Generalstaatsanwaltschaft Celle und LG Osnabrück: 0137-Pings sind kein Betrug

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Es war zu erwarten, aber es bleibt unverständlich, ja skandalös: Nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren wegen 0137-Betrug eingestellt hatte, weil nach der umstrittenen Ansicht des Staatsanwalts H* kein Betrug vorliegen würde, hat nun die Generalstaatsanwaltschaft in Celle diese Ansicht bestätigt.
Der zuständige Generalstaatsanwalt, Oberstaatsanwalt B* habe "den Sachverhalt im Aufsichtswege geprüft, jedoch keinen Grund gefunden, dem Verfahren Fortgang zu geben". An beiden Aussagen gibt es erheblichste Zweifel.

Zur Begründung des hoch dekorierten Juristen:

- Das "einmalige Anklingeln unter Hinterlegung einer Rufnummer" sei "keine Täuschungshandlung im Sinne des §263 StGB". Das sah das Landgericht Hildesheim in einem vom Bundesgerichtshof überprüften Urteil zwar anders (und ein paar andere Staatsanwaltschaften auch), aber Juristen sind ja schließlich unabhängig. Muß man wohl vorerst so hinnehmen. Darauf hinweisen, dass man es für absoluten Quatsch hält, muß jedoch erlaubt sein. Also: Das ist Quatsch. Die Täuschungshandlung besteht zumindest schon darin, dass eine 0137 als Anruferkennung angegeben wird - denn dadurch wird die wahre Tatsache entstellt, dass man von einer ganz anderen Nummer angerufen wurde. Das allein ist eine Täuschungshandlung. Dass die wahre Tatsache entstellt wird, dass man mit einem Rückruf gar keine Verbindung mit dem Anrufer herstellen kann, fällt dann gar nicht mehr ins Gewicht, sondern zeigt nur, dass das Urteil des Oberstaatsanwalts doppelt falsch ist. Wenn man sich dann noch der Ansicht anschließen könnte, dass mit dem Ping mit faslcher Nummer auch noch darüber getäuscht wird, dass der Anrufende den Angerufenen erreichen wollte, ist es sogar dreifach falsch.

Weiter führt der Herr Oberstaatsanwalt aus:
Bestünde ein ernsthaftes Kommunikationsbedürfnis des Anrufers, würde dieser mehr als einmal das Telefon klingeln lassen. Er würde seinen Anruf auch innerhalb kurzer Zeit wiederholen
Man kann, wenn ein "Anruf in Abwesenheit" erscheint, doch gar nicht sagen, wie oft es geklingelt hat. Zumindest in diesen Fällen, wenn nicht insgesamt, zeigt der Herr Oberstaatsanwalt hier eine gewisse Unkenntnis hinsichtlich moderner Kommunikationsmittel.

Auch beim nächsten Argument bestehen zumindest meinerseits erhebliche Bedenken: Demnach seien "die gängigen Mehrwertnummern mittlerweile allgemein bekannt" (was nach meiner Einschätzung schon umstritten ist), daher "täuscht [der Beschuldigte] nicht, wenn [er] eine solche Rückrufnummer angibt".
Das ist schlicht irrelevant - denn zumindest täuscht der Beschuldigte schon dadurch, dass er eine falsche Rückrufnummer angibt.

Die Ansicht des LG Hildesheim und des BGH hinsichtlich der Frage, ob es für die Bewertung der Handlung als Betrug eine Rolle spielt, ob man die Täuschung hätte erkennen können, wird von der Generalstaatsanwaltschaft teilweise akzeptiert, aber durch eine andere Argumentation entkräftet: Es sei "nicht Aufgabe des Strafrechts (...), sorglose Menschen vor den Folgen ihrer Entscheidungen freizustellen", bzw. es sei "nicht Aufgabe des Strafrechts, den Mitbürger vor einer groben Sorgfaltspflichtverletzung zu schützen" (OLG Celle, 1 Ws 279/96)

