c) Das AVS „über 18.de“ leidet wie alle auf der "Personalausweisnummer“ gestützte AVS – unabhängig von ihrer technischen Ausstattung im einzelnen (vgl. die Übersicht bei Döring/Günter MMR 2004, 231, 233f. - an einem grundsätzlichen Mangel, der sie für den eingesetzten Zweck untauglich macht. Nach dem ihnen zugrundeliegenden Konzept funktionieren sie eine dem gesetzlichen Leitbild zufolge ausschließlich öffentlichen Zwecken vorbehaltene Zahlenfolge in ein für den privaten Rechtsverkehr nicht vorgesehenes und daher nicht geschütztes Kontrollmedium um und nehmen sie so zu Unrecht für eigene wirtschaftliche Zwecke in Anspruch.
Soweit die Revision über die Basisfunktion von „über18.de“ hinausgehende ergänzende Sicherungsfunktionen vorträgt, sind diese urteilsfremd, da das Landgericht ihr Vorhandensein nicht festgestellt hat. Sie wären aber auch nicht geeignet, das erforderliche Hindernis zu schaffen.
Neben die Prüfung des in der „Personalausweisnummer“ enthaltenen Lebensalters tritt dem Revisionsvorbringen zufolge die Prüfung der regionalen Übereinstimmung des Wohnortes des Nutzers und des in der Seriennummer verborgenen Sitzes der den Personalausweis ausgebenden Behörde. Damit soll verhindert werden, daß nicht amtlich vergebene, sondern mit Hilfe von Internet- Generatoren - unter Verwendung des der „Personalausweisnummer“ zugrundeliegenden Algorithmus - plausibel geschaffene Nummern den Zugang ermöglichen. Außerdem soll das System verhindern, daß dieselbe „Personalausweisnummer“ mehrfach von verschiedenen Computern aus verwendet wird. Diese Prüfungen treffen in mehrfacher Hinsicht auf Bedenken. Zunächst: Der Wohnort des Nutzers ist und wird dem Anbieter nicht bekannt; feststellen kann er allenfalls den Standort des Computers. In der ergänzenden Revisionsbegründung ist in diesem Zusammenhang allerdings erstmals – urteilsfremd – von der Eingabe der Postleitzahl die Rede. Diese Prüfung verstärkt – unabhängig von ihrer genauen technischen Ausgestaltung - kaum die Wirksamkeit der Barriere. Echte „Personalausweisnummern“ volljähriger Personen kann sich der Jugendliche ohne weiteres in seinem sozialen Nahraum beschaffen. Sie enthalten dann die örtlich passende Behördenkennzahl. Auf plausibel erfundene Nummern muß er nicht zurückgreifen. Die geschilderte Prüfung hindert eher den von dem Ausstellungsort an einen anderen Ort umgezogenen oder einen fremden PC nutzenden Erwachsenen am Zugriff.
Daß bestimmte „Personalausweisnummern“ „verbraucht“ sind, stellt ebenfalls keine wirkliche Hürde dar; echte Personalausweise Erwachsener im sozialen Nahraum, auf deren rechtlich ungeschützte Nummern der interessierte Jugendliche zurückgreifen kann, gibt es in hoher Anzahl.
Sollte das insoweit nicht ganz eindeutige Revisionsvorbringen wirklich dahin zu verstehen sein, daß das AVS in der Lage ist, den Standort des Computers desjenigen festzustellen, der sich einwählen will, verstieße eine solche Prüfung gegen § 4 Abs. 2 PersAuswG. Die „Personalausweisnummer“ besteht aus mehreren Ziffernblöcken. Deren erster ist die Seriennummer, die unter anderem die Nummer der ausstellenden Behörde enthält, der zweite enthält das unverschlüsselte Geburtsdatum. Sie sind durch einen Algorithmus miteinander verbunden, so daß nicht jedwede Kombination von Ziffern eine mögliche „Personalausweisnummer“ ergibt. Die Seriennummer darf nach § 4 Abs. 2 PersAuswG nicht in der Weise verwendet werden, daß mit ihrer Hilfe ein Abruf personenbezogener Daten aus Dateien oder eine Verknüpfung von Dateien möglich ist. Der Gesetzgeber will damit verhindern, daß die Seriennummern als Personenkennzahl- Surrogat verwendet werden (vgl. Medert/ Süßmuth, Paß und Personalausweisrecht 3. Aufl., § 3 PersAuswG Rdn. 4, § 4 PersAuswG Rdn. 11). Der Standort des Computers, von dem aus der Nutzer die angewählte Datei abruft oder versucht abzurufen, und dessen Identität mit dem bisher verwendeten Rechner wird bei beiden Prüfungen offenbar. Beides sind personenbezogene Daten, weil sie den augenblicklichen Standort des Computers und damit den Aufenthaltsort des Nutzers preisgeben. Deren Verknüpfung mit der den Geburtstag und die ausstellende Behörde enthaltenden „Personalausweisnummer“ ermöglicht es, ein Bewegungsbild zu erstellen und ggf. sogar den Inhaber der „Personalausweisnummer“ zu ermitteln. Dasselbe Verbot nach § 4 Abs. 2 PersAuswG gilt für die mit der ergänzenden Revisionsbegründung – urteilsfremd – vorgetragene „Registrierung von negativ geprüften Internet-Nutzern“ in einer „Blacklist“, sofern diese Datenverknüpfungen auf Seriennummern von tatsächlich ausgegebenen Personalausweisen beruhen.