Offener Brief an die Abgeordneten der FDP zur Vorratsdatenspeicherung

Hippo

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Im Juni haben vierzehn Personen aus Zivilgesellschaft, „Netzgemeinde“, Journalismus, Recht und Wissenschaft einen Offenen Brief an die Abgeordneten der FDP-Fraktion des Deutschen Bundestages zum Thema Vorratsspeicherung von Internet-Verbindungsdaten geschickt. Hintergrund ist, dass das Bundesjustizministerium einen „Gesetzentwurf zur Sicherung vorhandener Verkehrsdaten und Gewährleistung von Bestandsdatenauskünften im Internet“ vorgelegt hat. Darin ist neben einer anlassbezogenen Speicherung von Telefon-Verbindungsdaten eine Vorratsspeicherung von Internet-Verbindungsdaten ohne jeden Anlass, für jede Internetverbindung jeder Bürgerin und jedes Bürgers in Deutschland vorgesehen. Dieses Vorhaben hätte nach unserer Überzeugung katastrophale Auswirkungen.

http://daten-speicherung.de/data/ip-vorratsdatenspeicherung_stoppen.pdf

http://www.daten-speicherung.de/ind...eres-netz-ip-vorratsdatenspeicherung-stoppen/
 
Man sollte auch darüber nachdenken, die Autokennzeichen abzuschaffen. Das schafft den gläsernen Verkehrsteilnehmer und macht jeden anlassunabhängig identifizierbar. Das ist nicht nötig, weil sich die Masse der Autofahrer regelkonform verhält. Wenn das einer nicht macht, kann man ja eine richterliche Anordnung beantragen, dass er künftig mit Kennzeichen fahren muss.
 
Eine kompetente Netzpolitik begreift IPAdressen nicht als „Telefonnummer“ oder „Kfz-Kennzeichen des Internets“. Mit dem Telefon oder dem Pkw lesen wir keine Zeitung, recherchieren wir keine Informationen, schauen uns keine Produkte an und veröffentlichen wir keine Kommentare. Normalerweise schreibt niemand mit, von welchen Rufnummern er angerufen oder von welchen Pkws er aufgesucht wird. Genau diese minuziöse Verhaltensprotokollierung wird aber im Internet praktiziert.
Dieses Zitat aus dem offenen Brief zeigt, dass die Verfasser von der Vorratsdatenspeicherung keine Ahnung haben.

Nicht mal die alte Vorratsdatenspeicherung hat sich damit befasst, wer was macht. Es ging lediglich und ausschließlich darum, Anschlußinhaber zu identifizieren (eben "wer hatte wann welche Nummer") und niemals darum, wer wann was aufgerufen oder angesurft hat. Der Vergleich zwischen IP-Adresse und Telefonnummer ist nicht nur aus technischer Sicht naheliegend, sondern trifft in dem Fall sehr gut.
 
Man sollte auch darüber nachdenken, die Autokennzeichen abzuschaffen. Das schafft den gläsernen Verkehrsteilnehmer ...
Na ganz vergleichbar ist das aber auch nicht. Nicht umsonst müssen ja die Mautdaten nach der Abrechnung gelöscht werden.
Ich würde es eher so vergleichen daß es beim KFZ-Kennzeichen auch nicht erlaubt ist die an den Mautbrücken ALLE zu erfassen und 6 Monate zu speichern.
Das Problem m.E. ist weniger die Speicherung als solches, sondern die Frage wer kann/darf/wird seine neugierigen Finger in den Datenbestand tauchen.
Siehe gehackter Zollserver etc.
Datenbanken wecken nunmal Begehrlichkeiten an Stellen an denen ich meine Daten lieber nicht sähe.
Beispiel KFZ - Stell Dir vor es gäbe eine entsprechende Speicherung über die Mautbrücken für die Polizei zur Aufklärung von Gewaltverbrechen etc.
Irgendwann käme dann das Finanzamt und würde gerne die Mautbrückendaten mit den Fahrtenbüchern von Außendienstlern vergleichen o.ä. Anwendungen an die wir heute noch gar nicht denken.
Wobei die Speicherung (egal ob KFZ oder Daten) sicher für die "richtige" Polizeiarbeit wie im Fall Dennis oder auch Bögerl die Ermittlungen vielleicht erleichtert hätte. Nur wo beginnts und vor allem wo endets?
 
