Re: Haldex/Crosskirk/MaConnect
cj schrieb:
Um das aber näher auszuführen, bräuchte ich erst Infos zur "Geschichte" von crosskirk... Finde ich die bei der AG, die Crosskirk vorher in Besitz hatte?
Ja. In den Quartalsberichten der Infogenie.
Ich hatte mir das alles mal angeschaut, da ich das einfach atemberaubend fand: Dialerklitsche indirekt im Prime Standard der Deutschen Börse notiert.
Da ich jetzt keine Zeit mehr habe, das weiter zu verfolgen, hier das Wichtigste:
Die Infogenie AG kam im Oktober 2000 (noch war der Neue Markt nur leicht angeschlagen) an die Börse. Das Geschäftsmodell war, mit Call Centern über Beratungshotlines zu verdienen. So hatte es das Anlegermagazin BörseOnline vorgestellt:
BörseOnline schrieb:
Der Börsenneuling vermittelt per Telefon Rat Suchende an rund 550 Experten in Deutschland oder England. 1999 setzten die Münchner etwa 1,3 Millionen Euro um. Vier Fünftel der Einnahmen stammten von 0190er-Nummern, für die Privatpersonen bis zu 3,63 Mark pro Minute zahlen. Der Rest kam von Unternehmen wie zum Beispiel Verlagen, in deren Auftrag InfoGenie die Kundenbetreuung übernimmt. Der Rohertrag, der bei InfoGenie verbleibt, liegt bei 30 Prozent.
Für die kommenden Jahren plant die Firma, durch die Einstellung von mehr als 40 Vertriebsmitarbeitern den größten Teil des Umsatzes im Outsourcingbereich zu erzielen. Die Einnahmen sollen 2001 auf 15 Millionen Euro und der Verlust vor Steuern und Zinsen auf rund 3,5 Millionen wachsen. Ohne Akquisitionen hält BÖRSE ONLINE diese Prognosen für Wunschdenken (siehe Tabelle). InfoGenie konkurriert zum Beispiel im Bereich Rechtsberatung mit Anwälten, die ähnliche Dienste anbieten. Zudem stehen viele Informationen im Internet kostenlos zur Verfügung.
Bei einem Emissionspreis von 8,50 Euro läge der Unternehmenswert über 50 Millionen Euro. Wir raten, wegen des wenig aussichtsreichen Geschäftsmodells die Aktie nicht zu zeichen.
Nun, diese Einschätzung war richtig. Es ging (wie bei fast allen Unternehmen des Neuen Markts) steil bergab. Offenbar konnte die Infogenie sich jedoch auch 2003 nicht aus eigener Kraft fangen. Der Großaktionär (ca. 80% der Aktien), die ebs Holding AG, Hallbergmoos, brachte im 1. Quartal die ebs Global GmbH im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung ein.
http://www.infogenie.com/website/infocenter/presse/irpresse0048.htm schrieb:
Entsprechend bringt der Großaktionär EBS Holding AG, Hallbergmoos, seine Tochter ebs Global GmbH in die InfoGenie Europe AG ein und zeichnet dafür 6,5 Millionen Inhaberstückaktien. Das Gutachten über die Werthaltigkeit der Sacheinlage ist am Sitz der InfoGenie Europe AG einzusehen. Das Grundkapital der Gesellschaft erhöht sich damit von 1.808.947 Euro auf 8.308.947 Euro.
http://www.infogenie.com/website/infocenter/presse/irpresse0051.htm schrieb:
Die Hauptversammlung genehmigte den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag mit der neuen Tochter InfoGenie Global GmbH, die bis gestern als ebs Global GmbH firmierte und im März als Sacheinlage des Großaktionärs ebs Holding AG in die Gesellschaft eingebracht worden war. ...
Die InfoGenie Global GmbH ist ein technologiebasiertes Unternehmen, das Softwareplattformen von telefonbasierten Zahlungssystemen für Inhalteanbieter und Wiederverkäufer bereitstellt. Die Firma hält 100% der Anteile an der spanischen Crosskirk S.L., die auf Basis der Einwahlplattformen der InfoGenie Global in 30 Ländern ihre Dienste anbietet. Die InfoGenie Europe AG ist einer der führenden Dienstleister bei der Integration von Kommunikationslösungen für Unternehmen und Anbieter von virtuellen Call Centern.
Die Crosskirk stammt also direkt aus dem Hallbergmooser Firmendschungel. Die ebs Global GmbH war ausschließlich Lizenzgesellschaft für die Software, die ihre eigene Tochter Crosskirk einsetzt. Die Einbringung in die Infogenie war offenbar eine Notmaßnahme. Aus dem Bericht zum 3. Quartals 03 gehen die Größenordnungen hervor: Umsatz 1.-3-Quartal: D 1,9 Mio., GB 0,7 Mio., Spanien 3,4 Mio, = insg. 6,1 Mio. Im Vergleichszeitraum 2002 (also ohne die Spanier) lag der Umsatz bei 2,2 Mio. €. Das Net result 2002: - 1,8 Mio., 2003 nur noch: -200.000 €.
Die Gesellschaft hatte 33 Mitarbeiter, davon 10 bei der Crosskirk.
Im Herbst 2003 wurde die Crosskirk - diese schöne gewinnbringende Tochter - plötzlich verkauft, und zwar an die britische MarketTel Ltd. Für einen Schnäppchenpreis von € 240.000. Es besteht noch bis 2006 ein Lizenzvertrag, aus dem weiterhin Erlöse zufließen. Als Grund für den Verkauf wurden "
unternehmerische Risiken" angegeben (wohlgemerkt:
nicht geschäftliche Risiken); auf das sich verschlechternde rechtliche Umfeld ("
erhöhtes Inkassorisiko") wurde in den Quartalsberichten mehrfach hingewiesen. Anscheinend lag schon 2003 der Umsatz der Crosskirk unter den Erwartungen. Sozusagen als Ersatz wurden dafür neue Firmen in die Infogenie eingebracht: Click2Pay und Netsales GmbH. Und auch die ebs Holding AG selbst hat noch weitere Beteiligungen.
Soweit die Fakten, wie sie aus den Veröffentlichungen der
www.infogenie.de hervorgehen.
Börsenwert z. Z. ca. 27 Mio. €, bei einem (schwindelerregenden) KGV 05 von 52 (wer den Neuen Markt kannte, weiß, was das heißt ...)
Anbei noch ein Blick auf den Kursverlauf. Der erste der Einjahreszeitraum (nur der wird auf der infogenialen Webseite gezeigt). Aufschlußreicher ist jedoch der zweite, der die gesamte Börsengeschichte wiedergibt.