Banditentum im Internet

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Progressives Zentrum schrieb:
Gegenwärtig setzt sich die christlich-liberale Bundesregierung für ein europaweites Vorgehen gegen Kostenfallen im Internet ein.

Dies ist meines Erachtens auch sinnvoll, denn die Abzocke macht nicht an der deutschen Grenze Halt. Die Verbraucher in Deutschland surfen im Internet nicht nur in heimischen Gefilden, sondern suchen auch ausländische Internetseiten auf. Die Unternehmen dieser Seiten haben ihre Server im Ausland und sind aufgrund dessen nur schwer oder überhaupt nicht juristisch zu belangen.

Das, was der Liberale da äußert, stimmt nicht.
Die Abzocke macht tatsächlich genau an der deutschen Grenze Halt.
Es gibt nirgendwo im Ausland eine ähnliche Abzocke wie hier in Deutschland. Die beteiligten Firmen sitzen entweder als dubioses Strohkonstrukt in Deutschland, Geschäftsführer ist dann gern ein privatinsolventer Strohmann. Oder sie werden in Übersee registriert, gern z.B. in einem Briefkasten in Dubai (außerhalb des europäischen Rechts). Ohnehin ist hier bei Verbrauchern aus Deutschland ausschließlich deutsches Recht anwendbar. Verbraucher im europäischen Ausland sind so gut wie gar nicht betroffen. Die europäische Trompeteninitiative der Deutschen wird wohl im Ausland mit einiger Verwunderung betrachtet werden.

Um die alles entscheidende Frage, warum es denn diese Abzockerszene im europäischen Ausland so überhaupt nicht gibt, drucksen sich unsere Politiker (egal, ob schwarz, gelb, rot oder grün) seit fünf Jahren herum. Man weigert sich konstant, den Müllhaufen vor der eigenen Haustür überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.

Worin besteht dieser Müllhaufen?
Der besteht doch darin, dass wir hierzulande einen dicken Gesetzeswälzer haben, der sich "Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb" nennt - dass es aber so gut wie niemanden gibt, der dieses Gesetz effektiv durchsetzt.

Es wird also in Deutschland geltendes Recht nicht effektiv angewendet. Das ist ein zentral deutsches Problem, was es so im Ausland nicht gibt.

In Deutschland überlässt man nämlich traditionell die Kontrolle des fairen Wettbewerbs sogenannten "nichtstaatlichen Organistationen", im wesentlichen sind das private Verbände wie z.B. die Wettbewerbszentrale sowie die Verbraucherzentralen. Diese Verbände haben eine sogenannte "Klagebefugnis gemäß § 13a UKlaG", der Privatverbraucher hat dagegen in Deutschland in den meisten Fällen von vornherein keine Möglichkeit, einen Unterlassungsanspruch gem. UWG durchzusetzen, denn er ist nicht klagebefugt (das gilt zumindest sicher in diesen Fällen der Webseitenabzocke).

Die privaten Organisationen können nun monatelang gegen so eine Kasperfirma klagen, sie können dann ein sogenanntes "Unterlassungsurteil" erwirken. Wohlgemerkt: das ist nur ein Urteil, welches dem Abzocker ab sofort bei Strafandrohung verbietet, dieses oder jenes Geschäftsmodell weiter auszuüben. Es handelt sich hier nicht um eine Strafsanktion, außer Gerichtskosten fallen für den Abzocker hier noch keine Kosten an, auch eine Gewinnabschöpfung gibt es in aller Regel bisher nicht.

Damit der Abzocker nun nicht Gefahr läuft, bei weiterer Rechtsverletzung die angedrohte Strafzahlung leisten zu müssen, lässt er seine Kasperfirma einfach sterben und gründet evtl. über einen Strohmann eine neue.
Das schöne Unterlassungsurteil ist dann völlig wertlos, denn es bezog sich ja nur auf seine alte, jetzt bereits erloschene "Firma".
Gegen die neue "Firma" dürfen die Verbände dann gern erneut von vorn klagen. Das dauert wieder, und die Rechtskosten bezahlt der Abzocker aus der Portokasse.