Na ganz vergleichbar ist das aber auch nicht. Nicht umsonst müssen ja die Mautdaten nach der Abrechnung gelöscht werden.
Ich würde es eher so vergleichen daß es beim KFZ-Kennzeichen auch nicht erlaubt ist die an den Mautbrücken ALLE zu erfassen und 6 Monate zu speichern.
Du hast in dem Zusammenhang die Vorratsdatenspeicherung nicht verstanden.
Mautdaten erfassen Bewegungsbilder. Das geht nicht so einfach.

Vorratsdatenspeicherung erfasst - wie auch die Zuordnung von Autokennzeichen zu Halter - Nutzungsmöglichkeiten, keine konkreten Nutzungen.

Die Vorratsdatenspeicherung kannst Du mit dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) vergleichen. Dort steht, welches Fahrzeug Du zu welchem Zeitpunkt gehabt hast. Um mehr gings bei der Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen nicht. Nur Anschlußzuordnung (Autokennzeichen), nicht Bewegungsbilder (Maut).
Es gibt Überschneidungen, klar. Wenn Du zu schnell fährst und geblitzt wirst, weiß die Polizei in dem Moment zwangsläufig, dass Dein Auto zu dem Zeitpunkt an Punkt X war. Das wird aber nicht systematisch erfasst ("Mautdaten").
Wenn von Deinem Anschluß aus jemand betrogen wird, dann weiß man auch, dass Du in dem Moment (z.B.) ebay genutzt hast. Aber eben - wie beim Blitzer - nur anlassbezogen in dem Moment. Eine Inhaltsüberwachung oder Nutzungserfassung ist nicht Gegenstand der Vorratsdatenspeicherung.

Mit weitergehenden Aufzeichnungen ohne konkreten Anlass würde ich mich auch nicht einverstanden erklären. Die Vorratsdatenspeicherung im Sinne einer Anschlußzuordnung halte ich für dringend erforderlich.
 
Wenn Du es so vergleichst müßte was gebastelt werden, daß jeder Computer sein PC-Kennzeichen kriegt. Und was willst Du dann als Äquivalent zum zu schnellen Fahren setzen? Und den Strafzettel gibts dann wenn Du auf einer Kinderpornoseite parkst ;)
Woher sollte ein User aber dann wissen daß es dort ein Halteverbot gibt?
Die Problematik ist halt doch so daß bei der Vorratsdatenspeicherung eben der Zielcomputer auch gespeichert wird, wie Du geschrieben hast "man weiß dann daß ich bei Ebay war"
Vergleichbar mit der Mautbrücke vor der IKEA, da weiß auch keiner was ich gekauft habe, nur daß ich bei der IKEA war.
Wie ich geschrieben habe - wo Daten sind wachsen die Begehrlichkeiten
 
Wenn Du es so vergleichst müßte was gebastelt werden, daß jeder Computer sein PC-Kennzeichen kriegt.
Hat er doch. Seine IP-Adresse.
Die Problematik ist halt doch so daß bei der Vorratsdatenspeicherung eben der Zielcomputer auch gespeichert wird, wie Du geschrieben hast "man weiß dann daß ich bei Ebay war"
Wird nicht. Ganz und garnicht.
Wenn Du aber einen anderen Menschen über den Tisch ziehst und der dann Anzeige erstattet, dann kriegt die Polizei aus Deinen Mails oder von ebay Deine IP-Adresse. Und die wird dann über die Vorratsdaten abgefragt.
Das ist wie bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort. Der Geschädigte erstattet Anzeige und hat Dich wegfahren sehen. Da kann man ja auch nicht davon ausgehen, dass Deine Bewegungen gespeichert werden, nur weil die Polizei dann vor Deiner Tür steht.
 
Da greifen andere Regeln. Da sollten - nach der alten Vorratsdatenspeicherung - auch Verbindungen erfasst werden.

Das ist aber weder unser, noch das Thema des offenen Briefs.

Ich bin der Meinung, man sollte da sachlich bleiben und die Fakten auf den Tisch legen. Von Seiten der Gegner wie Befürworter wird da viel mit Emotionen gearbeitet und das ist IMHO der völlig falsche Weg.

Es gibt bei der Vorratsdatenspeicherung von der Eingriffstiefe her und vom Speicherungsumfang erhebliche Unterschiede zwischen IP-Adressen und Telefonverbindungen. Und das sollte man auch nicht durcheinander werfen. Das BVerfG hat ja auch ganz deutlich ausgesagt, dass es mit der Regelung der IP-Adressen überhaupt keine Probleme hatte. Da jetzt irgendwelche verfassungsrechtlichen Bedenken hinein zu konstruieren, macht überhaupt keinen Sinn. Gekippt wurde die Regelung wegen dem Telefonbereich. Da gings tatsächlich um Inhalte, Verbindungen und Bewegungsdaten. Und das ist was ganz anderes...
 
