AW: Beweislast bei Onlineverträgen
Danke für die vielen Kommentare und Meinungen. Ich kann gerne etwas präziser werden, aber ich finde eigentlich das Prinzip dieses Forums gut, nur allgemeine Erörterungen vorzunehmen. Denn dadurch lernt man als Laie viel eher, wie das juristische Räderwerk funktioniert. Ich habe auch keinen "Einzelfall", sondern ich bin scharf darauf, eine allgemeine Methode zu finden, ordentlichen Online-Handel zu treiben, ohne von einem gewissen Prozentsatz der Kunden hinter die Fichte geführt zu werden.
Wir bieten Informationen zum Download an, etwa so als wenn man einen Artikel aus dem Archiv von Spiegel-Online kaufen würde. (Wir haben mit denen nichts zu tun, aber es ist sehr ähnlich.) Es ist eine nicht rücknehmbare Leistung, die sofort erbracht werden muss, weil der Kunde sie sofort benötigt. Wir können nicht erst auf den Zahlungseingang warten, weil das unseren Dienst nutzlos machen würde.
Aber gerade solche neuen, schnellen Dienste "on demand" sind ja der Witz des Internets. Es ist nichts, wofür wir uns entschuldigen müssen, sondern genau das, was unsere Kunden haben wollen.
Zahlungssysteme sind allgemein verpönt, egal welches man nimmt. Entweder gelten sie als dubios, oder man hat einfach keine Lust, sich erst umständlich irgendwo (zusätzlich) registrieren, etwa bei PayPal oder Click & Buy. Das haben wir alles probiert, und die Kunden haben uns immer und immer und immer wieder gesagt, dass sie das scheiße finden. Es wäre idiotisch, nicht auf diese deutlichen Hinweise zu hören.
Deswegen achten wir darauf, dass der Kunde sich ausschließlich bei uns registrieren muss, und dass der Prozess sehr schnell und einfach geht. Wir verlangen nur die Eingabe von Adresse und Bankverbindung, und das ist das Äußerste, was die Kunden bereit sind, einzugeben. Weil es so langweilig ist. Je kürzer der Prozess, desto mehr Leute werden sich überwinden, ihn zu durchlaufen. Je mehr man weglassen kann (lange AGBs, zusätzliche Angebote/Upgrades/Schnäppchen), desto besser. Je weniger Text, desto besser. Ideal wäre: Preis anzeigen, bestätigen, fertig.
Ebenfalls ein spezifischer Vorzug des Internets ist es, eine personalfreie Abwicklung zu organisieren. Wir möchten wirklich niemanden dafür bezahlen, dass er am Telefon irgendwelche Registrierungen entgegennimmt, das wäre dämlich. Das macht man heute automatisch und stellt lieber Leute ein, die für den Content sorgen. Unsere Idee ist, dass wir uns allein um den Content kümmern. Alles andere machen die Computer für uns. Es ärgert mich ungeheuer, dass es keine wasserdichte Methode gibt, die finanzielle Seite vollautomatisch abzuwickeln, obwohl es technisch einfach wäre.
Unser Buchungsprozess ist simpel:
Der Kunde richtet sich einen Account ein (mit Adresse usw.) und bestätigt den Account mit einer Freischalte-Mail. Danach kann er in unserem "Katalog" stöbern. Wenn er etwas laden möchte, erscheint eine Webseite, die den Preis für ein "Ticket" nennt. Alternativ kann er auch ein Abo für ein Jahr abschließen. Das Kleingedruckte ist direkt lesbar (nicht nur verlinkt), besteht aus zwei, drei Sätzen und muss per Häkchen als "gelesen" bestätigt werden. Der Kunde gibt seine Bankverbindung ein, diese wird von einem Dienstleister online (automatisch) geprüft. Ist die Prüfung positiv, gelangt der Kunde zur üblichen "Danke"-Webseite und kann seinen Download beginnen. Er kann dann so viele Downloads vornehmen, wie sein Ticket es erlaubt. Die Lastschrift wird jeweils um Mitternacht an die Bank geleitet.
Nach meiner Meinung ist dieser Prozess sehr gut. Warum? Weil er einfach und klar ist, und weil er nichts enthält, was man nicht bereits woanders gesehen hätte. Nichts ist versteckt oder verschleiert oder unerwartet. Die AGBs können in Sekunden vollständig gelesen werden, weil wir sie auf wenige Sätze reduziert haben. Adresse, Bankverbindung, los geht's. Das ist ein guter Service.
