Teleflate-Affäre: Regulierungsbehörde greift durch

A John schrieb:
[@ drboe: Dass die Telcos an diesem System klotzig verdienen und deshalb an dessen Beibehaltung "interessiert sind" ist keineswegs falsch.
Wie diese Mechanismen funktionieren, kannst Du aktuell -mal wieder- im Zusammenwirken von Wirtschaftsministerium und Energiekonzernen verfolgen.
Hi Axel,

hatte ich hier im Thread entsprechende Äußerungen gemacht oder bezweifelt? Meines Wissens nicht. Ich halte es nur für unklug, stets die Telekom in den Mittelpunkt zu stellen und Verschwörungstheorien zu publizieren, wenn das Problem tatsächlich breiter ist und man mit den Thoerien auf schwankendem Boden operiert. Schließlich bleiben auch so genug Vorwürfe an der Telekom hängen. Und ich bezweifle, das die Situation anders wäre, hätten wir hier ein Dutzend nahezu gleich große Operators.

Die sogn. Mehrwertnummern, wenig zärtlich auch "Mehrbetrugsnummern" genannt, sind mir eigentlich immer ein Dorn im Auge gewesen. Nun lag aber der Minutenpreis lange bei maximal ca. 3,60 DM. Das ist nicht billig, bringt aber die Mehrzahl der Nutzer bis zum Bemerken des "Fehlers" nicht an den Bettelstab. Dann hat die RegTP völlig ohne Not die 0190-0 Nummern mit der frei tarifierbaren, zunächst unlimierter Tarifoption ausgestattet. Augenblicklich standen Betrüger "Gewehr bei Fuss" und haben mit geradezu unglaublichen Beträgen bis 800 EUR je Einwahl und Abzockdialern ihre "Kreativität" unter Beweis gestellt. In den meisten Städten dürften 800 EUR auch heute noch für mehr als eine Separeeflasche reichen.
Alle Versuche, die Büchse der Pandora wenigstens halbwegs zu schliessen haben nichts genutzt. Wie auch? die Grundfehler des Konstrukts wurden ja nicht angetastet. Ich bezweifle z. B. nach wie vor, dass ich mit der Wahl einer Rufnummern konkludent einen Vertrag mit mir nicht bekannten Dritten zu mir unbekannten Konditionen über nicht prüfbare Ware/Leistungen abschliessen kann. Mit der Begrenzung der Kosten je Einwahl hörte das Abzocken natürlich nicht auf. schließlich sind 30 Euronen für einen Anruf für die meisten nicht gerade Portokasse. Jede weitere Runde von Vorgaben ging bisher aus, wie das Rennen von Hase und Igel. "Ik bün all doh" schrei'n de Betrügers, und bis de Beamt'n wat merken, sünd se all lang mit din Talers davon.

Verdient haben nun alle, und die Liste der Firmen umfaßt nicht nur Carrier. Eine Reihe ziemlich windiger Anbieter ohne Netz ist ja auch dabei. Aber klar: die Carrier bekommen ihren Teil, nicht gerade knapp, - leicht verdientes Geld - und haben zur Sicherung ihrer Ansprüche auch Prozesse geführt. Glücklicherweise nicht immer zu deren Vorteil.

Was ich nicht verstehe ist, warum sich Politik und Behörden an ein Angebot zur Abrechnung klammern, das ersichtlich zum größten Teil mißbraucht wurde. Bei "Florida Rolf" hat man schnell (und überzogen) reagiert. Hier sind viel mehr Menschen betroffen, der Schaden viel größer, aber Politik und Verwaltung üben sich im Wegsehen bzw. Tiefschlaf.

M. Boettcher
 
Was ich nicht verstehe ist, warum sich Politik und Behörden an ein Angebot zur Abrechnung klammern, das ersichtlich zum größten Teil mißbraucht wurde.