Merkwürdigerweise hat sich auch noch kein Ordnungsamt gefunden, das etwa mal versucht hätte, ein Ordnungsgeld wegen Verstoß gegen § 1 Abs. 6 PAngV (Preisangabenverordnung) zu verhängen. Dies wäre rechtlich sicher möglich, wird aber bisher nicht angewendet.

Wie ist die Situation im Vergleich dazu im Ausland?
Fast überall im Ausland gibt es staatliche Behörden, die den fairen Wettbewerb überwachen. Im Ausland wird also das dort geltende Wettbewerbsrecht aktiv angewendet, indem bei krassen Verstößen saftige Ordnungsgelder verhängt werden. Und mit "saftig" meine ich nicht fünfstellige "Du, Du, Du!"-Ordnungsgelder wie bei uns, sondern das geht z.B. in England nicht selten gleich in die vollen, und zwar ggf. mit mehreren Millionen Pfund. Es muss also nicht erst mühsam ein Unterlassungsurteil erwirkt werden, sondern die Sanktion wird schon bei Bekanntwerden des Rechtsverstoßes verhängt.
Wenn sich im Ausland der insolvente Strohmann zahlungsunfähig zeigt, fährt er eben ersatzweise in den Bau ein. Deswegen überlegt man es sich im Ausland auch gründlicher als bei uns in Deutschland, für welche Kasperfirma man als Strohmann seinen Namen als zeichnungsberechtigter Gesellschafter hergibt. In Deutschland wird die Strafzahlung (ersatzweise Ordnungshaft) nur bei erneuter Übertretung fällig. Aber, wie gesagt, dazu kommt es erst gar nicht, weil i.d.R. umfirmiert wurde.

Der andere Grund, weshalb es im Ausland diese Abzockerszene nicht gibt, liegt im liberalen deutschen Inkassorecht, wodurch ein sogenanntes "Inkasso-Stalking" ermöglicht wird, wie es in dieser Form überall im Ausland nicht ungestraft stattfinden darf.

In Deutschland haben Inkassobüros und Inkassoanwälte gesetzlich verbriefte und politisch dauerhaft garantierte Narrenfreiheit. Sie können z.B. ungestraft einer alten Oma mit Pfändung der Rente drohen, auch wenn beim aktuellen Verfahrensstand nicht einmal ein Mahnbescheid beantragt ist. Diese nötigenden Drohungen gegenüber Rechtslaien sind z.B. in England explizit untersagt. Der Inkassierer würde unweigerlich seine "licence" verlieren. In Deutschland gehört dieses Verhalten dagegen zum politisch sanktionierten Besitzstand des selbsternannten innovativen Mittelstands. Eine heilige Kuh, die nicht angetastet wird, erst recht nicht von den sogenannten "Liberalen".
 
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Frage & Antwort - Kristina Schröder, CDU
Man muss als Verbraucher den Zahlungsaufforderungen nicht nachkommen. Die betroffenen Verbraucher haben das Recht, die Briefe, Rechnungen und Mahnung der entsprechenden Firmen zu ignorieren.
Und weiter?

Wenn man das verstanden hat: Warum passiert nichts?

Die Politik kann dafür sorgen, dass Betrüger auch dann von Amts wegen verfolgt werden, wenn der Betrug im Internet stattfindet. Es gibt eine handvoll mafiös organsierte Banden, die Gesetzeslücken für sich ausnutzen. Diese kann man schließen und die Duldung betrügerischen Handelns durch Amtsträger beenden.
 
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Guter Rat Online | Technik & PC - Internet-Fallen - Klick, schnapp - Kohle weg?
Der Beitrag stammt vom 22.01.2007 . weitgehend aktuell
Das sattsam bekannte Geschäft funktioniert nur, weil die betroffenen Kunden weitgehend allein dastehen. Polizei und Staatsanwälte können nichts ausrichten,
Wollen nichts ausrichten
Für Rechtsanwälte wiederum sind solche Fälle völlig unwirtschaftlich - die Schadenssummen sind zu gering, als dass sich mit einem solchen Mandat Geld verdienen ließe.
Wozu auch.
 
