Vorratsdatenspeicherung 3.0

Reducal

Forenveteran
webwatcher 2010 schrieb:
und jetzt das:

http://www.t-online.de/computer/int...rivatsphaere-stellt-grundrechte-in-frage.html

BKA-Vizechef lehnt Privatsphäre im Internet ab
man solle grundsätzlich jede Aktivität im Netz als öffentlich betrachten. Dann wisse jeder Nutzer, woran er ist, und Ermittler und Konzerne könnten beispielsweise im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung IP-Adressen zu jeder aufgerufenen Seite, jeder Äußerung in Foren und jeder Onlinebestellung registrieren lassen. Laut Heise stellte Maurer seine Forderung auch in Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung: Dementsprechend sei die Speicherung der IP-Adressen dann nicht problematisch.
BKA-Vizechef Maurer steht mit seiner Meinung allerdings nicht allein. Manager großer Onlinekonzerne vertreten ganz ähnliche Thesen. ...Facebook, Google
 
Das Recht auf Schutz der Persönlichkeit etwa durch Privatsphäre gehört zu den Grundrechten. Herr Maurer beweist mit seinen Äußerungen, dass er Sinn und Zweck dieses Grundrechts auch nicht im Ansatz verstanden hat.

Wer sich in der Öffentlichkeit bewegt, der gibt doch nicht zwangsläufig seine Privatsphäre auf! Eine solche Annahme ist doch vollendeter Blödsinn!

Denn dann müsste man mit dem gleichen Recht fordern, dass jeder Mensch, der in der Öffentlichkeit herumläuft, ein Schild an der Jacke mitführt, wo Name und Wohnort deutlich sichtbar aufgedruckt sind.

Wenn Herr Maurer am Baggersee liegt, dann hat er nicht neben seinem Strandtuch ein großes Schild aufgestellt: "Hier liegt Herr Maurer, der Vizepräsident des BKA."

Sondern Herr Maurer will anonym bleiben, was auch sein gutes Recht ist. Wenn ihn zufällig jemand kennt - nun gut. Aber wen es nichts angeht, den geht es nichts an. Und nicht etwa, weil Herr Maurer etwas zu verbergen hätte. Sondern einfach, weil es sein Grundrecht ist, nicht identifiziert sich in der Öffentlichkeit bewegen zu dürfen! Und hierfür muss sich Herr Maurer auch bei niemandem rechtfertigen und etwa begründen, was er denn zu verbergen habe.

Sollte Herr Maurer selbst diesen Gedankengang nicht nachvollziehen können, dann kann man nur konstatieren, dass er sich vermutlich in der bleiernen Atmosphäre einer DDR pudelwohl gefühlt hätte. Das wäre ihm dann zugestanden. Allein: das ist eben genau das, wo die Mehrheit der Deutschen nicht (wieder) hin will! Und auch ein Herr Maurer hat diesen Mehrheitswillen zu respektieren.

Analog gilt dieses Grundrecht auf Persönlichkeitsschutz eben auch im Internet! Herr Maurer vergißt zudem, dass es im Internet Bereiche der vertraulichen Kommunikation gibt (etwa: e-Mail), die vom rechtlichen Status den verschärften Schutzregeln etwa des Fernmeldegeheimnisses unterstehen. Sollte Herr Maurer der Ansicht sein, dass ein Mitlesen von e-Mails ohne richterlichen Beschluss jedem Dorfbeamten möglich zu sein habe (oder wie soll man seine Äußerungen eigentlich verstehen?...), dann kann er mit dem gleichen Recht auch die Abschaffung des Briefgeheimnisses beantragen sowie die zwangsweise Installation von Überwachungskameras in öffentlichen Toiletten (ja, mit Einsicht in die Kabine, denn niemand hat etwas zu verbergen).

