufsrecht muss in Textform belehrt werden - dies setzt ƒ 312 c Abs. 2 BGB jedoch voraus:
"Der Unternehmer hat dem Verbraucher ferner die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die in [. ƒ 1 Abs. 4 BGB-InfoV] bestimmten Informationen in dem dort bestimmten Umfang und der dort bestimmten Art und Weise in
Textform mitzuteilen [.]."
Textform ist in ƒ 126 b BGB definiert. Dafür ist notwendig, dass die Erklärung in einer Urkunde oder in einer anderen zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben wird. Den Anforderungen genügen Verkörperungen auf Papier, Diskette,
CD-Rom oder ähnliches, aber auch in einer E-Mail oder Computerfax. Dagegen reicht ein vom Erklärenden in das Internet eingestellter, nicht durch E-Mail o.ä. übermittelter Text (Homepage) nur, wenn es zu einem Download kommt.
Da es auf den Internetseiten unseres Wissens bislang an der Downloadfähigkeit fehlt und sich nach unseren Kenntnissen zurzeit auch in der Bestätigungs-E-Mail keine Widerrufsbelehrung findet, liegt keine ordnungsgemäße Belehrung vor. Der Verbraucher kann grundsätzlich unbegrenzt lange widerrufen (ƒ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). Der Vertrag sollte daher noch "hilfsweise widerrufen" werden.
Bitte prüfen Sie aber vorsichtshalber, ob sich in der Bestätigungsmail nicht doch eine Widerrufsbelehrung befindet. Sollte dies der Fall sein, würde dies noch für eine ordnungsgemäße Belehrung ausreichen - mit der Folge, dass ein (hilfsweiser) Widerruf dann nicht mehr möglich ist.
ANGEBOTE SIND IRREFÜHREND
Auch sind die Angebote irreführend und täuschen den Nutzer über die Kostenpflichtigkeit des Angebotes. Die tatsächlichen Kosten und eine Mindestvertragslaufzeit verstecken sich in den AGB. Nutzer gehen daher bei der Anmeldung nicht davon aus, dass Kosten und eine 12- oder 24-monatige Vertragsbindung auf sie zukommen. Die entsprechenden Klauseln sind unserer Ansicht nach überraschend und somit nicht Vertragsbestandteil geworden (ƒ 305c BGB).
WENN SICH MINDERJÄHRIGE ANMELDEN
Hat ein Minderjähriger den (Abo-) Vertrag abgeschlossen, ist dieser bei mangelnder Genehmigung der Eltern unwirksam, d.h. Eltern sollten sich auf die Minderjährigkeit berufen und die Bezahlung der Rechnung aus diesem Grund verweigern (- und sich auch in diesem Fall nicht von Drohungen des Anbieters verunsichern lassen!). Selbst für den Fall, dass Jugendliche aus Leichtsinn und Unerfahrenheit im Internet ein falsches Geburtsdatum eingeben, sind diese dennoch nicht zu Zahlungen verpflichtet, da ansonsten die strengen Bestimmungen des Minderjährigenschutzes umgangen werden könnten.
STAATSANWALTSCHAFT WIEN ERMITTELT
Mittlerweile interessiert sich auch die Wiener Staatsanwaltschaft für die Vorgehensweise der Firma Opulentia.
Zur Erstattung einer Anzeige wenden Sie sich direkt unter der Angabe der Aktenzahl an die Staatsanwaltschaft Wien.
Geben Sie bitte auch immer Ihre Email-Adresse am:
Aktenzahl: 62 St 15/06m
Staatsanwaltschaft Wien
Landesgerichtsstraße 11
Postfach 400
A-1082 Wien
Fax: 0043 / 1 / 402 79 11
FORMULIERUNGSHILFE
Unberechtigte Forderung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beziehe mich auf Ihr Schreiben vom .........................., in dem Sie einen Betrag von ............ Euro für die angebliche Inanspruchnahme eine Internet-Serviceleistung verlangen.
(Alternativ, wenn Vertrag von Minderjährigem abgeschlossen wurde):
Der angeblich mit Ihnen abgeschlossene Vertrag wurde von meinem minderjährigen Sohn/ meiner minderjährigen Tochter abgeschlossen. Ich habe weder in einen Vertragsabschluss eingewilligt, noch genehmige ich einen Vertrag.
(Alternativ
Nach meiner Überzeugung habe ich keinen Vertrag mit Ihnen abgeschlossen.
Sollten Sie anderer Meinung sein, so weisen Sie mir bitte nach, wann und wie es zu einer übereinstimmenden Willenserklärung kam, wie Sie mich gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zum Fernabsatz belehrt haben und mich u.a. gemäß ƒ 312e BGB, bzw. ƒ 1 der BGB-Info VO informiert haben.
Äußerst hilfsweise fechte ich den angeblich abgeschlossenen Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Daneben widerrufe ich den geschlossenen Vertrag nach den maßgeblichen Vorschriften über Fernabsatzverträge. Höchst hilfsweise erkläre ich die Anfechtung wegen eines Irrtums über den Inhalt der abgegebenen Willenserklärungen.
Weitere Hintergrundinformationen zu "aktuellen Kostenfallen" im Internet finden Sie bei Interesse z.B. unter:
http://www.dialerschutz.de/kostenfallen.php
Mit freundlichen Grüßen,
i.A. U. M.
Europäisches Verbraucherzentrum / European Consumer Centre
Beratungszentrum Gronau / Advice-Centrum Gronau
Enscheder Straße 362, 48599 Gronau
Tel. (0049) 2562 / 7 02 17, Fax (0049) 2562 / 7 02 47
Email:
[email protected] Internet:
www.evz.de
An dieser Stelle nochmal vielen Dank an den Moderator!
Viele Grüße an alle Geschädigten von Silvia :teddy: