AW: Neue Kundschaft - der Lyriker-Thread
Weil heute Sonntag ist, ein kurzes Stück zur Erbauung
Im Opernhaus der Tiere
Erster Akt
Im Morgendämmern Hähne krähen,
der Kuckuck ruft, es grunzt ein Schwein.
Die Fische hurtig ein paar Runden drehen
die Vöglein zwitschern aufgeregt im Hain
Auch die Käfer und die Würmer jubilieren
wenn sich die Morgennebel lichten.
Die Eintagsfliegen wollen keine Zeit verlieren.
Ein Esel vertreibt sich seine Zeit mit Dichten.
Eine Oper für die Tiere will er schreiben.
Ein Schafsbock blökt: „Das gibt ein Fest!“
Bienen summen hinter Fensterscheiben
Ein Storch erwacht in seinem Nest.
„Quatsch! “, schimpft eine seiner Lieblingsdamen
„Wir wollen Schlager hören oder Volksmusik!“
Da ruft der Dichteresel ohne Namen:
„Gelungen ist mein bestes Stück!“
Ein Specht hackt Holz an einem Stamm
„Ich kann mit meinem Schlagzeug Solo singen
„Ich auch“ ruft ein grünes Osterlamm
Ein Igel wünscht gutes Gelingen!“
Ein Regenwurm, noch etwas nass
streckt sich aufwärts und verkündet stolz:
„Ich kann singen den tiefen Bass
begleitet von Kastagnolien aus Holz.
“Ich singe den Sopran
begleitet von Posaunen,”
ruft Onkel Otto, der Schwan:
“Caruso würde staunen.”!
“Ich übernehme dann den Bariton ”
ruft eine Wespe, die früher schöner gewesen.
“ ganz lang anhalten kann ich den Ton,
aber keine Noten lesen!”
“Der Heldentenor - das ist mein Fach!”
trillert ein Silberpfau mit weißem Schal:
“Doch erkältet bin ich und die Stimme schwach
„Wie immer, ruft vom See ein weißer Wal.
“Ich kann noch sehr viel höher singen
ganz ohne Qual“ verspricht der Wal
“die zehngestrichene Oktave kann ich bringen,
man hört sie nur nicht überall.
Ein Pinguin in Frack und weißer Weste
gesellt sich zu den Tieren.
“ Schaut her, ein Mensch, es wär´ das Beste
er würde uns´ren Backroundchorus dirigieren.“
Ein vergilbter Rothirsch mit erhobener Brust
schmettert mit Inbrunst eine alte Weise.
Es ist das Lied seiner Väter: „Die Waldeslust.
Ein Pfingstochse ruft: „Das ist in deutsch doch Scheiße!“
“Sing doch das Lied von der schwedischen Nachtigall!”
“Das geht nicht, morgens um halb acht.”
Doch dann hört man es im Radio und überall:
Das Lied der Lieder: „Stille Nacht.“
Alle waren ergriffen und tief bewegt,
besonders Othello, ein sibirischer Löwe
und als sich sein Tränenfluss gelegt,
sagte er “Ahoi” und küsste eine weiße Möwe.
Dann war die Möwe nicht mehr da
und Othello rieb sich den Bauch
Eine Gemse schimpfte, die das sah:
“Das ist Betrug, das kann ich auch.”
Der Dirigent ruft, zu Tod erschrocken:
„Seid ihr denn von Sinnen?
Von der Möwe sieht man nur noch Brocken,
die Oper kann beginnen!“
Ein Fanfarenstoß von einem Elefanten
als Zeichen, damit der Vorhang gehe hoch.
Ein Kater erscheint mit seinen sechzehn Tanten
später kommen auch die Onkel noch.
Der Vorhang, fein gesponnen und sehr filigran
von fleißigen Spinnen in langen Nächten gewebt
mit eingearbeiteten Käfern und einer Blattlaus außen dran
die meisten haben noch gezappelt und gelebt.
“Ach wie so trügerisch...” verkünden im Duett drei Nattern,
die eng umschlungen die Bühne betreten.
Das Federvieh applaudiert durch Flattern,
Nur die großen Vierbeiner ducken sich und beten.