Zusammengefasst:
Wenn ein Zeitgenosse im Wissen darum, dass ihm jeder Rückruf Geld einbringt, mit einer x-beliebigen Telefonnummer wahllos Leute anruft, denen eine falsche Rufnummer überträgt und nach einmaligem Klingeln auflegt, dann muß der Angerufene Normalbürger wissen, dass dieses Klingeln nichts bedeutet, zumindest nicht, dass ihn jemand erreichen wollte - und wenn ein Anruf in Abwesenheit auf dem Display angezeigt wird, muß der Angerufene selbstverständlich wissen, dass es nur einmal geklingelt hat und dass die 0137-Nummer viel Geld kostet und dass ihn der Rückruf gar nicht mit dem Anrufer verbindet, weil der nämlich erstens gar nicht anrufen wollte und zweitens gar nicht unter der angegebenen Nummer erreichbar ist. Wenn der Angerufene das nicht weiß, verletzt er grob seine Sorgfaltspflicht

Da fällt mir nichts mehr ein. Ich muß jetzt mal genau überlegen, ob es nicht grob meine Sorgfaltspflicht mir selbst gegenüber verletzt, wenn ich auch nur den Versuch starte, das zu verstehen - und zu akzeptieren.
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

@Juristen:
Ist das Verfahren der Staatsanwaltschaft Osnabrück wegen des gleichen Sachverhalts damit eigentlich beim Toifl?
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

Lustig, sicherlich - aber in Hannover liegen noch mindestens vier oder fünf weitere 0137-Verfahren 'rum mit einem vermutlich sechsstelligen Schaden. Und meine Sorge ist vor allem, dass der engagiert seine Pflicht erfüllende Staatsanwalt in Osnabrück sich nun seine Anklage an den Hut stecken kann - weil seine Kollegen in Hannover und Celle halt... anders ... denken... halt... weniger ... Pflicht erfüllend ... halt ...

Nein, ich sage nicht, was ich davon halte. Nein. Nein.

Sofern der Beschwerdeführer im Falle eines nicht förmlichen Rechtsbehelfs auch die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft beanstandet, wäre hiergegen nur eine weitere Dienstaufsichtsbeschwerde möglich, über welche dann das Justizministerium abschließend befindet.

Wichtig bei der Einlegung von Beschwerden ist, dass die zuständige Staatsanwaltschaft und die auf dem angefochtenen Bescheid angegebene Geschäftsnummer mitgeteilt werden. So erspart man der Staatsanwaltschaft oder der Generalstaatsanwaltschaft unnötige Nachforschungen nach dem zutreffenden Verfahren und sich selbst dadurch eine verlängerte Wartezeit.
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

Homepage der Generalstaatsanwaltschaft Celle schrieb:
„Wir sorgen durch konsequente Strafverfolgung“ und „schnelle Hilfe für die Opfer von Straftaten … dass Sie im Herzen Niedersachsens frei, angstfrei und sicher leben können. „Unseren Auftrag erfüllen wir unbestechlich und gewissenhaft, ohne Vorurteile und mit sozialem Verständnis.“
Das muß offenbar schon noch einmal betont werden.
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

Das muß offenbar schon noch einmal betont werden.

Ich beobachte seit geraumer Zeit,daß zwar 0900 bzw.0137 Nummern nach Beschwerden gesperrt werden zum Teil mit Inkassierungsverbot. Auf meiner Telefonabrechnung wurde trotz Rechnungslegungsverbot abgebucht.
Ich verstehe dies so: Der letzte in der Reihe verdient kein Geld sondern macht Bekanntschaft mit der Staatsanwaltschaft.
Nie habe ich davon gehört,daß die Provider zur Rechenschaft gezogen wurden.
Niemand kann mir sagen,daß die entsprechenden Anbieter von den "Werbemaßnahmen"
nichts wußten.
Warum auch,denn das Geld bleibt mindestens zu 99% bei Ihnen.

