Zulässigkeit der Werbung mit Gewinnspielen

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Zulässigkeit der Werbung mit Gewinnspielen

In letzter Zeit taucht häufig die Frage auf, ob eine Werbung mit Gewinnspielen, insbesondere die Kopplung des Produktabsatzes mit einem Gewinnspiel wettbewerbsrechtlich unzulässig ist und aus diesem Grund von Mitbewerbern und qualifizierten Einrichtungen abgemahnt werden könnte. Pauschale Antworten sind im Lauterkeitsrecht nicht möglich, weil immer auf die konkrete Ausgestaltung und Wirkung der Werbung abgestellt werden muss.

Bitte beachten: Auf die Wirksamkeit des einzelnen Vertrages wirken sich die folgenden Überlegungen nicht unmittelbar aus. Ebenfalls nicht behandelt wird die Frage der Zulässigkeit einer Werbung für Gewinnspiele.

Grundsätze:
  • Gewinnspiele, wenn sie auch stets die Spiellust des Kunden ausnutzen und deshalb in gewissem Umfang von der Prüfung des Warenangebots nach Preiswürdigkeit und Güte ablenken, sind nicht grundsätzlich wettbewerbswidrig, sondern erst dann, wenn bestimmte Unlauterkeitsumstände hinzutreten, welche die Veranstaltung als unlauter erscheinen lassen.
  • Besondere Unlauterkeitsumstände können sein:
  1. Kopplung der Teilnahme mit dem Produktabsatz §§ 3, 4 Nr. 6 UWG
  2. psychischer Kaufzwang oder übertriebenes Anlocken §§ 3, 4 Nr. 1 UWG
  3. Irreführung des Publikums, § 5 UWG
  4. Behinderung kleinerer Wettbewerber, § 3 UWG
  • Unlauter ist zudem das Veranstalten strafbarer Glücksspiele, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 StGB.
Grundlagen: OLG Köln, Urt.v. 1.10.2004 - 6 U 85/04; OLG Frankfurt a.M., Urt.v. 24.2.2005 – 6 U 43/04;
zu § 1 UWG a.F.: BGH GRUR 2002, 1003, 1004 - Gewinnspiel im Radio; GRUR 2000, 820, 821 - Space Fidelity Peep-Show; GRUR 1998, 735, 736 - Rubbelaktion; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 Rn. 147, 151 ff, 167; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rn. 331).
 
Kopplung der Gewinnspielteilnahme mit dem Produktabsatz

1. Unlautere Kopplung der Gewinnspielteilnahme mit dem Produktabsatz

§ 4 Nr. 6 UWG:
Unlauter im Sinne von § 3 handelt insbesondere, wer
6. die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden
Dieses Regelbeispiel unlauteren Wettbewerbsverhaltens entspricht der Senatsrechtsprechung zu § 1 UWG a.F., nach der die Kopplung des Warenabsatzes mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel grundsätzlich die Sittenwidrigkeit begründete (BGH, Urt.v. 3.3.2005 - I ZR 117/02 - Traumcabrio mit Bezug auf BGHZ 147, 296, 302 - Gewinn-Zertifikate; BGH, Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 225/99, GRUR 2002, 1003, 1004 = WRP 2002, 1136 - Gewinnspiel im Radio, jeweils m.w.N.; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/1487, S. 18 ).

  • Ein Preisausschreiben ist ein Wettbewerb, bei dem der Teilnehmer eine eigene Leistung erbringt und der Gewinner ausschließlich aufgrund seiner Fähigkeiten und Kenntnisse ermittelt wird
    (vgl. OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04 (zitiert nach www.justiz.nrw.de); Fezer/Hecker § 4-5 UWG Rn. 66; Baumbach/Hefermehl/Köhler, § 4 UWG Rn. 1.118).
  • Was unter einem Gewinnspiel gemäß § 4 Nr. 6 UWG zu verstehen ist, ist im einzelnen noch ungeklärt. Scharfe Definitionen sind insoweit bislang nicht herausgearbeitet worden. Übereinstimmend wird betont, dass bei einem Gewinnspiel das Zufallsmoment das alleinige Siegeskriterium sein müsse.
    (OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04; Fezer/Hecker a.a.O. Rn. 70; Harte/Henning/Bruhn, § 4 UWG vor Nr. 5 R 5).

