AW: acoreus collection services fordert ohne ROT zu werden
Hier ein paar kurze Antworten auf Deine Fragen:
zu 4.)
Ist der gelbe Brief im Briefkasten niedergelegt, beginnt die 14-tägige Frist zu laufen. Ist der Empfänger nachweislich nicht da (Urlaub/Krankenhaus/Auslandsaufenthalt) und versäumt diese Frist, kann er u.U. unter Vorlage der entsprechenden Beweismittel sofort nach Erhalt des Briefes beim Mahngericht die "Versetzung in den alten Stand" und somit eine Fristverlängerung beantragen. Dazu sind zwingende Gründe zu belegen!!! Die Mahngerichte sind sehr sparsam mit derartigen Verlängerungen.
Wird die 14-tägige Frist ohne Reaktion des Empfängers überschritten, ist der Mahnbescheid rechtskräftig und das Mahngericht stellt - auf erneuten Antrag des Gläubigers - ohne weitere Prüfung einen Vollstreckungsbescheid zu. Auch dieser wird wieder in einem gelben Umschlag wie oben beschrieben verschickt. Auch hier gelten Widerspruchsfristen, allerdings nicht mehr gegen die forderung selbst.
Danke für den Beitrag. Zu 4. erlaube ich mir allerdings ein paar Korrekturen.
1. Mahnbescheide werden nicht "rechtskräftig". Der Ablauf der Widerspruchsfrist (richtig: 2 Wochen) ist lediglich Voraussetzung, um einen Vollstreckungsbescheid beantragen zu können. In der Regel beantragt der Gläubiger dies gleich mit Einreichung des Mahnbescheides für den Fall des Fristablaufs. Wird Widerspruch eingelegt (Rücksendung des ausgefüllten Widerspruchsformulars an das Mahngericht) erfolgt Nachricht an den Gläubiger, dass (Gesamt-)Widerspruch eingelegt ist. Dieser kann dann - falls er das nicht auch schon bei Einreichung des Mahnantrages angekreuzt hat - "Abgabe" an das für das Streitverfahren zuständige Gericht beantragen. Streitgericht ist in der Regel das für den Wohnsitz des Schuldners zuständige Gericht, bei Forderungen bis 5.000 € das Amtsgericht, bei höherer Forderung (nur Hauptsumme) ist es das Landgericht (vor dem man sich durch einen Anwalt vertreten lassen muss).
2. Auch wenn man NACH Ablauf der Widerspruchsfrist den Widerspruch absendet oder er nach Ablauf dieser Frist bei Gericht eingeht, ändert sich solange nichts, als nicht vor Eingang bereits der Vollstreckungsbescheid "verfügt" ist, was man sich so vorstellen kann, dass der Rechtspfleger den fertig vorbereiteten und unterschriebenen Vollstreckungsbescheid auf seinen Aktenbock zwecks Abtrags gelegt hat. Auch in diesem Fall erfolgt - Antrag vorausgesetzt - Abgabe an das Streitgericht.
3. Ist der Vollstreckungsbescheid bereits verfügt, gilt der "verspätete Widerspruch" automatisch als Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid. Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid führt wie der Widerspruch gegen den Mahnbescheid zu einer richterlichen Prüfung der Angelegenheit. Wichtiger Unterschied ist: Der Vollstreckungsbescheid ist ein (vorläufiger) Vollstreckungstitel. Der Gläubiger kann also auf Grundlage des Vollstreckungsbescheides einen Gerichtsvollzieher beauftragen oder eine Kontenpfändung veranlassen. Auch dagegen kann man sich wehren (Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, insbesondere, soweit noch nicht vollstreckt wurde. Die Erläuterung hier würde den Rahmen sprengen). Außerdem läuft man Gefahr, dass man die "Kosten der Säumnis" (im Mahnverfahren also wegen Versäumung eines rechtzeitigen Widerspruchs) tragen muss, auch wenn man später in der Hauptsache obsiegt. (Säumniskosten bei anwaltlicher Vertretung des Gläubigers 0,5 Gebühren nach der streitwertbezogenen Tabelle zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, bei einem Hauptsachestreitwert von unter 300 € sind das z.B. 12,5 € zzgl. USt.).