Exakt diese Frage stelle ich mir auch. Offenbar ist die Lobby einer Handvoll Mitverdiener da größer als die Hunderttausender Normalbürger. Aber der Schuss wird nach hinten los gehen. Seit drei Jahren sind die schwarzen Schafe der Branche fleissig damit beschäftigt, das Vertrauen ins Bezahlen im Web von Vorneherein zu zerstören. Damit wird ein prinzipiell wachstums- und zukunftfähiger Markt (kostenpflichtige Inhalte im Web) von Beginn ab kaputt gemacht. Das Gejammer wird irgendwann groß sein - und dann waren es die bösen Verbraucher, die mit dem Geld ausgeben so zögerlich seien...
 
sascha schrieb:
Seit drei Jahren sind die schwarzen Schafe der Branche fleissig damit beschäftigt,
das Vertrauen ins Bezahlen im Web von Vorneherein zu zerstören. Damit wird ein prinzipiell
wachstums- und zukunftfähiger Markt (kostenpflichtige Inhalte im Web) von Beginn ab kaputt gemacht.
Hat das schon irgendwann geldgierige Abzocker davon abgehalten, sich erst mal ihre Taschen zu füllen ,
auch wenn dabei dabei mittel/langfristig die Wirtschaft den Bach runtergeht.
da gibts bei weitem noch härtere Beispiele...
(und da habe auch Politiker ihre wohlwollend aufgehaltene Hand drüber gehalten)


cp
 
drboe schrieb:
A John schrieb:
[@ drboe: Dass die Telcos an diesem System klotzig verdienen und deshalb an dessen Beibehaltung "interessiert sind" ist keineswegs falsch.
Wie diese Mechanismen funktionieren, kannst Du aktuell -mal wieder- im Zusammenwirken von Wirtschaftsministerium und Energiekonzernen verfolgen.
hatte ich hier im Thread entsprechende Äußerungen gemacht oder bezweifelt? Meines Wissens nicht.
Nicht in diesem Thread, aber kürzlich hast Du diese meine Thesen als falsch bezeichnet. Ich find's nur nimmer.
Ich halte es nur für unklug, stets die Telekom in den Mittelpunkt zu stellen und Verschwörungstheorien zu publizieren, wenn das Problem tatsächlich breiter ist und man mit den Thoerien auf schwankendem Boden operiert.
Was für die Telekom, gilt, trifft mit Einschränkung auch auf alle anderen Telcos zu. Allerdings ist die Telekom mit Abstand der grösste und einflussreichste Carrier und hat wohl auch mit Abstand die besten Beziehungen.
Was ich nicht verstehe ist, warum sich Politik und Behörden an ein Angebot zur Abrechnung klammern, das ersichtlich zum größten Teil mißbraucht wurde. Bei "Florida Rolf" hat man schnell (und überzogen) reagiert. Hier sind viel mehr Menschen betroffen, der Schaden viel größer, aber Politik und Verwaltung üben sich im Wegsehen bzw. Tiefschlaf.

M. Boettcher
Was gibt es da zu verstehen?
Seit wann scheren sich Politiker -wirklich- um das Gemeinwohl?
Florida- Rolf vergibt m.W. keine Beraterverträge, veranstaltet keine politischen Abende in Luxushotels, keine Informationsreisen in die Karibik und stellt auch keine Frühstücksdirektoren für 7-Stellige Jahresgehälter ein. Dämmerts? :bandit
Auf dem Papier mag das ja mehr oder weniger legal sen, "a Gschmäckle" hat es aber mindestens. In der Wirtschaft wird gemeinhin auf das Leistungsprinzip gesetzt.... :megacool:

