Re: Internet Clearing B.V.
Hallo sonja,
sonia schrieb:
Leider kann ich nicht mit Sicherheit ausschließen, dass mein Kind einen Musikanbieter angeklickt hat und die Kostenpflicht übersehen hat.
Dann war der "Klick" jedenfalls keine (Dir zurechenbare) Äußerung Deines Willens, eine Vereinbarung über eine entgeltliche Leistungserbingung mit dem Diensteanbieter zu treffen. FALLS Du jedoch beim Musikanbieter leichtfertig ein schutzwürdiges Vertrauen hervorgerufen haben solltest, in einem von Deinem Anschluß aus erfolgten Einwahlvorgang eine bewußte, "auf den Abschluß eines Vertrags über die Erbringung der fraglichen (Musik-)Dienstleistung zu den behaupteten Bedingungen gerichtete" Erklärung Deines Willens zu erblicken, DANN dürfte dieser Diensteanbieter davon ausgehen, daß er seine Dienste zur Erfüllung seiner vertraglich begründeten Verpflichtung leistet und kann dafür die vertraglich vereinbarte Vergütung verlangen.
ABER:
Der Musikanbieter dürfte hier als e-commerce-Unternehmer anzusehen sein (= ein Unternehmer, der sich zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über .... die Erbringung von Dienstleistungen eines Tele- oder Mediendienstes (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr) bedient, § 312e BGB). Und der hat "angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen und berichtigen kann", und muß zudem
rechtzeitig vor Abgabe der Bestellung klar und verständlich mitteilen, daß und wie diese Korrekturmittel zu benutzen sind, § 312e BGB.
Aus diesem Grund kann deshalb ein e-commerce-Unternehmer sich frühestens dann auf ein schutzwürdiges Vertrauen darauf berufen, jede Anwahl seiner Nummer bereits als bewußte Bestellung seiner angebotenen Leistung zu begreifen, wenn er den Nachweis erbringt, (zumindest) die Eingabefehler-Korrekturmöglichkeit gemäß § 312e BGB geschaffen und rechtzeitig vor Bestellabgabe deutlich auf sie hingewiesen zu haben.
Andernfalls wird von Dir allerhöchstens eine Vergütung für diejenige Art von Leistung verlangt werden können, mit der sich ein Leistungserbringer durch eine bloße Netzeinwahl von Deinem Anschluß aus beauftragt fühlen darf - mit einer reinen Telekommunikations-Verbindungsleistung (Herstellung und Aufrechterhaltung einer (Sprach-)Verbindung zu einem Inlandsanschluß - ca. 2-5 Cent/Min.)
Selbst wenn man davon ausgehen würde, daß ein e-commerce-Unternehmer auch ohne solche Korrektur-Möglichkeiten und/oder rechtzeitige Hinweise zwar vetl. zunächst gleichwohl von einer bewußten Bestellung ausgehen dürfte, sodaß zunächst von einem wirksamen Vertragschluß auszugehen, und seine Dienste-Erbringung als -vergütungspflichtige- Vertragsleistung anzusehen wäre, wäre folgendes zu bedenken:
Dann hättest Du jedenfalls ein Recht zur Anfechtung Deiner als "Bestellung" aufzufassenen Erklärung. Soweit dieses Recht auf Deinem Irrtum über den Bestellcharakter Deiner Äueßrung beruht, könntest Du es nur "unverzüglich" ab Kenntnis des Anfechtungsgrunds "Irrtum" ausüben (unklar ist, ab wann die Anfechtungsfrist beginnt - erst ab dem Zeitpunkt, zu welchem Du Kenntnis von der Person des Musikanbieters hast, demgegenüber Du Deine irrtümliche Bestellung anzufechten hättest?) Während jedoch normalerweise nach einer Irrtums-Anfechtung der Vertrauensschaden zu ersetzen ist (d.h. der Musikanbieter wäre so zu stellen, als hätte er auf die Gültigkeit Deiner angefochteten Erklärung vertrauen dürfen - d.h. ihm wäre die Vergütung dann als "Schadensersatz", und nicht mehr als Gegenleistung für den -durch die Anfechtung für nichtig erklärten- Vertrag zu leisten), dürfte einem gegen seine e-commerce-Pflichten verstoßendem Anbieter dieser Vertrauensschutz in die Irrtumsfreiheit gerade fehlen.
Der Unterschied zwischen einem von vorneherein nicht berechtigten Vertrauen in den Erklärungscharakter, und einem fehlenden Vertrauensschutz in die Gültigkeitkeit einer Bestellung besteht in Folgendem:
- im ersten Fall kann der Musikanbieter schon gar keinen Vertragsschluß belegen.
- im zweiten Fall hat der Anbieter nur dann keinen vertraglichen Anspruch (mehr), wenn der Irrende seine Bestllung rechtzeitig -d.h.unverzüglich- anficht.
Falls die Bestellabgabe sogar durch arglistige Täuschung veranlaßt wurde, kann das Anfechtungsrecht dann nicht nur "unverzüglich", sondern auch noch etwas länger ausgeübt werden (10 Jahre).
gal.