Banditentum im Internet

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Rechtsanwalt Karsten Gulden LL.M. (Medienrecht), Kanzlei GGR Gulden & Röttger Rechtsanwälte, 55126 Mainz
Eine Neuformulierung könnte folgendermaßen aussehen:

"Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf Ihren ausdrücklichen Wunsch vollständig erfüllt ist, bevor Sie Ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben."

Dies stärkt die Position der Verbraucher, dürfte einige Unternehmer ärgern und viele Abmahner auf den Plan rufen.
Wo sind die Abmahner, wenn man sie brauchen kann? Oder verdienen die alle schon auf der falschen Seite?

Bei den Einschüchterungsfallen-Banditen stimmt heute nicht eine Widerrufsbelehrung, soweit ich das feststellen konnte. Die Zeit drängt.
 
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Im Vergleich zum heutigen Drohinkassotreiben war die Dialerei vor einigen Jahren Kinderkram.

Eine Bande der Jetztzeit schreibt nach eigener Bekundung in einer "guten" Woche 170.000 Rechnungen über 96 Euro. Bei einer Erfolgsquote der Zahlungserpressung bringt das 1,6 Mio. Euro ein.

Auf Jahr gerechnet kommen über 80 Mio. Euro zusammen. Ein paar andere Banden schneiden nicht viel schlechter ab. Insgesamt also einige 100 Mio. Euro.

Die Bilanzen der Dialerei-Zahlungsdienstleister zusammen reichen da nicht ran, trotz Crosskirk und Co..
 
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Dazu kommen noch die Profite aus der Gewinnspiel-Telefonklingel-Werbung.
Das sind Profite, wie es sie ansonsten nur im Rauschgifthandel gibt.

Geldwäsche über Firmen, die früher im Dialerbereich tätig waren.
Überweisungen auf Schweizer Tarnfirmen, internationale dubiose Verflechtungen.
 
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Die mafiöse Erpressung von Bürgern, die man zuvor in raffinierte Einschüchterungsfallen gelockt hat, müsste eigentlich einen kleinen Dämpfer erhalten haben:

Neues Widerrufsrecht bei Dienstleistungen tritt in Kraft- Lübeck News
Wann erlischt jetzt das Widerrufsrecht vorzeitig?
[...]
Es reicht jetzt also nicht mehr wie bislang aus, dass der Verbraucher etwa durch ein Häkchen zustimmt, dass mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird. Jetzt ist es erforderlich, dass der Verbraucher auch selbst seine Zahlungsverpflichtung erfüllt hat.
Damit wird ein zentrales Problem beseitigt. Der Verbraucher behält sein Widerrufsrecht, solange man ihn nicht erfolgreich zur überflüssigen Zahlung pressen konnte.

Ich bin gespannt, wie die mafiösen Banden weiter agieren werden.
 
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Allgäuer Zeitung schrieb:
Meistens beginnt es mit dem Herunterladen eines eigentlich kostenlosen Computerprogramms: «Die Internetanbieter behaupten dann, dass ein Vertrag abgeschlossen worden ist und versuchen den Verbraucher mit Drohbriefen mürbe zu machen», erläutert Winkler. Und wie geht man am besten mit solchen dubiosen Firmen und ihren Zahlungsforderungen um? Winkler rät, auf keinen Fall zu bezahlen.

Bei Online-Abzocke auf keinen Fall zahlen | all-in.de - das Allgäu online!
 
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Verbraucherzentrale: Bei Internet-Abzocke »auf keinen Fall zahlen« - Stadt - Gießener Allgemeine
Nach diesem Muster arbeiten auch andere Anbieter, mit dem gleichen Ergebnis: »Wer die unverschämten Rechnungen nicht begleicht, wird mit Drohungen, Mahnungen und Inkassobriefen eingeschüchtert. Viele Nutzer zahlen aus schierer Angst«, heißt es beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Dabei lautet ihr wichtigster Tipp: »Auf keinen Fall zahlen!«.
Zu gut deutsch: Die Anbieter versuchen nicht, einen bestehenden Anspruch auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.

Es geht ausschließlich um Einschüchterung rechtsunsicherer Bürger und die Erzeugung blanker Angst, kurz: mafiöse Erpressungsmethoden in Bandenorganisation.

So etwas nennt man außerhalb des behördenfremden Internets organisierte Kriminalität.

http://dejure.org/gesetze/StGB/253.html
§ 253
Erpressung

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
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W&B Anwälte Gesetz regelt Widerrufsrecht neu
Neugeregelt wurde ferner ob und unter welchen Voraussetzungen der Verbraucher Wertersatz für die bis zum Widerruf genutzte Dienstleistung leisten muss. Gemäß § 312 d Absatz 6 BGB gilt nunmehr, dass Verbraucher für die bis dahin erbrachten Dienstleistungen nur Wertersatz leisten müssen, wenn Sie vor Vertragsabschluss darauf hingewiesen worden sind und dennoch einer Ausführung der Dienstleistung ausdrücklich zugestimmt haben.
Die Umsetzung der Neuregelung lässt im Gewerbe echt zu wünschen übrig.

