Zeitung: Telekom kassiert fuer illegale 0190-Dialer

sascha

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Zeitung: Telekom kassiert fuer illegale 0190-Dialer

Dialer sind in Deutschland kaum noch ein Problem. Seit Sommer 2003 geht die Bundesnetzagentur gegen illegale Einwählprogramme vor und entzieht ihnen - nachträglich - die Registrierung. „Es besteht keine Zahlungspflicht für Verbindungen, die über diese Dialer zustande gekommen sind“, versichert die Behörde dabei immer wieder gern. Doch die Deutsche Telekom lässt sich von Deutschlands obersten Regulierern offensichtlich nicht beirren. Sie verklagte jetzt die Mutter eines jungen Internetnutzer auf Bezahlung von 0190-Gebühren – obwohl dem dafür verantwortlichen Dialer längst die Registrierung entzogen worden war. Noch erschreckender ist aber das Ergebnis: Die Frau stimmte einem Vergleich zu.

Fast drei Jahre ist es jetzt her, dass dem Schüler aus Kassel widerfuhr, was damals tausenden von Internetnutzern passierte: Er fiel im Oktober 2003 auf einen Dialer herein. Nach seinen Angaben beim Versuch, sich ein Lied aus dem Internet herunterzuladen, installierte und aktivierte er offenbar das Einwählprogramm. Statt über seine Flatrate surfte der Schüler fortan über die Nummer 0190862354 – für 1,86 Euro pro Minute. Als die Verbindung schließlich unterbrochen wurde, war am Schaden nichts mehr zu ändern. Genau 115,86 Euro stellte die Telekom der Mutter des Jungen schließlich in Rechnung. Die allein erziehende Frau weigerte sich zu bezahlen. Sie und ihr Kind seien betrogen worden, argumentierte sie. Doch der Netzbetreiber ließ sich nicht erweichen. Er zerrte die Mutter dreier Kinder vor Gericht.

Jetzt fand vor dem Amtsgericht Kassel der Prozess statt. Und der nahm gerade groteske Züge an. Wie die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) berichtet, beharrte der Anwalt des Netzbetreibers weiter auf Bezahlung der knapp 116 Euro. Es sei schließlich keineswegs sicher, dass die Verbindungen über einen Dialer gelaufen seien, meinte er dem Bericht zufolge. Und selbst wenn es ein Dialer gewesen sei, könnte der ja durchaus legal gewesen sein. Was der Anwalt des Rosa Riesen offenbar vor Gericht verschwieg: Die Nummer war tatsächlich eine Dialer-Nummer, registriert am 29. Oktober 2003 auf einen Dialer der liberECO payment solutions. Und, eigentlich noch wichtiger: Genau diesem Dialer hatte die Bundesnetzagentur wenig später die Registrierung wieder entzogen – weil das Programm nicht den Vorgaben für Dialer in Deutschland entsprach. Das geht aus der Dialer-Datenbank der Agentur hervor. „Aus unserer Sicht besteht deshalb keine Zahlungsverpflichtung“, zitiert die HNA auch den Sprecher der Regulierungsbehörde, Rudolf Boll.

Ein illegaler Dialer, aus Sicht der Regulierer keine Zahlungsverpflichtung: Trotz der dreisten Klage hätte der Fall damit eigentlich abgeschlossen werden können. Doch allzu viel Erfahrung mit Dialern hatte der Anwalt der Frau und ihres Buben offensichtlich nicht. Statt den Registrierungsentzug ins Verfahren einzuführen, überredete er laut HNA seine Mandanten, einem Vergleich zuzustimmen. Mit einer Bezahlung von 75 Euro, meinte er, könne der Rechtsstreit beendet werden. Die Beklagten stimmten – leider – ihrem Anwalt zu.

Der Fall zeigt, dass das Kapitel Dialer in Deutschland noch längst nicht abgeschlossen ist. Immer noch müssen Verbraucher damit rechnen, für Dialer-Verbindungen in der Vergangenheit vor Gericht gezerrt zu werden. Und Netzbetreiber wie die Telekom scheren sich beim Inkasso offensichtlich keinen Deut darum, ob die betroffenen Einwählprogramme damals nun legal oder illegal eingesetzt wurden. Mit dem Kasseler Fall sind allerdings auch die Versicherungen der Bundesnetzagentur, für nicht registrierte Dialer müsse nicht bezahlt werden, vor Gericht ad adsurdum geführt worden. Betroffene tun also gut daran, sich im Fall eines Dialer-Prozesses von einem Anwalt vertreten zu lassen, der wirklich Ahnung von der Materie hat.

http://www.dialerschutz.de/aktuelles.php?action=output&id=383

cu,

Sascha
 
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