AW: Petition im Bundestag
Die Petition an den Bundestag greift mit ihrem Vorschlag sehr weit in das Vertragsrecht ein.
So weit, dass eine Umsetzung schon deshalb fraglich wird.
Bisher ist nach deutschem Vertragsrecht grundsätzlich ein mündlich oder über elektronische Kommunikationswege geschlossener Vertrag gültig.
Wenn man nun darauf bestehen würde, dass z.B. Verträge am Telefon oder im Internet nur nach schriftlicher Bestätigung gültig sind, dann kommt dies einer fundamentalen Änderung des deutschen Vertragsrechts gleich. Der Zwang zur Schriftform hätte jedoch weitreichende Folgen.
Betroffen wären nicht nur die Abzocker. Betroffen wären auch z.B. der Internet-Shop, bei dem ich meine Digitalkamera bestellt habe. Der müsste mir nach der Bestellung ein Formular zusenden, das ich unterzeichnen müsste. Ein hoher Bürokratieaufwand, der den Service dieser Anbieter sicher erheblich verteuern würde.
Betroffen wäre auch der Programmierer des Shareware-Fotoverarbeitungsprogramms, dessen Software ich gekauft habe.
Bisher gibt es den Zwang zur schriftlichen Abfassung eines Vertrags nur für wenige Ausnahmen (Grundstückskauf etc.).
Mit demselben Recht könnten irgendwann auch Fahrgäste des ÖPNV in den Bus einsteigen und sagen, der Beförderungsvertrag, dem sie durch Einsteigen in den Bus zugestimmt haben, sei nicht gültig, ohne dass sie ihn schriftlich gegengezeichnet hätten. Daher hätten sie kein Entgeld zu entrichten.
Wenn man also fordert, dass elektronische oder mündliche Verträge nicht mehr gültig sein sollen, ist das ein fundamentaler Eingriff in das Vertragsrecht und auch in die Vertragsfreiheit, den sicher nicht nur ich für nicht durchsetzbar halte.
Das ist auch insgesamt der falsche Ansatz.
Ansetzen sollte man m.E. eher bei den Helfershelfern.
Bei den Inkassobüros und Winkeladvokaten, die sich dafür hergeben, Luftschlossforderungen irgendwelcher Briefkastenfirmen aus Dubai, vom britischen Rattenloch-Hinterhof in Birmingham oder von den Jungfraueninseln mit sogenanntem "Mengeninkasso" einzutreiben.
Meiner Ansicht nach braucht es dazu nur einige wenige Änderungen im Rechtsberatungsgesetz, die hier skizziert werden:
http://www.antispam-ev.de/wiki/Abzocke_und_kein_Ende._Was_ist_zu_tun?
Die Abzockerbranche braucht zwingend Inkassobüros oder Rechtsanwälte mit deutschen Adressen.
Wohl kaum irgendjemand (IMHO unter 1%) würde eine "Mahnung" eines Inkassobüros aus Panama bezahlen.
Wenn aber diese Büros und Anwälte in Deutschland sitzen müssen, dann kann (und sollte) man die zwingen, sich an deutsches Recht zu halten.
Da liegt der Hebel, den man ansetzen könnte.
Wenn die Infrastruktur des dubiosen "Mengeninkassos" für Luftschlossforderungen empfindlich gestört würde, wären die Geschäftsmodelle von heute auf morgen tot.