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Spende eines Internet-Dienstleisters bringt Förderverein der Schule an den Linden in die Bredouille - Rödermark - Lokalmeldungen - Lokales - op-online.de
Premium Content die Spende im Juni an den Förderverein überwiesen. Dies sei, so der Vorstand, ungefragt geschehen. Der Internet-Dienstleister hatte zuletzt im März Negativschlagzeilen produziert: 600 angebliche Kunden waren bei der Suche nach kostenlosen Downloads im Internet in eine Abo-Falle getappt und erhielten Rechnungen von Premium Content.
 
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Das Geschäft mit der Ängstlichkeit
In Nepp-Briefen jeweils 160 Euro verlangt

Nach übereinstimmenden Angaben des Konsumentenschutzministeriums, der AK Wien und des VKI sind die Massenbriefe von Proinkasso folgendermaßen aufgebaut: Als Mandant, der angeblich das Büro mit dem Eintreiben des Geldes beauftragt hat, scheint meist ein Unternehmen (die Firma SkyBorn) auf, dessen Anschrift und Kontaktdaten in Deutschland nicht eindeutig nachvollziehbar sind. Die angeblich geschuldete Gesamtsumme, die innerhalb von sieben Tagen auf ein deutsches Konto überwiesen werden soll, beträgt knapp 160 Euro. Weiters enthalten die Schreiben Angaben zum Datum (mit der genauen Uhrzeit und IP-Adresse des Computers, von dem aus der Abschluss getätigt worden sein soll), an dem sich die Konsumenten angeblich für kostenpflichtige Abo-Services wie etwa die Internetseite ht*p://w*w.pflanzen-heute.com angemeldet haben sollen.

Auffällig war dem VKI zufolge, dass die in den Briefen angegebenen IP-Adressen von Internetprovidern in Übersee – etwa in Indonesien oder im arabischen Raum – stammen. Das heißt: Proinkasso und SkyBorn scheinen davon auszugehen, dass die Gemahnten die Internet-Abos auf Auslandsreisen abgeschlossen haben. Wobei die Konsumenten sich zu den genannten Zeitpunkten nachweislich nicht in Übersee aufhielten.
 
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http://www.nw-news.de/owl/regionale_wirtschaft/3686753_Abzocker_drohen_mit_Schufa-Eintrag.html
Um die Sperrung seines deutschen Kontos zu verhindern, hatte im Mai 2009 einer der Anbieter seiner Hausbank eidesstattlich erklärt, dass er pro Woche 160.000 Rechnungen á 96 Euro verschickt
Laut Umfragen des VZBV bezahlen etwa 10 Prozent der Angeschriebenen diese Forderungen. "Das lohnt sich", sagt der Verbraucherschützer, "knapp 1,6 Millionen Euro pro Woche."
 
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heise online - Verbraucherschützer fordern Unterstützung im Kampf gegen Abofallen
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sieht sich in seinem Kampf gegen Abofallen im Web (PDF-Datei) allein auf weiter Flur. Der dort zuständige Jurist Martin Madej kritisierte heute die Bundesregierung, die deutschen Staatsanwaltschaften und die Bundesländer: "Alleine können wir den Kampf nicht gewinnen. Wir rennen stetig hinterher." Die Politik müsse endlich einschreiten.
 
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http://www.vzbv.de/go/presse/1361/index.html
Die Staatsanwaltschaften müssen die im großen Stil praktizierte Abzocke verfolgen und deren Betreiber anklagen. Bisher ist die strafrechtliche Verfolgung sehr unbefriedigend. Um ein gezieltes Vorgehen zu ermöglichen, sollte die Gründung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften geprüft werden.
Das wird wohl nicht gehört werden. Betrug mit neuzeitlichen Methoden durch mafiös organisierte Banden wird seit 5 Jahren behördlich toleriert.
 
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vzbv schrieb:
Um ein gezieltes Vorgehen zu ermöglichen, sollte die Gründung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften geprüft werden.
Das kommt mir doch so bekannt vor :gruebel:

jau!
heise online - Verbraucherministerium erhöht Druck bei Warteschleifen
Verbraucherstaatssekretärin Klöckner verlangt auch ein schärferes Vorgehen gegen illegale Telefonwerbung. "Scheinbar verstehen einige unlautere Anbieter nur eine Sprache: Man muss ihnen das Gewerbe entziehen." Sie fordert Schwerpunktstaatsanwaltschaften durch die Länder.