Alldies ändert aber nichts daran, dass nach Abgabe des Verfahrens an das Streitgericht der Gläubiger gehalten ist, seine Forderung schriftlich zu begründen (Anspruchsbegründungsschrift). Diese Anspruchsbegründungsschrift wird vom GERICHT zugestellt, zusammen mit einer Aufforderung bis zu einer bestimmten Frist auf die Klage zu erwidern, manchmal auch zugleich mit der Ladung zu einem Gerichtsverhandlungstermin.
4. Wird trotz Widerspruchs noch ein Vollstreckungsbescheid durch das Mahngericht zugestellt, kann das seine Ursache darin haben, dass der Widerspruch nicht oder nicht rechtzeitig beim Gericht eingegangen ist. Deshalb besteht - wenn man sich gegen die Forderung wehren will - spätestens jetzt HANDLUNGSBEDARF. Denn wird kein Einspruch eingelegt (und gibt es auch keinen fristgerecht vor Ablauf der Einspruchsfrist eingehenden "Widerspruch gegen den Mahnbescheid"), wird der Vollstreckungsbescheid (und erst dieser) rechtskräftig. WICHTIG: Anders als beim Mahnbescheid ist jede Fristversäumung (maßgeblich Eingang des Einspruchs bei Gericht!) absolut schädlich. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Einspruchsfrist in Betracht.
5. Kommt es nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid oder Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zur Gerichtsverhandlung (zum "streitigen Verfahren"), prüft das Gericht die sog. Schlüssigkeit der Klage. Ist die Klage unschlüssig, ist sie abzuweisen. Erfahrungsgemäß nehmen es manche Gerichte allerdings mit der Schlüssigkeitsprüfung nicht so genau, wenn sich der Schuldner nicht meldet. Daher: Auch wenn die Anspruchsbegründungsschrift eingeht, gilt es, die dort gesetzten Fristen zu beachten.
Ganz gefährlich ist es, wenn Vollstreckungsbescheid ergangen, Einspruch eingelegt und Termin zur Verhandlung über den Einspruch und zur Hauptsache anberaumt ist, man aber trotz schriftlicher Klageerwiderung zum Termin nicht erscheint. Es ergeht dann nämlich - Schlüssigkeit der Klage vorausgesetzt - ohne Rücksicht auf die in der Klageerwiderung erhobenen Einreden und Einwendungen ein sog. Zweites Versäumnisurteil, mit dem der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid "verworfen" wird. Dagegen kann man sich nur noch mit dem in der Regel nicht sonderlich erfolgreichen Argument (durch Einlegung des Rechtsmittels der Berufung) wehren, ein Fall der schuldhaften Säumnis habe nicht vorgelegen.
Fazit:
1. Will man sich gegen eine unberechtigt scheinende Forderung wehren, nach Möglichkeit schon innerhalb der 2-Wochen-Frist WIDERSPRUCH gegen den Mahnbescheid einlegen.
2. Fristversäumung ist bei Mahnbescheid nur bedingt schädlich, deshalb nach Ablauf der 2 Wochen nicht denken: "Ist jetzt eh egal".
3. Ist ein Vollstreckungsbescheid zugestellt worden, unbedingt FRISTGERECHT Einspruch einlegen. Ein paar Kosten bleiben zwar hängen, aber die geltend gemachte Forderung kann man noch erfolgreich abwehren.
4. Im gerichtlichen Verfahren gesetzte Fristen und anberaumte Termine beachten bzw. wahrnehmen. Mit glaubhaft gemachten Gründen kann man - außer bei der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitsschaft - Fristverlängerungen oder Terminsverlegung beantragen.