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AW: Wieviel Sozialstaat können wir uns noch leisten



Auch wenn ich bezweifle, dass A.s Arbeit den genannten jährlichen Betrag wert ist, bin ich nicht neidisch. Geld allein soll ja nicht glücklich machen und genug hat man wohl sehr weit unterhalb des Betrages. Inzwischen dürfte A. ein Vermögen angehäuft haben, dass auch bei Kaufräuschen im Leben kaum auszugeben ist. Die Erben werden sich also freuen.


Da aktuell die sicher nicht letzte "Gesundheitsreform" Thema ist, ein wenig Statistik.  Unter http://www.sozialpolitik-aktuell.de/grafik_aktuell.shtml findet man u. a. die Entwicklung der Kosten des Gesundheitswesens (Bild unter http://www.sozialpolitik-aktuell.de/bilder/VI/abb/abbVI11klein.gif ). Dazu ein Zitat:


Interessant an der Grafik ist, das der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP nahezu konstant bleibt, was ein wenig am Bild der "Explosion" kratzt, mit der die meisten sicher eine Verschiebung der Anteile verbinden. Ähnliche Grafiken z. B. für Verkehrswege, die Bundeswehr oder die Kosten der Parlamente würden mich interessieren.


Es ist sicher so, das dass Gesundheitssystem in Deutschland Schwächen hat. Ich bezweifle aber, dass wir uns eine gute Versorgung nicht leisten können. Gehören wir doch laut Focus zu den Gewinnern der Globalisierung (http://focus.msn.de/finanzen/steuern/globalisierung). Z. B. fordert das derzeitige Gesundheitssystem zum Mißbrauch geradezu heraus, weil es den Bock (Arzt) zum Gärtner macht. Angeblich wegen des Datenschutzes weiß z. B. eine Krankenkasse in Deutschland nicht, welche Kosten für welche Leistungen sie bei welchem Versicherten bezahlt hat. Dagegen ist eine private Krankenversicherung darüber natürlich bestens informiert, weil jeder Versicherte die Rechnungen vorlegen muss. Ob privat Versicherte wohl einen geringeren Anspruch auf Datenschutz haben?


Die häufig publizierten Modellrechnungen zur Altersentwicklung und der daraus folgenden Belastungen sind merkwürdig einseitig. Die jeweils aktiv im Arbeitsleben stehende Generation zahlt ja nicht nur die Renten, sondern für jeden, der nicht arbeitet. Wenn weniger Kinder geboren werden, folglich auch für weniger junge Menschen, für weniger Kindergärten, Schulen, Lehrer, Unis usw. Natürlich kann es sein, dass dies die finanziellen Belastungen nicht völlig kompensiert. Aber es fällt auf, dass dies in der Diskussion so gut wie nie betrachtet wird. Statt dessen wird einseitig auf den drohenden  "Rentnerberg" gesehen und ein monokausaler Zusammenhang zwischen Geburten und Belastungen konstruiert. Nun werden Renten und andere Beträge des Sozialsystems aber nicht über "Nettoreproduktisonraten" der Frauen erwirtschaftet, sondern nur dann, wenn die Menschen auch Arbeit haben und damit als Einzahler in die Sozialkassen aktiv sind. Wären nun mehr Kinder in den 80er Jahren geboren worden, so fürchte ich, es würden heute wohl deutlich mehr als 50.000 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz darstehen.


Vorhandene Probleme des Sozialsystems werden von interessierter Seite bewußt als gigantisch, als nahezu unlösbar beschrieben und die Ursache der "Misere" der Staatsnähe der entsprechenden Einrichtungen zugeschrieben. Den Beweis, dass es privat organisiert besser ginge, bleibt man aber regelmäßig schuldig. Das Trommeln wird aber immerhin verständlich, wenn man sich in die Situation z. B. privater Versicherungen versetzt. Die sehen, dass der größte Teil des "Vorsorge-Kuchens" an ihnen vorbei geht. Um davon größere Anteile in die eigenen Kassen umzulenken, muss die Politik beeinflußt werden, was seit Jahren auch nachdrücklich geschieht.


Was mich an den Diskusionen in Funk, Fernsehen, Zeitungen mit am meisten stört ist, dass sie vom Marketing immer weniger unterscheidbar werden. Man erfährt weder etwas über die Quellen der angeblichen Tatsachen noch etwas über die Auftraggeber und Interessen der jeweiligen "Fachleute". Mich persönlich macht das vor allem misstrauisch. Wobei es leider nur in Einzelfällen gelingt Behauptungen in solchen Beiträgen zu bestätigen oder zu widerlegen. Man hat da schlicht schon ein Zeitproblem. Insofern sind für mich Berichte wie http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=836&sid=153 erhellend, aus denen sich ein kleiner Einblick ergibt, wie hier (und vermutlich längst auch auf EU-Ebene) von Interessensgruppen Gesetze gemacht werden.


Um die Aussagen der vielfach zitierten Fachleute auch ganz praktisch zu beleuchten, zum Schluß noch ein Zitat aus einer Mail eines österreichischen Fachmanns für die sogn. Schattenwirtschaft, auf den man sich in den Redaktionen immer gern bezieht, wenn man zum Thema ein wenig Grusel erzeugen will. Er schrieb mir:



Ausgangspunkt des Dialogs war übrigens mein Versuch, anhand er im Hamburger Abendblatt publizierten Angaben des Professors die Auswirkungen auf Hamburg zu ermitteln und die behaupteten Milliardenverluste für die gesamte Republik zu bestätigen. Das Ergebnis der Berechnungen war etwas verblüffend aber nicht gänzlich unerwartet:




M. Boettcher


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