Gruss A. John
 
sascha schrieb:
Offenbar ist die Lobby einer Handvoll Mitverdiener da größer als die Hunderttausender Normalbürger. Aber der Schuss wird nach hinten los gehen. Seit drei Jahren sind die schwarzen Schafe der Branche fleissig damit beschäftigt, das Vertrauen ins Bezahlen im Web von Vorneherein zu zerstören. Damit wird ein prinzipiell wachstums- und zukunftfähiger Markt (kostenpflichtige Inhalte im Web) von Beginn ab kaputt gemacht. Das Gejammer wird irgendwann groß sein - und dann waren es die bösen Verbraucher, die mit dem Geld ausgeben so zögerlich seien...
Wenn man diese Ansicht äußert, sind diejenigen, die es auf Grund ihrer Beteiligung wissen müßten, die ersten, die das entweder bezweifeln oder sich zum Vorkämpfer des Mißbrauchs aufschwingen wollen. Sich in die Brust zu werfen und sich als unbedingt seriös positionieren zu wollen, ist wenig glaubhaft und bringt ziemlich sicher nichts mehr: das System Dialer hat einen eindeutigen Ruf weg, hat sich damit erledigt. Zumal man nicht ernsthaft von Micropayment sprechen kann, wenn Beträge von einigen Euro für das Inkasso nahezu verdoppelt werden und häufig Vielfache von 30 Euronen fliessen. Dennoch betreiben Politik und RegTP die Flickschusterei an diesem System in immer neuen Runden. Das ist m. E. Zeit und Geldverschwendung. Der Schwenck hin zum (teilweisen) Bezahlweb wird so eher behindert. Vermutliche wären in der Sexbranche durchaus auch strikt legal gutes Geld und solide Steigerungsraten drin gewesen. Nur braucht es Vertrauen, wenn es auch langfristig fliessen soll. Dieses haben nun nicht einige schwarze Schafe, sondern die Branche insgesamt systematisch zerstört. Wie sehr und zu welcehn Konsequnezen das führt, wird man aber unweigerlich irgendwann bemerken (müssen).

M. Boettcher
 
A John schrieb:
Seit wann scheren sich Politiker -wirklich- um das Gemeinwohl?
Florida- Rolf vergibt m.W. keine Beraterverträge, veranstaltet keine politischen Abende in Luxushotels, keine Informationsreisen in die Karibik und stellt auch keine Frühstücksdirektoren für 7-Stellige Jahresgehälter ein. Dämmerts? :bandit
Auf dem Papier mag das ja mehr oder weniger legal sen, "a Gschmäckle" hat es aber mindestens. In der Wirtschaft wird gemeinhin auf das Leistungsprinzip gesetzt.... :megacool:
Zwischen uns offenbar unstrittig, dass die Politik größtenteils Interessen vertritt, die nicht die der Mehrheit sind. Ich gebe Dir auch jederzeit zu, das auf politischer Ebene vor allem die wirtschaftlichen Interessen von geradezu extremen Minderheiten besonders beachtet werden. Nur dringt man bei den Adressaten gewöhnlich nicht durch, wenn man, allein um das deutlich zu machen, einige Unternehmen, bestimmte Parteien etc. geradezu zum Popanz aufbaut. Mit platter Rhetorik ist den Leuten nicht beizukommen, schon weil sie da einen erheblichen Trainingsvorsprung haben. Wenn ich unseren Abgeordneten in Bedrängnis bringen will, dann vermeide ich Angriffe mit phantasievollen Konstrukten, die er sehr leicht parieren kann, ohne das er sich zum Kern der Sache äußern muss.

M. Boettcher
 
drboe schrieb:
Was ich nicht verstehe ist, warum sich Politik und Behörden an ein Angebot zur Abrechnung klammern, das ersichtlich zum größten Teil mißbraucht wurde.

Meiner Meinung nach kommt man exakt hier doch wieder zur Dt. Telekom zurück. Man muß nur den großen Kontext betrachten: immer noch zur Hälfte in Staatshand, Regierung nimmt Einfluß (man erinnere sich an das "(Ron) Sommer-Theater" während des Wahlkampfs). Und wie war das noch mit Eichels Großtat, dem ausgeglichenen Bundeshaushalt 2000? Ein Gutteil davon geht auf die Einnahmen für die UMTS-Lizenzen zurück, die die Telekom in schwindelerregende Höhe gesteigert hatte.

Und dann brach der gesamte Technologie- und Telekommarkt zusammen, die in der Euphorie aufgebauten immensen Schulden blieben aber. Es scheint mir jedenfalls plausibel, daß in dieser Situation den Telcos bewußt recht freie Hand auf dem Mehrwertmarkt gelassen wurde ...
 
Und das mit erheblichen Konsequenzen für diesen Markt. Die Schlagworte 0190/0900 und Dialer stehen mittlerweile nur noch als Synonym für Betrug und Abzocke, und nicht für einfaches Bezahlen und Micropayment. Die Folge: Nach der massiven negativen Berichterstattung im Zusammenhang mit "Mehrwert"betrug lassen immer mehr Leute 0190/0900 vom Netzbetreiber sperren und stehen damit auch für die "seriösen" Mehrwertanbieter nicht mehr als Kunden zur Verfügung.
 
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