Auf die gleiche Weise kann ein Abo storniert werden. Man geht in seine Account-Einstellungen, klickt auf "Abo abbestellen", und das war's. Wo gibt's sowas sonst noch? Normalerweise wird man genötigt, einen Brief aufs Postamt zu tragen, aber nicht bei uns. Wir wollen, dass die Leute wiederkommen.
Ich fühle mich echt etwas getroffen, wenn ich hier lese: "Naja, wenn die Betrugsquote hoch ist, dann ist vielleicht der Bestellvorgang dubios, oder die erbrachte Leistung ist beschissen" (sinngemäß wiedergegeben). Beides ist nicht der Fall, sondern nach meiner Meinung vorbildlich, und obendrein billig. Die Mehrheit der Mitarbeiter arbeitet ehrenamtlich ohne Bezahlung, denn es handelt sich um begeisterte Kunden, die unbedingt mithelfen möchten. Das ist im Internet nicht unüblich, zum Beispiel bei diesem Forum hier. Dazu muss man wissen, dass sich um unseren Dienst eine gewisse "Community" oder "Fanbase" entwickelt hat.
Wir haben es ganz selten mit einer Art von Betrug zu tun, bei dem die Daten einer fremden Person missbräuchlich benutzt wurden. Bei uns ist es die klassische Zechprellerei. Nicht wenige Leute versuchen einfach, sich zu drücken, das ist die Wahrheit. Da erreichen uns wütende Anrufe, unsere Rechnung wäre eine bodenlose Frechheit, man würde uns gar nicht kennen und man würde uns vors Höchstgericht ziehen -- noch heute! Dann sage ich: "Red' keinen Unsinn, ich sehe doch auf meinem Monitor, dass Du gerade vorhin fünf Downloads vorgenommen hast." Daraufhin die Antwort: "Naja... also gut, dann... also Ihr zieht den Betrag dann vom Konto ein." Ich: "Ja." Kunde: "Also dann vielen Dank." Ich: "Auf Wiederhören."
Da denkt man sich: Bin ich etwa im falschen Film?
Andere Leute sind gewiefter. Die sagen einfach: "Versucht mal, mir was zu beweisen, Ihr Deppen!" Die meisten Fälle der Zechprellerei gehen einher mit hämischen Antworten, offensichtlich von Leuten, die um die schwierige Beweisführung wissen.
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Fasst man die juristischen Tipps aus diesem Forum zusammen, gibt es keinen Beweis eines online geschlossenen Vertrags, und damit ist der Fall eigentlich erledigt. Man hat höchstens Indizien, etwa die Freischalte-Email, oder unsere Logfiles. Die sind aber nichts wert, wenn der Kunde sagt, er hätte nie etwas von uns gehört, und vielleicht hat seine Tochter/Katze/Schildkröte irgendwas angeklickt.
Insofern steht dem Unternehmer der Rechtsweg nicht wirklich offen, weil er nichts erreichen kann. Wenn der Richter unsere Dateien auf dem Rechner des Kunden findet, kann der Kunde sagen, die Putzfrau hätte es aus Versehen angeklickt, und er wird damit durchkommen.
Da der Rechtsweg nicht offen steht, kann der Unternehmer höchstens ein Inkasso-Unternehmen beauftragen, den säumigen Kunden so massiv zuzusetzen, dass diese das Handtuch werfen. Ein gewisser Prozentsatz wird das tun, das ist besser als nichts.
Die oft unseriösen Praktiken mancher Inkasso-Büros oder Anwälte, die hier mit Recht kritisiert werden, kann ich gut verstehen, weil ihnen schlicht der "ehrliche" Weg nicht offen steht. Die Devise ist: "Schnapp' Dir, was Du noch irgendwie rausholen kannst, am Schluss bleibt Dir sowieso ein Verlust." Wenn das Inkasso-Büro weiß, dass es sowieso nicht vor Gericht gehen wird, kann es ja so richtig auf die Kacke hauen -- je doller, desto besser. Ein paar unhaltbare Drohungen, etwas Telefonterror -- was soll's? Mehr als scheitern kann man ja nicht.
Wir sind diesen Weg noch nicht gegangen, weil ich bisher dachte, uns steht der Rechtsweg offen. Aber wenn das Inkasso der einzig mögliche Weg ist, dann muss man ihn gehen, selbst wenn man es dabei mit Leuten zu tun bekommt, die man ansonsten nicht mit der Kneifzange anfassen würde.
In zehn Jahren werden sich diese Probleme vielleicht gelöst haben, weil sich die digitale Signatur durchgesetzt hat, oder weil die Banken eine glasklare Verifizierung der Daten anbieten.