Re: Gericht: Surfer muss Dialer-Kosten für Sexseiten bezahle
Spiegelleser schrieb:
5844 Euro für Besuch "kostenloser" Sexseiten
Das Versprechen "Gratiszugang", befand das Münchner Landgericht in einem Urteil, muss man nicht glauben, wenn es um "Sex-Dienstleistungen" geht.
Das OLG München verwarf die Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts:
Sueddeutsche Zeitung schrieb:
Die Richter waren der Meinung, dass der Beklagte selbst die Einwahlsoftware, den Dialer, herunter geladen dann die Verbindung zu dem Erotikservice aufgebaut habe.
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/artikel/756/38718/
Das ist wieder hübsch unpräzise formuliert. Entscheidend für die Begründung eines Vergütungsanspruchs (von wem auch immer, wofür auch immer) ist, daß beim Vertragspartner eine bewußte und gewollte Bestellung einer Vertragsleistung Dienstleistung eingeht, durch deren Erbringung die vertragliche Vergütungsforderung entstanden sein soll.
Daß der Beklagte sich nicht bewußt gewesen wäre, daß zwischem seinem Rechner und dem des Anbieters der unter der Domain ""gratis-zugang.de" Inhalte eine (von einem Dialerprogramm aufgebaute) Telekommunikations-Verbindung bestand, ist aber weder zweifelhaft, noch für sich genommen schon vergütungsanspruchsbegründend. Entscheidend ist immer, ob eine vertragliche Vereinbarung über eine entgeltliche Leistungserbringung zwischen Vertragspartner und Kunde zustande gekommen ist.
Suedeutsche Zeitung schrieb:
Der ernüchterte Sex-Freund argumentierte vor Gericht: "Ich war der Meinung, dass es sich um einen kostenlosen Service handelt, der durch Sex-Werbung finanziert wird."
Dementgegen muß der vermeintliche Vertragspartner dann belegen, daß ein wirksamer Vertrag über die vergütungsanspruchsbegründende Erbringung seiner Sex-Dienstleistungen zwischen ihm und dem Kunden geschlossen worden sein soll. Jedenfalls entstehen Gebühren nicht schon quasi "automatisch", solange man nur mit üblicher Sorgfalt diese Folge einer "automatischen" Gebührenentstehung dadurch verhindern könnte, daß man keine Verbindungsherstellung veranlaßt. Von einem solchen "Gebührenautomatismus" (vor dem es sich durch Sorgfalt zu schützen gilt) geht offenischtlich auch Sascha aus:
Sascha schrieb:
Sein Argument: Er habe nicht gewusst, dass er sich über einen kostenpflichtigen Dialer einwählt.
http://forum.computerbetrug.de/viewtopic.php?t=7220
Nun gibt es aber keine gesetzliche Vorschrift bei Erbringung irgendwelcher Leistungen, wonach eine gesetzliche Vermutung für einen "Vertrag" besteht, solange sich nur ein anderer nicht "sorgfältig" vor dem Entstehen eines vertraglichen Vergütungsanspruchs schützt.
SZ schrieb:
Auch wenn der Dateiname "gratis-zugang.de" missverständlich sei, so ergebe sich "bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt" zumindest aus dem weiteren Wortlaut des Internetfensters, dass der angebotene Erotikservice kostenpflichtig sei.
Ich meine:
nur wenn der Vertragspartner nachweisen kann, daß er mit dem Kunden einen Vertrag geschlossen hat, kann er seine Dienste vergütungsanspruchsberechtigt erbringen. ( Vermutlich wollte sich das OLG aber wieder einmal um die Frage herumdrücken, mit wem der Kunde hier wie einen Vertrag welchen Inhalts geschlossen haben sollte, aus dem ein Vergütungsanspruchs entstaden sein könnte, und wie nun plötzlich der Netzbetreiber dazu komme, eine Zahlung in Höhe jenes Vergütungsanspruchs gegen den Kunden des Erotikservice-Anbieters geltend zu machen.
Stillschweigend ging das OLG München in zweifelhafter Weise wohl ohne nähere Begründung davon aus, daß "irgendwie" ein eigenständiger Vergütungsanspruch des Netzbetreibers entstanden sein könnte - und daß dies "bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt" dem Kunden nicht hätte verborgen geblieben sein können. )
SZ schrieb:
Hinzu komme, dass der Beklagte auch von M-Net auf die Kosten von Service-Rufnummern hingewiesen wurde, er gleichwohl aber ausdrücklich die Freischaltung beantragt habe.
Das ist offensichtlich absoluter Blödsinn.
Es ist nur vor dem Hintergrund erklärlich, daß die (unzutreffende) Auffassung beibehalten werden soll, die Berechtigung des Netzbetreibers zur Einforderung einer eigenen "Mehrwert-"Vergütung sei nach den gleichen Maßstäben zu prüfen, als habe die "eigentliche" Mehrwertleistung in der profanen Verbindungsherstellung bestanden, oder als habe der Netzbetreiber selbst die inhaltlichen Leistungen erbracht, zusätzlich zu seiner Herstellung der rein technischen Verbindung, über die hinweg zwecks Ausführung der Dienste Kunde und Diensteanbieter miteinander kommunizieren. Eine solche Ansicht mag hinsichtlich der Berechtigung eines Vergütungsanspruchs für die Erbringung reiner (Sprach-)Verbindungsleistungen berechtigt gewesen sein, welche danach bemessen werden dürftel, ob die Anwahl einer bestimmten Nummer bewußt und gewollt gewollt geschehen sei.
Das kann allerdings immer dann nicht das entscheidende Kriterium sein, wenn die "Mehrwert"-Leistung sich
nicht in einer (Verbindungs-)Leistung des Anbieters reiner Telekommunikations-Verbindungsleistungen erschöpft, sondern wenn sich die eigentliche vertragliche Dienstleistung als Beratung, Gesprächsführung, Schauspiel, Darbietungen, Aufführungen usw. erweist.
gal.