Nun ist es Gott sei Dank so, dass ein Herr Maurer (noch) nicht die Richtlinien der Sicherheitspolitik allein zu bestimmen hat, und dass es massig einflussreiche Entscheidungsträger inklusive der Justiz gibt, die seine merkwürdigen Allüren nicht teilen. Es stimmt jedoch bedenklich, dass jemand als Entscheidungsträger in einflussreicher Position einer Ermittlungsbehörde sitzt, der ersichtlich den Sinn und Zweck wichtiger Grundrechte nicht verstanden hat.
 
...dass er sich vermutlich in der bleiernen Atmosphäre einer DDR pudelwohl gefühlt hätte.
...wie sehr viele andere strafverfolgende Kollegen des Beamten auch. Recht und vor allem Gesetz machen vor den Beamtenstuben gelegentlich gerne mal halt, weil der Verfolgungsdrang gerade bei engagierten Beamten die Einsicht auf Recht- und Verhältnismäßigkeit hier und da trübt. Deshalb auch phisht man gern im Trüben, aus lauter Hilflosigkeit ggü. den neuen Phänomenen in der technologisierten Welt.

Entscheidungsträger
Nimmt man Goethes Zitat, so ist dieses aktueller denn je:
Zauberlehrling schrieb:
Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, Werd ich nun nicht los.
Wer das eine will muss das andere mögen! Man wird das Internet und seine Nutzer nicht kontrollieren können, es sei denn man wendet die chinesisch/nordkoreanische Linie an.

Deshalb auch muss sich der BKA-Vize den Satz von Rosa L. entgegen halten lassen:




[Anm. Redu.: ....nein, ich bin alles andere als Kommunist!]
 
...wie sehr viele andere strafverfolgende Kollegen des Beamten auch. Recht und vor allem Gesetz machen vor den Beamtenstuben gelegentlich gerne mal halt, weil der Verfolgungsdrang gerade bei engagierten Beamten die Einsicht auf Recht- und Verhältnismäßigkeit hier und da trübt. Deshalb auch phisht man gern im Trüben, aus lauter Hilflosigkeit ggü. den neuen Phänomenen in der technologisierten Welt.

Im Rahmen der Arbeit im Verbraucherschutz ergeben sich mit der Zeit immer wieder Kontakte mit Ermittlern. Hierbei offenbart sich ein stark zweigeteiltes Bild. Es gibt teilweise sogar in untergeordneten Dienststellen immer wieder Ermittler, die nicht nur engagiert sind, sondern die auch über hervorragende Fachkenntnisse verfügen, und denen man z.B. nicht erst erklären muss, was ein Domain-Whois ist.

Auf der anderen Seite gibt es selbst bei Ermittlern in LKAs ab und zu Beamten, die noch nicht einmal dazu fähig sind, vernünftig zu googeln. Die finden dann bei der "Ermittlung" eines bösen Gewinnbimmlers immerhin das Impressum des Verbraucherschutzforums, wo das Thema gerade behandelt wird. Natürlich hat das Forum ersichtlich nichts mit dem Gewinnbimmler zu tun, trotzdem hat der Sheriff nichts anderes zu tun, als dem Forenbetreiber einen Anhörungsbogen zur Beschuldigtenvernehmung zukommen zu lassen. Das kann man dann vielleicht "engagiert" nennen, wenn man zynisch ist. Zielführend ist das aber sicher nicht. Da werden teilweise Ermittlungen gleich am Anfang in den Sand gefahren und durch Inkompetenz verschleppt, bevor sie überhaupt richtig angefangen haben. In solchen Fällen fragt man sich immer wieder unwillkürlich, für was der Betreffende eigentlich seinen Beamtensold bezieht.

Es sind dann nach meinem subjektiven Eindruck oft auch gerade solche Leute, die immer wieder das Geschrei nach mehr Überwachung und Aufgabe des Persönlichkeitsschutzes anstimmen. Da wird fachliche Kompetenz ersetzt durch blindwütigen Aktionismus, da werden richterliche Durchsuchungsbeschlüsse beantragt z.B. bei Fällen von Identitätsbetrug, in denen gleich beim ersten Anschein klar sein müsste, dass der von der Durchsuchung Betroffene gar nichts mit dem Fall zu tun haben kann. Das reicht diesen Leuten dann auch noch nicht, nein, die müssen einen Totalzugriff auf die Bestandsdaten haben, so meinen sie - am besten ohne richterlichen Beschluss und per Sofortabfrage. Wenn dann die Ermittlung trotzdem versandet, kann man das Verfahren ja immer noch einstellen. Aber zumindest wurde "alles menschenmögliche" versucht...