    Nach allgemeinem Sprachverständnis erwartet der Verkehr von einem Gewinnspiel aber darüber hinaus, dass es unter den Teilnehmern des Spiels Gewinner und Verlierer gibt: der Zufall entscheidet über das unterschiedliche Glück der je teilnehmenden Personen.
    (OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04
  • Eine unzulässige Kopplung nach § 4 Nr. 6 UWG liegt nicht nur vor, wenn eine rechtliche Verknüpfung des Warenabsatzes mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel erfolgt, sondern auch, wenn eine tatsächliche Abhängigkeit zwischen dem Warenabsatz und der Gewinnspielteilnahme oder den Gewinnchancen anzunehmen ist.
    (BGH, Urt.v. 3.3.2005 - I ZR 117/02 - Traumcabrio; vgl. zu § 1 UWG a.F.: BGH, Urt. v. 16.3.1989 - I ZR 241/86, GRUR 1989, 434, 436 = WRP 1989, 504 - Gewinnspiel I; zu § 4 Nr. 6 UWG: Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 6.10; Harte/Henning/Bruhn, UWG, § 4 Nr. 6 Rdn. 8 f.; einschränkend: Fezer/Hecker, UWG, § 4 Nr. 6 Rdn. 67).
  • Eine Abhängigkeit i.S.d. § 4 Nr. 6 UWG setzt voraus, dass zwei verschiedene Leistungen vorliegen, die durch das Angebot im Wege der rechtlichen oder tatsächlichen Koppelung miteinander verbunden werden
    (OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04 (zitiert nach www.justiz.nrw.de); Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 6.9 f.).

    Eine Verknüpfung zwischen dem Erwerb der Ware oder der Inanspruchnahme der Dienstleistung soll nicht dergestalt erfolgen, dass die Teilnahme an dem Gewinnspiel eine vorherige Inanspruchnahme der entgeltlichen Leistung erfordert
    (OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04; OLG Frankfurt a.M., Urt.v. 24.2.2005 – 6 U 43/04; Fezer/Steinbeck § 4-1 UWG Rn. 232),

    der Teilnehmer die Ware also auch dann abnehmen und bezahlen müsste, wenn er nicht zu den Gewinnern der Verlosung gehört
    (OLG Frankfurt a.M., Urt.v. 24.2.2005 – 6 U 43/04).

    Fallen hingegen beide Elemente in einem Akt zusammen, ist die besondere Ausgestaltung des Angebots nicht als an die Inanspruchnahme der Leistung gekoppeltes Gewinnspiel, sondern als Verfahren der Preisgestaltung zu verstehen
    (OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04; Fezer/Steinbeck § 4-1 UWG Rn. 232).

    Die Veranstaltung eines Gewinnspiels mit einer 0137-Rufnummer verstößt nicht gegen das wettbewerbsrechtliche Kopplungsverbot.
    OLG München, Beschluss v. 22.12.2005 - Az: 6 W 2181/05
  • Ob eine derartige Abhängigkeit besteht, beurteilt sich aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers
    (BGH, Urt.v. 3.3.2005 - I ZR 117/02 - Traumcabrio).

    Die einheitliche Gestaltung des Bestellscheins mit dem Teilnahme-Coupon für ein Gewinnspiel wird regelmäßig bei den angesprochenen Verbrauchern den Eindruck einer Abhängigkeit der Gewinnspielteilnahme oder der Gewinnchance von einer Warenbestellung hervorrufen
    (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.1972 - I ZR 71/71, GRUR 1973, 474, 475 f. = WRP 1973, 152 - Preisausschreiben; OLG Hamburg OLG-Rep 2002, 367, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: BGH, Beschl. v. 20.3.2003 - I ZR 114/02; Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 6.11; Fezer/Hecker aaO § 4 Nr. 6 Rdn. 68 und 75; Harte/Henning/Bruhn aaO § 4 Nr. 6 Rdn. 10; Gloy/Loschelder/Jaeger-Lenz, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 69 Rdn. 8 ).

    Dieser Eindruck einer Verbindung von Warenbestellung und Gewinnspielteilnahme bzw. Gewinnchance kann jedoch aufgrund der Ausgestaltung und des Inhalts des Bestellscheins entfallen
    (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1975 - I ZR 120/74, WRP 1976, 172, 173 f. - Versandhandels-Preisausschreiben; Fezer/Hecker aaO § 4 Nr. 6 Rdn. 77; Harte/Henning/Bruhn aaO § 4 Nr. 6 Rdn. 18; Gloy/Loschelder/Jaeger-Lenz aaO § 69 Rdn. 8 ),

    insbesondere wenn der Hinweis auf den ausgelobten und bereits ausgelosten Gewinn so gestaltet ist, daß der verständige Verbraucher nicht annimmt, er müsse bestellen, um seine Gewinnchance zu wahren oder zu erhöhen
    (BGH, Urt.v. 3.3.2005 - I ZR 117/02 - Traumcabrio).
Literatur:
http://www.wettbewerbszentrale.de/de/rechtsgebiete/wr.asp?bereich=3#textmarke7
http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/themen/wettbewerbsrecht/unlauterer_wettbewerb/#Zieldef11
http://www.studkom.de/uwg/04.shtml
http://www.gwa.de/UWG.1770.0.html
 
Psychischer Kaufzwang oder übertriebenes Anlocken

2. Psychischer Kaufzwang oder übertriebenes Anlocken

Die Werbung mit einem Gewinnspiel ist (ggf. zugleich) unlauter unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, wenn die beanstandete Werbung geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch sonstigen unangemessenen, unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04).

