AW: Beweislast bei Onlineverträgen
Du gestattest, dass ich Deine Geschichte in die analoge Welt übertrage:
... Offenbar ist die Identität des Kunden der springende Punkt. Nehmen wir mal an, jemand bucht tatsächlich irgend eine Online-Dienstleistung, und streitet später alles ab. Während des Bestellvorgangs musste er auf einen Link in einer Email klicken, die ihm zur "Freischaltung" oder Verifizierung geschickt wurde. Das ist ja heutzutage üblich.
Nehmen wir einmal an, jemand schicht einen Bestellzettel an ein Versandhaus und streitet dann später alles ab. Dann kommt es darauf an, dass der Versender anhand der Unterschrift nachweisen kann, dass der Besteller tatsächlich der Besteller ist. Auf die wahre Identität kommt es tatsächlich an.
... Nehmen wir weiter an, der Anbieter verschickt die Rechnung, der (wahre) Kunde bestreitet diese, benutzt aber für diesen Widerspruch erneut jene Email-Adresse, über die er seine Bestellung freigeschaltet hatte. Wäre das für den Anbieter der Beweis, dass es sich beim Kunden tatsächlich um jene Person handelt, welche die Bestellung aufgab?
Nehmen wir an der Kunde in den Versandhaus-Fall meldet sich unter der Postanschrift, die er bei der Bestellung angegeben hat und schreibt er, sei es nicht gewesen. Dann beweist die Postanschrift zunächst nichts. Postanschrift und E-Mail-Adresse sind kein Beweis, allenfalls ein Indiz.
Das würde mich speziell bei Online-Diensten interessieren, die komplett automatisch abgewickelt werden und die mit ihrer Leistung unmittelbar nach der Email-Freischaltung beginnen. Lässt sich mit so einer Email-Freischaltung Klarheit schaffen, sofern der "Besitz" dieser Email-Adresse vom Kunden nicht bestritten wird?
Nehmen wir an die Bestellung trug die gleiche Adresse - jetzt wieder der Versandhaus-Fall - und der Mensch, der dort wohnt, nennt die Anschrift auch als seine Adresse. Das schafft auch in der analogen Welt keine Klarheit. Schließlich kann in der analogen Welt ebenso mit falschen Adressangaben gearbeitet werden, wie in der digitalen.
Kurz: Per Nachverfolgung per EMail kann allenfalls der Rechner ermittelt werden, von dem die Bestellung kommt. Ob aber der Mensch davor gesessen hat oder aber die Reinigungskraft, das Kind oder wer auch immer, als der Computer kurze Zeit nicht unter Aufsicht aber Online war, bleibt offen.
Jetzt keine Krokodils-Tränen: Das alles muss der Anbieter wissen. Auf dieses Risiko lässt er sich bewusst ein. Also ist es fair, dass er dieses Risiko trägt.
Nicht fair ist es, einem tatsächlich nicht beteiligten Dritten, dessen Angaben missbraucht wurden, den Beweis, dass er es nicht gewesen ist, aufzubürden.
Der Online-Händler trägt also genauso wie ein Versandhaus das Risiko, dass es mit manipulierten Bestellungen unter falschen Adressen gelinkt wird.
Übrigens: Wer Kontakt zu seriösen Anbietern im Netz hat und mit ihnen spricht, bekommt bestätigt, dass dies eher der seltene Ausnahmefall ist. Die meisten der ehrlichen Geschäfte gehen glatt über die Bühne. Da wird gute Ware geliefert und auch schnell bezahlt, etwa weil der Kunde Bankeinzug oder Nachnahme akzeptiert bzw. seine Kreditkarte benutzt.
Aber bei den ehrlichen Geschäften ist es für den Kunden selbstverständlich, dass er bezahlt.
Fazit: Dort wo der Kunde erwartet, dass er zu zahlen hat, akzeptiert er Wege, die das Geschäft für den Online-Händler weniger risikoreich ist, als für den Kunden. Es ist heute fast schon ein sicherer Hinweis auf die Seriösität des Anbieters, wenn dieser nur gegen Bankeinzug oder Nachnahme liefert.
Der Rechnung im Nachhinein bedienen sich eigentlich nur die, bei denen ganz sicher im Voraus keiner zahlen würde, weil von Zahlemann und Söhne eigentlich nur ganz versteckt und in kleiner Schrift die Rede war - wenn überhaupt.