Wettbewerbswidrige Vertragsdurchsetzung

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rolf76

Winkel-Abokat
Zur Frage, ob Mitbewerber und qualifizierte Einrichtungen (z.B. Verbraucherzentralen) wettbewerbsrechtlich die Geltendmachung von angeblichen Entgeltansprüchen verhindern können.

BGH, Urt.v. 26.4.2001 - I ZR 314/98 - Gewinn-Zertifikat (Volltext pdf):
a) Die Abwicklung von Verträgen, zu deren Abschluß der Kunde durch wettbewerbswidrige Mittel veranlaßt werden konnte, ist als solche grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig. Zweck des § 1 UWG ist es, die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen. Die Abwicklung von Verträgen wird deshalb von dieser Vorschrift nur dann erfaßt, wenn sie nach den gesamten Umständen auch selbst als unlauteres Wettbewerbsverhalten zu würdigen ist.

b) Zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit der Teilnahme an der Abwicklung von Verträgen, die durch betrügerisches Verhalten zustande gekommen sind.

BGH, Urteil vom 26. April 2001 - I ZR 314/98 -OLG Karlsruhe
LG Offenburg

Die Abwicklung von Verträgen, zu deren Abschluß der Kunde durch wettbewerbswidrige Mittel veranlaßt werden konnte, sei als solche grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig.
Zweck des § 1 UWG [a.F.] sei es, die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen. Die Abwicklung von Verträgen werde deshalb von dieser Vorschrift nur dann erfaßt, wenn sie nach den gesamten Umständen auch selbst als unlauteres Wettbewerbsverhalten zu würdigen sei.
  • Die Abwicklung sei deshalb nicht unlauter, wenn der Wettbewerbsverstoß für den Vertragsschluß letztlich nicht ursächlich geworden sei, etwa weil der durch eine Werbung nur unzureichend oder irreführend unterrichtete Verbraucher vor Vertragsschluß Kenntnis von allen maßgeblichen Umständen erhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 186/98, WRP 2001, 392, 394 f. - 1-Pfennig-Farbbild, m.w.N.).
  • Aber auch dann, wenn der Vertrag unter der Einwirkung des wettbewerbswidrigen Verhaltens zustande gekommen sei und deshalb Willensmängel vorlägen, die zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Vertrages führten [...], sei die Durchführung des Vertrages nur dann unlauter, wenn von der Vertragsabwicklung selbst eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgehe.
  • Eine solche unlautere Störung des Wettbewerbs gehe von der Vertragsabwicklung nicht bereits dann aus, wenn zielgerichtet und systematisch grob wettbewerbswidrige Mittel eingesetzt würden, um Verbraucher zu Warenbestellungen zu veranlassen und der Warenabsatz durch Abwicklung der auf diese Weise zustande gebrachten Verträge Teil eines Gesamtplans sei, da ein solcher - durchaus typischer - Zusammenhang zwischen wettbewerbswidriger Werbung und Vertragsabwicklung grundsätzlich nicht genüge, um auch der Vertragsabwicklung den Stempel der Wettbewerbswidrigkeit aufzudrücken.
Ein unlautere Störung liege aber in folgenden Fällen vor:
  • Die Fruchtziehung aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten könne dann als wettbewerbsrechtlich unlauter zu beurteilen sein, wenn Marktteilnehmer durch rechnungsähnlich aufgemachte Angebotsschreiben dazu veranlaßt würden, die angegebenen Beträge als geschuldet zu überweisen. Dies sei z.B. dann der Fall, wenn diese Zahlungen nach dem Inhalt der Angebotsschreiben als stillschweigende Annahme des getarnten Angebots verstanden werden sollten und das gesamte Vorgehen daher darauf angelegt sei, die Betroffenen in eine "Vertragsfalle" zu locken und sie dann an dem scheinbar geschlossenen Vertrag festzuhalten. Unter solchen Umständen sei auch der Versuch, gegen Betroffene unter Berufung auf den behaupteten Vertrag Ansprüche herzuleiten, als eigene Störung des lauteren Wettbewerbs zu beurteilen. Diese Fallgestaltung liege aber nicht vor, wenn die von der Werbung angesprochenen Verbraucher wissen, daß sie bei der Warenbestellung Verträge schließen, zu deren Erfüllung sie verpflichtet sind und die beanstandete Werbung lediglich geeignet sei, die Verbraucher mit unlauteren Mitteln zu solchen Bestellungen zu veranlassen.
  • Die Abwicklung von Verträgen, die aufgrund einer wettbewerbswidrigen Werbung zustande gekommen sind, könne daneben auch dann wettbewerbswidrig sein, wenn das Verhalten des Werbenden als Betrug (§ 263 StGB) zu werten sein sollte und die Vertragsabwicklung z.B. als eine bis zur Beendigung mögliche Teilnahme daran. In diesem Fall würde auch von der Vertragsabwicklung eine Beeinträchtigung des lauteren Wettbewerbs ausgehen. Gleiches würde auch dann gelten, wenn zwar nicht festgestellt werden kann, ob und gegebenenfalls welchen Kunden gegenüber ein vollendeter Betrug vorliegt (etwa weil die Kausalität der Täuschung nicht feststellbar ist), das Verhalten des Werbenden aber jedenfalls als versuchter Betrug zu würdigen ist und die Vertragsabwicklung ohne Rücksicht darauf durchgeführt wird, ob der betreffende Kunde Opfer des auf Betrug angelegten Vorgehens geworden ist oder nicht.
  • Der Tatbestand des Betruges erfordere eine Täuschung, die zu eine, Irrtum über Tatsachen führe. Ein im Sinne des § 263 StGB bedeutsamer Irrtum werde weder dadurch ausgeschlossen, daß der Getäuschte den Irrtum hätte vermeiden können, noch dadurch, daß er an der Richtigkeit der ihm gemachten Erklärungen noch gewisse Zweifel habe. Erforderlich sei weiterhin, dass die Täuschung bei vielen der Angesprochenen zur Folge habe, daß diese Warenbestellungen aufgeben, die sie andernfalls unterlassen hätten. Der Vertragsschluß als solcher stelle allerdings keinen Schaden im Sinne des § 263 StGB dar, wenn die bestellte Ware für den Getäuschten sinnvoll verwendbar und im Vergleich zum Kaufpreis nicht minderwertig sei.
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