"Schwerpunktstaatsanwaltschaften" scheint das Schlagwort der Saison zu sein :rolleyes:
 
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Die ehemalige Weinkönigin Klöckner will ja nächstes Jahr Kurt Beck als RLP-Ministerpräsident ablösen.
Da muss sie sich ja wohl medienwirksam in Szene setzen....:unzufrieden:

Alles leeres Politikergeschwätz....
 
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Internet-Kostenfallen: Verbraucherschützer fordern Politik zum Handeln auf | Verbraucher sicher online
Zwar haben eine ganze Reihe von Zivilgerichten geurteilt, dass solche Kostenforderungen oft unbegründet sind und nicht erfüllt werden müssen. Davon lassen sich die Abzocker aber nicht abschrecken. Sie machen unbehelligt weiter und kassieren bei denjenigen ab, die sich von mit Paragraphen gespickten Drohbriefen einschüchtern lassen. Leichtes Spiel haben die Kostenfallen-Betreiber auch deswegen, weil Staatsanwaltschaften und Strafkammern die Abzocker bislang ungeschoren davon kommen lassen. Im Zweifel machten diese einfach eine neue Website auf und spielten ihr böses Spiel weiter.
 
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http://www.computerbild.de/artikel/...terin-Abofallen-Abzocke-Internet-5525453.html
Meist sorgen Anwälte und Inkassofirmen für den Zahlungsdruck. Sind neue Gesetze notwendig, um das besser zu verhindern?
Leutheusser-Schnarrenberger: „Bei den Rechtsanwälten und Inkassofirmen brauchen wir keine neuen Gesetze, sondern die konsequente Anwendung vorhandener Regeln. Wenn Anwälte Geld einklagen, obwohl sie wissen, dass ihre Mandanten kein Recht darauf haben, drohen berufliche Konsequenzen.
Richtig, die bekommen keine Einladung zur Weihnachtsfeier bei der Rechtsanwaltskammer.
 
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Sie sollte eigentlich genau wissen, von welcher Gilde sie spricht:
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ? Wikipedia
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abitur 1970 absolvierte sie in Göttingen und Bielefeld ein Studium der Rechtswissenschaft. Sie legte 1975 das Erste und 1978 das Zweite juristische Staatsexamen ab.
Sie sollte selber am besten wissen, dass genau diese Anwälte regelmäßig Persilscheine der
Staatsanwaltschaften und Gerichte ausgestellt bekommen.

Was sollen solche populistischen Sprüche, von denen sie selber am besten wissen müßte,
dass es pure Nebelkerzen sind?
 
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Der ist auch gut:
Kostenfallen im Internet gibt es schon lange. Warum bleiben die Hintermänner weiterhin unbehelligt?
Leutheusser-Schnarrenberger: „Als Bundesjustizministerin bin ich verantwortlich für einen guten gesetzlichen Rahmen, der keinen Spielraum für Kostenfallen lässt. Schon heute ist der Schutz besser, als viele glauben. Häufig wird bei Kostenfallen gar kein echter Vertrag geschlossen. Wenn doch, können sich die Betroffenen meist durch Anfechtung oder Widerruf vom Vertrag lösen. Außerdem laufen Betreiber von Abofallen Gefahr, wegen Ordnungswidrigkeiten oder Betrugs belangt zu werden. Natürlich reicht es nicht, solche Vorschriften in den Gesetzbüchern zu haben. Sie müssen auch konsequent umgesetzt werden. Dafür setze ich mich ein.
Wenn das "Nichts", was da passiert, noch MIT dem Einsatz der Ministerin "Nichts" bleibt, ist die doch völlig wirkungslos.
 
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Wenn ich die ministerialen Ergüsse so lese - sie hat alles "nachgebabbelt" (=hessisch für nachgesprochen), was ihr zuständiger Obersabbler (bzw. Leiter des Referats "Berufsrecht der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare") ihr vorgab! :unzufrieden:

Derselbe Verantwortliche hatte diese Position ja auch bereits bei der Zypresse inne. Bereits zur Zypressenzeit sah der gute Mann "keinerlei Handlungsbedarf". Wer da Bewegung erwartet, wartet vergeblich!
 
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