AKA-AKA,da solltest Du mal nachhaken!
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

Ich verstehe dies so: Der letzte in der Reihe verdient kein Geld sondern macht Bekanntschaft mit der Staatsanwaltschaft.
Das ist ja auch der Täter. Insofern ist das zunächst ganz "in Ordnung" so, aber, ja, ABER...
Nie habe ich davon gehört,daß die Provider zur Rechenschaft gezogen wurden.
Das ist tatsächlich - und übrigens gilt das nicht nur in Deutschland, sondern international - das "Schlüsselproblem" bei dem ganzen "Konstrukt Mehrwertdienste". Ich vertrete hier schon lange die These, dass die "Idee" der Mehrwertdienste von vorne herein bewusst so umgesetzt wurde. Dass dieses grundlegende Problem nie ernsthaft angegangen wurde, ist umso erstaunlicher, als es schon sehr lange bekannt ist. Wie lange? Was glaubst Du? 5 Jahre? 10 Jahre? Nein... Die Tatsache, dass die Provider zu Mitverdienern bei Abzocke und Betrug werden und dass ihnen durch das "Konstrukt Mehrwertdienste" zu Lasten der Verbraucher ermöglicht wird, ganz legal an bei Gaunereien anfallenden Umsätzen mit zu verdienen, die ohne die Mitwirkung der Provider gar nicht möglich wären, ist schon in einem Focus-Artikel thematisiert, der im Dezember 1994 erschienen ist.
TELEFONSEX: DER GEBÜHRENBETRUG - Wirtschafts-News - FOCUS Online

Wenn jemand diesen Artikel genau liest, findet er sogar einen Hinweis auf einen britischen Geschäftsführer aus Hong Kong, vom Fokus als "Dunkelmann" bezeichnet. In dem von der StA/GStA eingestellten Verfahren hier landet man, 15 Jahre später, bei der Firma des Partners dieses Herren. So klein ist die Welt...

Niemand kann mir sagen,daß die entsprechenden Anbieter von den "Werbemaßnahmen" nichts wußten.
Wer hält denn den letzten in der Kette davon ab, Beweise dafür zu erbringen?
Warum auch,denn das Geld bleibt mindestens zu 99% bei Ihnen.
Über die genaue Höhe der Beträge, die entweder sofort oder nach einer gewissen Schamfrist bei den Mitverdienern verbleiben, habe ich keine Informationen. Wenn Du solche Informationen hast, nur her damit. Ich nehme so 'was immer gerne und im Gegensatzzu manchem Staatsanwalt kannst Du Dir bei mir sicher sein, dass ich mich dafür auch interessiere.

Es gab ja auch schon eine ganze Reihe von Ermittlungsverfahren, die eingestellt wurden, weil der angebliche Täter nicht identifiziert werden konnte, weil er ja im Ausland sitzt - tja, und kurze Zeit später traf man sich dann auf Mallorca...
Dänische Faxnummern bei einem angeblich italienischen Kunden und andere Mainzer Karnevalsgeschichten. Wir erinnern uns... In diesem Fall wurde der besagte Däne in Mallorca übrigens von einem weiteren Dänen begleitet - und der hatte auch schon eine gemeinsame Firma mit den smarten Herren aus Hong Kong.
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

Eine Anweisung des Ministeriums an die Tefonfirmen, daß 0137 und 0900 nicht mehr als Rufnummer übertragen werden dürfen und es wäre Schluss mit diesem [.....].

Aber das ist wohl zu schwierig für unsere Uber-Politiker...
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

"Der Betreiber des Anrufsystems und der des Mehrwert-Dienstes sind dabei entweder identisch oder machen gemeinsame Sache"
Hat es also jemand kapiert.
Nur um sicher zu gehen, dass wir das gleiche meinen:
- Betreiber des Anrufsystems = X (das ist der, der den Betrug durchführt durch die Pinganrufe - das könnte beispielsweise ein für 5 Euro die Stunde arbeitender deutscher Auswanderer auf den Kanaren sein)

- Betreiber des Mehrwertdienstes: mutmasslich Y, Hong Kong

- Beschuldigter: Z, Hannover

- Anbieter der Mehrwertnummer: SNT/Deutsche Telekom

(für Juristen ist sicher vorstellbar, dass jemand, der nicht mit demjenigen identisch ist, der davon profitiert, aus Jux und Dollerei die Pinganrufe macht - bzw. es ist schwer nachzuweisen, wer die Anrufe gemacht hat. Dazu bräiuchte man z.B. Daten der Vorratsdatenspeicherung, das nur am Rande und: rein theoretisch, wie man sieht.