Tosca, eine rheumakranke Katze
jault in höchsten Tönen voller Schmerzen
sie schüttelt den Kopf und hebt die Tatze:
„Der Gesang kommt vom Rücken und nicht vom Herzen. “
“Rigoletto, eine Maus, die nebenan gepennt
verhöhnt die Katze wobei sie lauthals lacht.
“Ruhe” ruft der Dirigent,
“Sorry, ich habe doch nur laut gedacht.”
Ein Hochlandschaf verbeugt sich würdevoll
Das Publikum applaudiert zum Dank.
Es war ein Ton, nicht Dur und auch nicht Moll.
Es gab nur einen schrecklichen Gestank.
Gewaltig aber kurz
war der Hochland-Furz
Nach Whisky hat er nicht gestunken.
Der Künstler hatte Lebertran getrunken.
Da surrt heran ein Bienenschwarm
begleitet von Wespen, Schmeis- und anderen Mücken,
Die Ballerinen mögen Schafsgerüche aus dem Darm
und empfinden dabei Freude und Entzücken
Schafstechen nennen sie ihr Ballett
das niemand hat bestellt.
Wie die das Tier traktieren ist nicht nett.
Nur dem Publikum die Schau gefällt.
Es klatscht mit Pfoten, Krallen oder Hufen
Das arme Schaf sinkt nieder und betet im Sturz.
„Zugabe!“ Doch was nützt es, noch zu rufen.
Das Schaf ist tot - es war sein letzter Furz.
Der Einzug der Ackergäule sollte jetzt kommen
„Es wird noch eine Weile dauern“
ruft eine Echse, die behäbig kam geschwommen
“ Die sind noch beschäftigt bei den Bauern.”
Aus dem Bach entsteigt ein Krokodil,
das Haupt geschmückt mit einer Schlange.
“ Ich bin Kleopatra, die Herrin vom Nil,
doch mit diesem Vieh nicht mehr sehr lange
“Ich bin Orpheus aus der Unterwelt!”
hört man eine Stimme ganz von oben
“Eurydike habe ich hierher bestellt
gekommen ist dieser fette Kloben.
Kleopatra ruft Cäsarius, den edlen Herren,
als ihr Gift verspritzt die böse Schlange.
Kleopatra will im Todeskampfe an der Schlange zerren
und später in der Hölle singen, tot und ewig lange.
Pinguine kamen herbei, als Priester verkleidet
ein Einhorn schmetterte drohend einen Ton
Der Trauerzug wurde von der Schlange zum Friedhof geleitet
und Cäsar spielte auf dem Saxophon.
Orpheus ist wieder abgetaucht
seine Zeit war noch nicht gekommen.
Eurydike, hat vor Wut gefaucht:
“Jetzt hat das Weib mir Cäsar weg genommen.”
Aus der Ferne erklang eine Fanfare “Kickeriki
etwas krächzend und rauh, doch mit voller Kraft.
Aufgeregtes Federvieh erstürmte die Bühne und schrie:
“Das ist Richard der Dritte, der steht noch im Saft.”
Der König der Hennen betrat die Bühne, bunt bemalt,
mit einem Säbel, bejubelt in C vom Chor seiner Getreuen.
“Verfluchte! Ihr habt eure Steuern nicht bezahlt,
ihr sollt hängen, die Suppe wird sich freuen!”
“Also...” sprach ein Zebra namens Zustra
“Es sei,” vollendet den Satz ein Bambusreiher
“Aber...” meint ein Rindvieh ...jetzt wird´s dusta,
“ wer legt uns dann die Eier?”
Richard der Dritte erhob sein Schwert,
mit zornigem Blick und geschwollenem Kamm.
Doch er hielt das Schwert verkehrt
Ein Versehen, das kein gutes Ende nahm.
Trommelwirbel , doch mit einem falschen Ton
dargebracht von einem Specht mit einer Lücke im Gebiss
“Cis” ruft vom alten Vogler ein Schwiegersohn
“Nein” widerspricht der Specht, “bei mir steht “fis”.
Ein Ballett soll kommen jetzt auf leisen Sohlen,
doch außer ein paar Gelackten bleibt die Bühne leer.
Der Inspizient, ein Fuchs ruft nach den Dohlen:
“Wo bleibt ihr denn, kommt endlich her!”
