III. Minderjährigenschutz (§§ 106 ff. BGB)
Wie oben unter I. schon erwähnt, stellen Jugendliche und damit Minderjährige eine besondere Zielgruppe der genannten Serviceleistungen dar, was sich in der inhaltlichen Ausgestaltung der Programme und der Werbung und der Platzierung der letzteren in Jugendzeitschriften und in Werbepausen zwischen Jugendsendungen im Fernsehprogramm zu erkennen gibt. Bestellt nun ein Minderjähriger in der erwähnten Weise per Kurznachricht eine der genannten Serviceleistungen, so begründet diese Willenserklärung aufgrund der entstehenden Vergütungspflicht eine für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Verpflichtung. Folglich ist die Wirksamkeit dieser Willenserklärung gem. § 106, 107 BGB von der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters abhängig. Ob eine solche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorliegt, ist nach der Nutzungsform des Mobiltelefons zu unterscheiden:
1. Zunächst soll die Lage bei Benutzung eines sog. Vertragshandys betrachtet werden. Bei dieser Form des Mobiltelefongebrauchs zahlt der Benutzer demjenigen Netzbetreiber, mit welchem ein Nutzungsvertrag abgeschlossen wurde, eine monatliche Grundgebühr und die jeweils angefallenen Kosten. Solche Nutzungsverträge schließen die Netzbetreiber jedoch ausschließlich mit volljährigen Personen ab. Hieraus folgt, dass im Falle eines Vertragshandys das jeweilige Gerät nicht direkt in die Hände von Minderjährigen gelangen kann. Wenn also (in der Regel) die Eltern einem ihrer Kinder ein Mobiltelefon als Vertragshandy zur eigenen Benutzung verschaffen, so haften sie gegenüber den Netzbetreibern vertraglich für die dadurch entsehenden Kosten. Daraus folgt, dass in dieser Überlassung eine Einwilligung gem. § 107 BGB zur Benutzung des Geräts und zum Vertragsschluss über gebührenpflichtige Angebote zu sehen ist. In diesen Fällen ist der jeweilige Vertragschluss des Minderjährigen mit dem Serviceunternehmen in Bezug auf die Regelungen des Minderjährigenschutzes wirksam.
2. Eine andere Situation ergibt sich jedoch bei der Benutzung eines Mobiltelefons durch einen Minderjährigen, wenn es sich um ein Guthabenhandy handelt. Bei diesem wird zwischen dem Benutzer und dem Netzbetreiber kein vertragliches Nutzungsverhältnis mit monatlicher Grundgebühr begründet. Das Mobiltelefon wird an den Verbraucher verkauft, und dieser hat die Möglichkeit, das Guthaben nach eigenen Wünschen und Bedarf durch Berechtigungskarten wieder aufzuladen. Der wesentliche Unterschied zu den Vertragshandys liegt darin, dass die Netzbetreiber für den Erwerb eines Guthabenhandys lediglich das Vorliegen eines gültigen Personalausweises fordern, diese Geräte somit von 16-jahrigen und damit Minderjährigen erworben werden können. Ist der Erwerber minderjährig, so setzt ein wirksamer Vertragsschluss die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters voraus. Diese wird regelmäßig in dem Überlassen des zum Erwerb benötigten Geldbetrages zu sehen sein, so dass mit Bezahlung des Guthabenshandys durch den Minderjährigen der Kaufvertrag zwischen Netzbetreiber und Minderjährigen des Mobiltelefons gem. § 110 BGB wirksam ist. (Die Übereignung des Geräts nach § 929 I BGB hingegen ist für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft.) Ist der Erwerb des Geräts wirksam, so ist nunmehr zu untersuchen, ob auch die jeweilige Nutzung des Geräts und damit der Vertragsschluss des Minderjährigen mit den Servicebetreibern wirksam ist. In Betracht kommt wiederum eine konkludente Einwilligung des gesetzlichen Vertreters gem. § 110 BGB. Zu beachten ist hier jedoch, dass die Einwilligung durch das Bereitstellen des Geldbetrages zum Erwerb des Guthabenhandys zunächst nur den Kaufvertrag betraf. (Der Kauf eines Gerätes, welches regelmäßig mit einen Startguthaben versehen ist, und der Kauf einer Berechtigungskarte, mit welchem das Guthaben wieder aufgeladen werden kann, sind diesbezüglich rechtlich gleich zu bewerten, so dass hier eine Unterscheidung nicht erforderlich ist.) Bestellt nun ein Minderjähriger mit seinen neu erworbenen Guthabenhandy eine der genannten Programmeinheiten bei einem Serviceanbieter, so ist dies nicht mehr vom ursprünglichen Vorgang des Handykaufs und des damit verbundenen Erwerbs eines Guthabens umfasst. Folglich erwirbt der Minderjährige durch die Benutzung des Guthabenshandys Surrogate für die von dem gesetzlichen Vertreter bereitgestellten Mittel. Bei solchen Surrogaten, die der Minderjährige mit überlassenen Mitteln erwirbt, ist folglich erneut zu prüfen, ob sie seiner Verfügung unterliegen. (MünchKomm-Schmitt, 4. Aufl. (2001), § 110 Rn. 31.) Nach allgemeiner Ansicht (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl. (2004), § 110 Rn. 2.) ist es bei Surrogaten, die der Minderjährige mit den überlassenen Mitteln erwirbt, eine Frage des Einzelfalls, welche Verwendung durch das Einverständnis des gesetzlichen Vertreters gedeckt ist. Geschäfte mit Surrogaten, die den Wert der ursprünglich überlassenen Mittel übersteigen oder besondere Risiken in sich bergen, die bei der Überlassung noch nicht absehbar waren, fallen regelmäßig nicht darunter. (Bamberger/Roth-Wendtland, BGB, 1. Auflage (2003), § 110 Rn. 10.) Zu beachten ist hier der Zweck des Minderjährigenschutzes nach §§ 104 ff. BGB. Dieser dient in erster Linie dem Schutz des nicht voll Geschäftsfähigen vor möglicherweise nachteiligen Folgen von Willenserklärungen, deren Auswirkungen er nicht hinreichend erfassen mag. (MünchKomm-Schmitt, Vor § 104 Rn. 2, Bamberger/Roth-Wendtland, § 110 Rn. 1.)