Ich verstehe dieses Geschrei nach immer mehr Überwachung nicht. Das BKA hat doch z.B. in dem Fall der Heihachi-Fakeshop-Bande bewiesen, dass es durchaus auch ohne VDS und Trojaner ermitteln und auch fündig werden kann, wenn es will. Die Täter sind inzwischen zu hohen Haftstrafen verknackt, es wurde bewiesen, dass das Internet eben kein rechtsfreier Raum ist, auch wenn Timmi aus Delmenhorst und Dommi aus Retz bei Wien eine Zeit lang gemeint haben, uns allen den Stinkefinger zeigen zu können.

Es geht alles, man muss die fachlich versierten und engagierten Leute nur machen lassen. Und ihnen die benötigten technischen und insbesondere personellen Mittel halt auch zukommen lassen. Es hilft aber nichts, auf der einen Seite nach immer mehr Überwachung zu schreien und auf der anderen Seite ständig die Planstellen zu kürzen. Das passt nicht zusammen.

Die Befürworter der VDS sollten sich m.E. überlegen, ob man nicht mit einer Beschränkung auf die reine Speicherung der Bestandsdaten für 6 Monate und ohne Speicherung der Verbindungsdaten gut leben könnte. Das Angebot der Justizministerin bezüglich eines "Quick-Freeze" reicht nicht aus, wie z.B. dieses Beispiel überdeutlich zeigt:
http://de.wikinews.org/wiki/Deutsch...orratsdatenspeicherung_nicht_ermittelt_werden
Vermutlich ist das Angebot der Ministerin auch lediglich als taktisches Angebot gedacht, von dem sie ganz genau weiß, dass es nicht konsensfähig ist (weil nicht hinreichend). Womit sie dann ihr Ziel, eine auch nur moderate und eigentlich vernünftige Konsenslösung in dieser Legislaturperiode zu blockieren, erreicht hat.
 
Abstimmung über Zentralregister: EU plant Vorratsdatenspeicherung für Reisende

Kreditkartennummern, Namen, Essenswünsche: Großbritannien und andere europäische Staaten wollen Hunderte Millionen Fluggastdaten in einem Zentralregister speichern und zu einer Art Rasterfahndung nutzen. Selbst EU-Juristen zweifeln an der Verhältnismäßigkeit.

Man spricht neuerdings Oxford-Englisch auf den Fluren des Europaparlaments. Diplomaten, Lobbyisten und andere Abgesandte der Londoner Regierung suchen in diesen Tagen wankelmütige EU-Abgeordnete auf. Sie schwärmen ihnen vor von der Sammlung von Millionen Fluggastdaten, die Großbritannien seit Jahren zur Fahndung nach Terroristen nutzt. Und dann versuchen sie die Parlamentarier zu überreden, die britische Vorratsdatenspeicherung samt Rasterfahndung auf ganz Europa auszuweiten - trotz aller Bedenken der Daten- und Verfassungsschützer.
Quelle: http://www.spiegel.de/netzwelt/netz...-passenger-name-record-daten-ab-a-895915.html

Das erinnert mich immer mehr an George Orwell´s Buch 1984.

VDS in allen Lebenslagen
Was wir von intelligenten Strom- und Wasserzählern schon kennen, soll demnächst auch beim Autofahren Einzug halten. Es geht um die konkrete Erfassung des Fahrverhaltens. Wer sich möglicherweise auf so was einlässt, soll nach Vorstellungen von Autoversicherungen Preisvorteile genießen. Laut Spiegel online will Telefonanbieter (O2) eine entsprechende Technik an Versicherungskonzerne verkaufen.