§ 4 Nr. 1 UWG
Unlauter im Sinne von § 3 handelt insbesondere, wer
1. Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen.
  • Allein die mit einer Gratisverlosung notwendig verbundene Anlockwirkung, die Attraktivität der ausgelobten Preise oder der der Umstand, dass der an dem Gewinnspiel Teilnehmende zu Gelegenheitskäufen neigen wird, die er ohne die Anlockwirkung des Spiels bei der Konkurrenz getätigt hätte, führt für sich gesehen noch nicht aus dem Bereich des wettbewerbsrechtlich Erlaubten, nämlich einer unbedenklichen Aufmerksamkeitswerbung, hinaus.
  • Eine Unlauterkeit unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens ist nur dann anzunehmen, wenn die freie Entscheidung der angesprochenen Verkehrskreise durch die aleatorischen Reize nachhaltig beeinflusst wird. Erst wenn die Anlockwirkung so stark ist, dass der Verkehr von einer sachgerechten Prüfung des Waren- oder Dienstleistungsangebots abgelenkt wird und seine Entschließung nicht mehr nach sachlichen Kriterien trifft, sondern maßgeblich von der Erwägung bestimmt wird, die in Aussicht gestellte Gewinnchance oder unentgeltliche Zuwendung zu erhalten, ist das Angebot unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens als wettbewerbswidrig zu qualifizieren.
    (OLG Köln, Urt.v. 1.10.2004 - 6 U 85/04; OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04; vgl. BGH WRP 1998, 724, 726 - Rubbelaktion; GRUR 1989, 757, 758 - McBacon; GRUR 2000, 820, 821 - Space Fidelity Peep-Show; GRUR 2002, 1003, 1004 - Gewinnspiel im Radio; GRUR 2003, 626, 627. - Umgekehrte Versteigerung II; WRP 2003, 1101, 1103 - Foto-Aktion; WRP 2004, 345, 347 - Umgekehrte Versteigerung im Internet).
  • Maßgeblich ist, ob auch bei einem durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt.
    (OLG Frankfurt a.M., Urt.v. 24.2.2005 – 6 U 43/04; OLG Köln, Urt. v. 9.3.2005 - 6 U 197/04; vgl. insofern Begr. RegE UWG zu § 4 Nr. 1, BT-Drucks. 15/1487, S. 17; BGH GRUR 2002, 976, 978 - Koppelungsangebot I; GRUR 2002, 979, 981 - Koppelungsangebot II; GRUR 2003, 624, 626 - Kleidersack; GRUR 2003, 890, 891 - Buchclub-Koppelungsangebot; WRP 2003, 1428, 1429 - Einkaufsgutschein; BGH WRP 2004, 1359, 1360 - 500 DM-Gutschein für Autokauf).
 
Irreführung

3. Irreführung

Zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltete Gewinnverlosungen können auch dann unlauter sein, wenn das Publikum über die Gewinnchancen irregeführt wird
zu § 1 UWG a.F.: BGH, Urt.v. 11.4.2002 - I ZR 225/99 - Gewinnspiel im Radio; vgl. BGH, Urt. v. 29.6.1989 - I ZR 180/87, GRUR 1989, 757 = WRP 1989, 799 - McBacon; Urt. v. 9.11.1995 - I ZR 212/93, GRUR 1996, 290, 291 = WRP 1996, 199 - Wegfall der Wiederholungsgefahr; BGH GRUR 2000, 820, 821 - Space Fidelity Peep-Show.
 
Weitere Voraussetzungen

Weitere Anforderungen ergeben sich aus § 7 Nr. 3 und Nr. 4 TDG

Besondere Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen

Diensteanbieter haben bei kommerziellen Kommunikationen, die Bestandteil eines Teledienstes sind oder die einen solchen Dienst darstellen, mindestens die nachfolgenden Voraussetzungen zu beachten.

3. Angebote zur Verkaufsförderung wie Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke müssen klar als solche erkennbar sein, und die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme müssen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden.

4. Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter müssen klar als solche erkennbar und die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden.
 
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