Eine genaue Klärung wäre nur möglich, wenn beispielsweise durch zeitnahe Hausdurchsuchungen Dokumente sicher gestellt werden könnten, die die Vertragsbeziehungen belegen - falls die Betrüger so dumm waren, solche zu hinterlassen.

Im konkreten Fall hätte man wohl eine Hausdurchsuchung in Hannover durchführen müssen - und zwar im Oktober 2008. Insofern ist es für dieses Verfahren völlig wurscht, ob es eingestellt wird oder nicht, da es ohnehin bereits an der Langsamkeit der vorermittelnden Staatsanwaltschaften gescheitert ist. Entscheidend ist aber der Einstellungsgrund - wenn der eben lautet "Es ist gar kein Betrug", dann wird dieses Verfahren plötzlich so bedeutsam.
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

daß 0137 und 0900 nicht mehr als Rufnummer übertragen werden dürfen und es wäre Schluss mit diesem [.....].
wenn dies technisch 100%ig zu verhindern wäre, ja. Wenn es aber nur eine Strafandrohung gibt, nützt das wenig.

Schau Dir doch die 0137-Pingerei an, um die es hier geht. Das waren nicht die goldenen Pingzeiten aus 2003-2006, wo die Wattestäbchen Weihrauch geschwenkt und "lasst das doch bitte bleiben" gemurmelt haben (das wird ja bei den hauseigenen Lobhudeleien über "effektive Maßnahmen" immer zu erwähnen vergessen, dass man dieselben Maßnahmen jahrelang nicht eingesetzt hat...). Nach Mitte 2006 wurden bei allen Pingwellen Rechnungslegungs- und Inkassoverbote verhängt, die Nummern gesperrt und es gab zumindest die theoretische Gefahr, ins Visier der Staatsanwaltschaft zu gelangen. Ein Verstoß gegen das UWG waren die Pings auch. Und? Hat es ausgereicht, die kriminelle Energie der Täter zu unterdrücken? Nein! Und warum nicht? Weil es sich eben trotz aller Hindernisse immer noch gelohnt hat.

Und es wird sich jetzt noch mehr lohnen, wenn es reicht, seine Nummern via Hannover zu ordnen, um vor Strafverfolgung sicher zu sein. Bedenkt bitte, dass es international agierende Kriminelle gibt, die Pingwellen loslassen für italienische Handynummern - Ausschüttung 5cents! Und selbst wenn durch das lächerliche Mittel eines theoretischen Rechnungslegungs- und Inkassoverbotes die Ausschüttung bei 0137-Ping um ein paar Prozentpunkte geschmälert werden sollte (die Ausschüttung an die Täter, nicht die Gewinne der Zwischenfirmen - die werden wohl annähernd vollständig fließen) - wenn "die" das für 5ct/Minute machen, dann machen sie es auch unter der derzeitigen Rechtslage in Deutschland. Es muß sich lohnen, sonst würden die es nicht machen.

Wäre man bereit, sich auf Spekulationen einzulassen, käme man noch auf ganz andere Ideen.

Die nächste (0137-)Pingwelle widme ich schon heute der Staatsanwaltschaft Hannover und ich werde mal sehen, ob ich eine gute Idee habe, wie ich dann meinem Unmut Luft machen werde, ohne belangt werden zu können.
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

Interessant. Die Staatsanwaltschaft Bonn, bei der das später nach Hannover abgegebene Verfahren zuvor monatelang bearbeitet wurde, kann offenbar keine Auskünfte zu dem Verfahren machen. Die Akten seien ja jetzt in Hannover. Tja, man kann aber davon ausgehen, dass in Bonn Ermittlungsarbeit geölaufen ist, da ja Hannover das Verfahren binnen weniger Tage beerdigt hat. Also vermute ich, dass die Auffassung der StA Bonn zur Strafbarkeit von 0137-Pings eine andere ist als die der StA Hannover. Aber genau wissen tu ich's nicht.
 
AW: Generalstaatsanwaltschaft Celle: 0137-Pings sind kein Betrug

Es gibt wohl Neuigkeiten... aber ich will sie nicht kommentieren. Nur so viel:

Die Gerechtigkeit wohnt in einer Etage, zu der die Justiz keinen Zutritt hat
(Aber ich mache mir immer noch Gedanken, wie man da noch intervenieren kann)
 
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