Auch wenn Rabatte auf dem ersten Blick verlockend sind, würden das geplante Angebot zu einer faktischen Dauerüberwachung von Autofahrern führen. Es soll nämlich per Mobilfunk erfasst werden, wer wie lange in welchem Tempo fährt, bremst und lange nachts unterwegs ist. Über ein Punktesystem soll das Fahrverhalten der Kunden bewertet werden und so “individuelle” Tarife ermöglichen. Über eine App, so die Pläne von Telefonica, sollen Autofahrer auch eine direkte Rückmeldung zu ihrem Fahrverhalten bekommen.
Quelle: Lawblog
 
Wenn ich zu dem Thema unsere Politiker so reden höre erinnert mich das an Blinde, die über Farben sinnieren.
Ohne den Blinden jetzt zu nahe treten zu wollen. Die haben sicher mehr Ahnung von den Farben als unsere Politiker vom Thema "Vorratsdatenspeicherung"...
 
Die Debatte ist von allen Seiten so ideologisiert, dass es kaum noch möglich ist, eine vernunftbasierte Lösung anzubieten. Es scheint nur noch die "Alternativen" zu geben: entweder möglichst umfassende Vollüberwachung (man weiß ja nie, wofür man die mal brauchen kann...) oder "total freie Bohn mit Morzipohn" im Internet.
 
Das ist genau das Problem. Vernünftige Argumente ziehen da schon seit Jahren nimmer. Da kochen die Emotionen dermaßen hoch, dass man vernünftige Argumente überhaupt nimmer anhören will.
 
dpa schrieb:
08.04.2014, 09:46 Uhr

EuGH kippt Datenspeicherung auf Vorrat

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat über die umstrittene Datenspeicherung auf Vorrat geurteilt: Die Richter entschieden, dass es nicht dem europäischem Recht entspricht, ohne konkreten Anlass Telefon- und Internetverbindungsdaten der EU-Bürger zu Strafverfolgungszwecken zu speichern. Das Urteil wird auch den Umgang der Bundesregierung mit der Datenvorratsspeicherung bestimmen.

...Das EuGH-Urteil hat die Pläne der Bundesregierung und des Deutschen Richterbundes nun nichtig gemacht.
 
Jetzt kommt etwas mehr Dynamik in die Überlegungen:

Jan Fleischhauer auf S.P.O.N. schrieb:
Der Schwarze Kanal: Speichert endlich, wer mit wem telefoniert!

...Es geht vor allem darum, der Polizei nach einem Terrorakt die Fahndung zu erleichtern: Bei der Suche nach Hinterleuten und Mitwissern ist es ungemein hilfreich, wenn man weiß, mit wem die Täter in den Tagen oder Wochen vor ihrem Verbrechen in Kontakt standen...

....weiterlesen
 
Fest steht: Frankreich hat eine VDS - und trotzdem konnten die angeblich "im Namen des Propheten" erfolgten Schießereien in Paris nicht verhindert werden. Weil die Attentäter zwar bekannt waren (sie hatten u.a. für die USA bereits Flugverbot...), jedoch aus welchen Gründen auch immer nicht auf dem engeren Radar der französischen Behörden standen.

Hätte man sie dagegen auf dem Radar gehabt, dann hätte eine konventionelle TKÜ - wie sie auch in Deutschland nach richterlichem Beschluss bereits jetzt erlaubt ist - wohl zum Ziel geführt.

Frankreich hat jedoch Millionen von Migranten allein aus dem Maghreb. Die kann man gar nicht alle auf dem Radar haben, selbst wenn man es wollte - weder mit TKÜ noch mit VDS.
 
Was hättet Ihr gemotzt, wenn die VDS-Daten entgegen der Regelung ausgewertet worden wären um einen Anschlag zu verhindern...

Dir ist schon klar, welche Hürden heute eine TKÜ stellt, rechtlich wie technisch?
 
Du wirfst da ein paar Sachen durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben.
Nachrichtendienste und klassische Sicherheitsbehörden zum Beispiel.
 
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