Das könnte daran liegen, dass die Banditen sich andere Goldgruben suchen müssen.
 
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Gegen einige Banditen beginnt die Verhandlung vor dem Landgericht Göttingen :wink:

Die Göttinger Staatsanwaltschaft wirft den 25 und 26 Jahre alten Nachwuchsjuristen, die in Stadt und Landkreis Göttingen sowie in Hamburg wohnen, gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrug vor.
Insgesamt sind 986 vollendete und 196 versuchte Taten angeklagt, dabei sollen die Studenten über 130 000 Euro ergaunert haben.
Unter einer Domain namens "fabrik-einkauf.com" sollten sie angeblich Zugriff auf eine angeblich geheime Liste mit Adressen von Veranstaltern besonders günstiger Fabrikeinkäufe bekommen.
 
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Nach den bekannten Zahlen darf man davon ausgehen, dass die organisierte Kriminalität auf Basis von Einschüchterungsfallen jährlich Rechnungen über 2,5 Milliarden Euro schreibt und mit Angsterzeugung durch nötigende Schreiben eine Zahlungsquote in Höhe von 0,25 Milliarden Euro tatsächlich erpresst.

In der Realität gibt es nicht einen Fall, dass die erpresserischen Drohungen in der Wirklichkeit eingetreten wären oder auch nur ein einziger "Kunde" wirklich zahlen musste.

Angesichts dieser Realität hinkt die Beratung durch Verbraucherzentralen katastrophal hinterher.

Die Pflichtübung, sich durch Widerspruchsschreiben mit weiteren persönliche Daten noch mehr in die Hände von Erpressern zu begeben, ist völlig unangepasst.

Erpresserschreiben, die keinen klar erkennbaren Absender sowie keinen nachvollziehbaren Grund mitbringen, sind keine Rechnungen. Mailmüll gehört zum Grundrauschen im Internet und kann immer gefahrlos gelöscht werden.
 
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Angesichts dieser Realität hinkt die Beratung durch Verbraucherzentralen katastrophal hinterher.
Leider leiden auch noch viele Foren/Blogs und vor allem auch die Medien unter diesem Realitätsverlust.

Als Begründung für den Schreibselwahn wird die selbst in negativen Zehnerpotenzen
kaum einzuschätzende Möglichkeit angeführt, dass sich Nutzlosbranchenvertreter ausgerechnet
auf Grund des Ignorierens des Mahnmülls zu Schauprozessen hinreißen ließen.

Warum diese dann ausgerechnet von den Nutzlosen gewonnen werden sollten, kann die gesamte
Schreibselzunft angefangen von Anwälten über Verbraucherzentralen bis hin zu den Medien, die den Käse nachbeten, erklären.
 
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Die "Abwehrschreiben" müssen ohnehin dringend an die neue Gesetzeslage angepasst werden. Nach dem neuen Widerrufsrecht kann der Verbraucher widerrufen, bis er gezahlt hat, also immer noch dann, wenn die Zahlungserpressung versucht wird.

Bei der gewohnt schlechten Information im Vorfeld muss er auch keinen Ersatz für die bereits genutzte anteilige Dienstleistung erstatten.

Das neue Gesetz wirkt wie der Kehraustag für die Dialerei:

http://forum.computerbetrug.de/serv...er/36003-vormerken-kehraus-tag-17-6-05-a.html
 
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Internet-Betrug: Jurastudenten sollen Luxusautos mit Web-Abzocke finanziert haben - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Netzwelt
Das Prinzip, dessen sich die drei Jurastudenten bedient haben sollen, ist beileibe kein neues: Man lockt Internetnutzer mit einem vermeintlich nützlichen Service auf eine Web-Seite, lässt die Arglosen dort Angaben zur Person eintragen, ein paarmal klicken - und erklärt ihnen irgendwo im Kleingedruckten, dass sie bei der Registrierung ein Abo abschließen oder einen Zugang zu Informationen kaufen.
Schade, dass nur in Göttingen die Rechtslage irgendwie anders ist ...
 
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So grundlegend anders ist die da nicht. Es gab in diesem Fall allerdings Umstände, die den Betrugsvorsatz beweisbar gemacht haben - was bei der "klassischen Nutzlosfalle" sonst weitgehend nicht möglich ist.
Wenn der Abzocker z.B. personifizierte Links mit Session-Code in einer Spam-Mail mitschickt, und wenn man beim Klick auf den Link dann sofort "angemeldet mit Namen" mitten in der sogenannten Dienstleistung landet, ohne vorher einen Preishinweis gesehen zu haben - dann kann auch ein deutscher Staatsanwalt daran nicht vorbei interpretieren.
 
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