Ich muß zugeben daß ich nicht so tief im Thema drin bin. Mit der Tatsache daß nur gespeichert wird wann ich mit welcher IP online war könnte ich leben. Die Frage nach dem Mißbrauch (Stichwort Filesharer und die manuell abgetippselten Listen an die Staatsanwaltschaften) bleibt aber.
 
Weiß nicht wo ichs gelesen habe, hier oder im AS. Da gings um Fileshareabmahnungen in 100er-Paketen bei der die Listen die zur Erlangung der Userdaten alle händisch getippselt wurden - mit allen Fehlerhäufigkeiten die das so mit sich bringt
Die Zeiten sind lange vorbei. Keiner schickt mehr Listen an die Staatsanwaltschaft. Die haben eine eigenständige Auskunftspflicht an die Provider. Tatsächlich bekommen die Rechteinhaber in wesentlich mehr Fällen eine Auskunft als die Strafverfolger. Das liegt am System.
 
Ganz im Gegenteil. Im Moment ist die gängige Praxis, dass Rechtsanwaltskanzleien massenhaft Gerichtsbeschlüsse beantragen UND auch erhalten, um entsprechend - übrigens anlassunabhängig - im Quick-Freeze-Verfahren IPs von mutmaßlichen Urheberrechtsverletzern abzugreifen. Diese bilden nun die Basis für Abmahnverfahren, welche sich ausschließlich im Zivilrecht bewegen. Hierbei ist die Fehlerquote nicht unerheblich. Allerdings hat nun der Abgemahnte aufgrund der nicht vorhandenen Vorratsdatenspeicherung KEINERLEI Nachweismöglichkeit mehr, sich zu entlasten. Dies stellt meiner Meinung nach die Rechtsstaatlichkeit vollkommen auf den Kopf. Zum einen werden staatliche Exekutivorgane wie z. B. die Polizei, von welcher übrigens im Strafverfahren eine lückenlose, forensisch nachvollziehbare, Dokumentation verlangt wird (richtigerweise!!!) unter dem Vorwand verfassungsrechtlicher Bedenken in ihren Möglichkeiten beschnitten, während Rechtsanwaltskanzleien, deren Tätigwerden zumindest nicht unerheblich auf reines Gewinnstreben abzielt, machen können, was sie wollen und hierbei sogar noch die Beweislast umkehren. Darüber hinaus legen diese Kanzleien in so gut wie keinem Fall offen, auf welchem technischen Weg sie an die Daten gelangt sind.
 
Davon abgesehen, dass Du Quick Freeze hier in einem falschen Kontext verwendest (de facto hat das nämlich mit Deinem Beispiel nix zu tun) hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen!
 
Weil der Begriff auf Strafverfolgungsbehörden begrenzt ist oder weil ein anderes Verfahren zur Anwendung kommt ???
 
Weil Quick Freeze was ganz anderes ist.

"Quick Freeze" kommt in zwei Varianten zum Einsatz:
  1. "Wir haben da einen, der höchstwahrscheinlich Straftaten begeht. Speichert mal künftig seine IP-Adressen."
  2. "Wir haben da einen, der höchstwahrscheinlich Straftaten begangen hat. Speichert mal seine aktuelle IP-Adresse und werft die Zuordnung nicht weg bis wir eine richterliche Entscheidung haben."
Beides passt hier nicht.
Hier geht es um eine richterliche Erlaubnis zur Beauskunftung nach derm UrhG, nicht um Quick Freeze.
 
De nada.

Das sind übrigens bei näherem Hinsehen genau die Gründe, warum Quick Freeze für die Strafverfolger nur in eng bemessenen Ausnahmen überhaupt was bringt:
  1. Die überwiegende Tätigkeit von Strafverfolgern ist retrospektiv, das heißt die Leute kommen erst, wenn was passiert ist und haben keinen Tatverdächtigen. Damit ist Punkt 1 nicht nutzbar.
  2. Wenn es überhaupt keine Vorratsdatenspeicherung gibt ist der zweite Punkt auch nicht nutzbar. Was soll denn aufgehoben werden, wenn keine Daten vorliegen? Vor allem bei der aktuelle Zwangstrennung nach max. 24 Stunden ist es für die Strafverfolgung nur in echten Ausnahmesituationen möglich, hier noch zu intervenieren. Wer, der bei ebay über den Tisch gezogen wird, merkt das innerhalb von max. 24 Stunden?
 
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