Bei unwissentlicher Dialer-Nutzung muss nicht bezahlt werden

TSCoreNinja

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Urteil: Bei unwissentlicher Dialer-Nutzung muss nicht bezahlt werden

Internet-Nutzer müssen Kosten, die ohne ihr Wissen von Einwahlprogrammen (Dialern) verursacht werden, nicht bezahlen. Nach einer am Freitag bekannt gewordenen Entscheidung des Landgerichts Osnabrück seien derartige Manipulationen im Internet nicht ungewöhnlich. Nutzer seien zudem laut BGH nicht verpflichtet, Vorkehrungen gegen Dialer zu treffen, entschied das Gericht (Az.: 12 S 45/04) und hob damit ein Urteil des Amtsgerichts Osnabrück auf. Dieses hatte zuvor dem klagenden Telekommunikationsanbieter Recht gegeben hatte. (dpa)

Gilt dies auch bei registrierten Dialern? Wohl kaum, aber man darf wohl mal traeumen... Weiss einer der Juristen etwas zum Urteil?

Schoenes WE,
TSCN
 
Der Volltext ist da: LG Osnabrück, 12 S 45/04:
  • Kein Zahlungsanspruch eines Telekommunikationsanbieters bei fehlendem Nachweis des ordnungsgemäßen Vertragsschlusses über die Inanspruchnahme eines Mehrwertdienstes

    12 S 47/04
    vom 27.08.2004
    (Vorinstanz: AG Bersenbrück (Az: 11 C 1365/03 (IIIb))

    Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück vom 17.12.2003 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.8.2003 zu zahlen.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.


    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    (Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313a Abs.1 S.1 ZPO, 26 Nr.8 EGZPO abgesehen.)

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.

    Der Klägerin steht aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages lediglich ein Anspruch auf Zahlung der Verbindungskosten für die Inanspruchnahme des Standardzugangs in Höhe von 2,35 EUR incl. MwSt. zu. Nach Auskunft der Klägerin beträgt das Verbindungsentgelt 1,3 ct. pro Minute. Die hier streitige Nutzung umfaßte einen Zeitraum von 155,64 Minuten, so dass sich zzgl. der Mehrwertsteuer der ausgeworfene Betrag ergibt.

    Ein weitergehender Anspruch besteht nicht, weil die Klägerin nicht hinreichend dargelegt hat, dass die Inanspruchnahme der Mehrwertdienste willentlich durch den Beklagten erfolgt ist.

    Soweit das Amtsgericht insoweit einen Anscheinsbeweis zugrundegelegt hat, ist dem nicht zu folgen. Auf dieser Grundlage steht nur fest, dass der Beklagte zu den Tarifen der Klägerin den Internetzugang genutzt hat. Die Inanspruchnahme der Mehrwertdienste zu den dafür zu entrichtenden höheren Tarifen ist ein weiterer, unabhängig davon zu beurteilender Sachverhalt.

    Aufgrund der bloßen Inanspruchnahme solcher Mehrwertdienste kann nicht darauf geschlossen werden, dass die Nutzung willentlich erfolgt ist, da die Nutzung auch durch eine mißverständliche oder bewußt auf Täuschung angelegte Gestaltung des Bildschirminhalts erreicht worden sein kann. Ein typischer Lebenssachverhalt liegt damit nicht vor.

    Die Kammer hat auch in der Sitzung vom 6.8.2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihr aufgrund einer Fortbildungsveranstaltung mit entsprechenden Demonstrationen bekannt ist, dass derartige Manipulationen im Internet nicht ungewöhnlich sind. Der Klägerin als Anspruchstellerin obliegt damit die volle Darlegungslast, der sie trotz entsprechenden Hinweises der Kammer nicht genügt hat.

    An die Klägerin werden auch keine unzumutbaren Anforderungen gestellt. Sie hätte durch Aufruf der entsprechenden Verbindungen und Herstellung von Bildschirmausdrucken ohne weiteres vortragen und belegen können, dass die Inanspruchnahme der Mehrwertdienste nur willentlich und in Kenntnis der finanziellen Folgen veranlaßt werden kann.
    Es wäre dann Sache des Beklagten gewesen, diesen Vortrag zu widerlegen.

    Aufgrund der Entscheidung des BGH (NJW 2004, 1590) steht fest, dass der Beklagte entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht verpflichtet war, Vorkehrungen gegen sogenannte Dialer zu treffen.

    Hervorhebungen und zusätzliche Absätze zur Lesbarkeit durch kh
Sauber gearbeitet.

Wenn das als Grundsatz Geltung erhält, werden die MWD-Anbieter in ganz erheblichem Umfang mehr als bisher Logfiles produzieren müssen ...
 
Re: Bei unwissentlicher Dialer-Nutzung muss nicht bezahlt we

TSCoreNinja schrieb:
Gilt dies auch bei registrierten Dialern? Wohl kaum, aber man darf wohl mal traeumen... Weiss einer der Juristen etwas zum Urteil?
Ich sehe eigentlich keinen Grund, warum das nicht für registrierte Dialer gelten sollte - im Umkehrschluss gilt ja: Keine Registrierung, ohnehin kein Rechtsstreit.

Die Registrierung ist kein Freibrief und wirkt sich - spätestens seit der Teleflate-Beweislage - nicht auf den vertragsschluss und seine notwendigen Parameter aus: Keine willentliche Vertragsbindung - keine Hochpreisvergütung.

Gegenrede?
 
Nein, Katzenhai, mannigfache Zustimmung, zumindest meine, ist dir gewiss.
Und als Altfall wird zudem meine Hoffnung größer, dass die noch im Raum stehenden Klagen der T. und anderer gegen unfreiwillige Kunden gar nicht mehr erst angestrengt werden, da sol angsam doch die Chancen auf Erfolg bei Null angelangen.

Eins stört mich etwas:
" Sie hätte durch Aufruf der entsprechenden Verbindungen und Herstellung von Bildschirmausdrucken ohne weiteres vortragen und belegen können, dass die Inanspruchnahme der Mehrwertdienste nur willentlich und in Kenntnis der finanziellen Folgen veranlaßt werden kann."
Ich bin der Meinung dass ein Bildschirmausdruck eben nicht ein geeignetes Beweismittel wäre. Und Das Gericht stellt die Beweislast, die Richtigkeit einens solchen, leicht zu manipulierenden Bildschirmausdrucks zu wiederlegen wieder dem Unfreiwilligen Kunden auf den Tisch.

Ein Bildschirmausdruck und auch ein Vorführen des Dialers vor Gericht als "rechtskonform" ist leicht zu bewerkstelligen, auch wenn es sich dabei gegebenfalles um Prozessbetrug handeln mag.

Nein, letzendlich führt meiner Meinung nach nur ein endgültiges Verbot der Abrechnung per Dialer aus den diversen Grauzonen heraus.
 
Die Kammer hat auch in der Sitzung vom 6.8.2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihr aufgrund einer Fortbildungsveranstaltung mit entsprechenden Demonstrationen bekannt ist, dass derartige Manipulationen im Internet nicht ungewöhnlich sind.

Fortbildung ist doch etwas sehr Schönes. Ich bin für noch mehr Fortbildung.
 
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