„Kann mir jemand diese Dohlen holen?““
„Faules Pack“ ruft der Fuchs, in seiner Pflicht besessen
„Hahaha“ wiehert ungeniert ein junges Fohlen,
“die hast du doch zum Frühstück selbst gefressen.”
“Oh Krimhild, das darfst du nie mehr machen”,
wimmert Siegfried, ein Perlhuhn das gefangen
in den Fängen von Aida, eines bösen Drachen
Aida speit Feuer und ist geröstet abgegangen.
“Singet” ruft Gotthilf, ein eingelegter Heringsfisch
mit Zwiebeln und Salz bestreut in einem Faß
Rollmöpse klagen, die nicht mehr frisch
“Hier kann man nicht singen, hier ist es zu naß”
“Freude, schöner Götterfunken...”
“Ruhe!” befielt ein uniformierter Enterich
Gotthilf ruft in die Menge feuertrunken :
“Singet!” Doch niemand regte sich.
Er ging traurig in´s Heringsfaß zurück,
die Rollmöpse, in Gurken gewickelt, trösteten ihn
mit einem Trinklied, Gotthilf strahlte vor Glück,
“Hier ist die Akustik besser als in Wien. ”
Draußen in der Arena ist ein Raunen zu hören.
Was ist´ s dort oben auf der Marmorsäule?
Eine Fata morgana? Niemand kann es sich erklären.
“Ein Lichtstrahl berührt eine verhüllte Schleiereule”.
Alle schauen nach oben wie gebannt
Nur eine Giraffe nicht, sie fragt auch nicht warum.
Jung Siegfried ruft : “Brünhilde, ich habe dich erkannt”
“Quatsch„, ruft jemand aus dem Publikum:
“ Brünhilde ist doch längst schon tot,”
erklärt ein Strauß aus Niederbayern
Ein Hummer schloss die Augen und wurde rot:
„Das ist Salomé mit den sieben Schleiern!“
Ein grüner Sperling, noch jung an Jahren
ruft begeistert: “So was habe ich noch nie gesehen!“
Salomé´s Augen blitzen hinter aufgeklebten Mäusehaaren
Ein alter Geisbock seufzt: “Jetzt ist´s um mich geschehen.”
Eine Zimtziege schimpft: “ So weit sind wir gekommen”
Die Giraffe mit Fernglas bedeckt ihr Antlitz vor Gram
“Diese Weiber sind verrucht und so verkommen”
Auch zwei Blaumeisen erröten vor Scham.
“Das ist Erotik”, meint ein gelber Zitronenfalter
„was ist denn daran schlecht?
Wir leben doch nicht im Mittelalter“
Ei grüner Steinbeißer gibt ihm, recht.
„Psst” zirpt eine Zirpe vorwurfsvoll
was in ihrer Sprache heißt: “Halt´s Maul!”
Das Publikum in Erwartung, was jetzt kommen soll
“Hurra! Jetzt kommt Strippties”, wiehert ein Gaul.
Da fängt die Eule an, sich zu enthüllen,
ganz langsam von den sieben Schleiern.
Die Arena tobt und beginnt sich mehr und mehr zu füllen
“Die ist sexy” sagt Siegfried zu den Feuerspeiern.
Ein Känguru legt geräuschvoll die Stirne in Falten
und entfaltet gelangweilt das Programm.
“ Was soll man von dem Scheißdreck halten?
“Das ist Kunst, erwidert ein glatt rasiertes Lamm.”
“Jetzt ist sie nackt, die alte Eule !”
ruft der Geisbock: “Mein Gott, ist die scharf!
„Und auf der Nase hat sie eine Beule,
daß ich so was noch erleben darf!”
Langsam wird es immer heller,
Oben steht Salomé, so wie sie Gott erschaffen hat.
Den Kopf von Richard dem Dritten auf einem Teller.
Und unten liegt ein Feigenblatt.
Ein Paukenschlag ließ die Erde erbeben
Salomé gleitet abwärts an einem Seil.
Richard befielt, den Kopf nun wieder anzukleben
aber verschwunden ist das andere Teil.
Ende des ersten Aktes
Gruß Avor