Re: V6 Ventures Ltd. Rechnung "Geschäftsführung ohne Au
morquai schrieb:
Ein neuer Geldschneider ist aufgetaucht.
Er heisst V6 Ventures Ltd., hat seinen Hauptsitz in England und eine Niederlassung in Ingolstadt.
Er verschickt ungefragt Rechnungen an Besitzer von Homepages, die seiner Meinung nach die Impressumspflicht verletzen und verlangt 87 € , zahlbar innerhalb von 1 Woche, weil er darauf hingewiesen hat.
1. Impressumspflichtig sind nur die Betreiber
geschäftsmäßiger Teledienste.
2. Nur Betreiber von Homepages zu Wettbewerbszwecken könnten auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen in Anspruch genommen werden.
3. Der V6 Ventures Ltd. könnte von vorneherein die Befugnis fehlen, den behaupteten wettbewerblichen Unterlassungsanspruch geltend machen zu dürfen ( etwa wg. fehlender Wettbewerbereigenschaft, fehlendem Wettbewerbsverhältnis, usw.).
4. Vor allem aber wird äußerst kontrovers darüber diskutiert, ob sich eine gewerbliche Homepage ohne solche Angaben ( wie die von V6 vermutlich konkret bemängelten) überhaupt als Wettbewerbswidrigkeit darstellt, oder ob darin nicht lediglich eine Ordnungswidrigkeit, aber kein Verstoß gegen eine wettbewerbsbezogene Vorschrift (und damit auch kein Wettbewerbsverstoß) liegt.
5. Selbst wenn es ein Wettbewerbsverstoß, und selbst wenn V6 unterlassungsklagebefugt wäre - die Voraussetzungen für einen Aufwendungsersatzanspruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag dürften bezüglich der erhobenen 87-Euro-Forderung nicht erfüllt sein.
6. Selbst wenn in Höhe von 87 Euro ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen in Verbindung mit der außergerichtlichen Abmahnung einer als Wettbewerbsverstoß anzusehenden Impressumspflichtverletzung bestünde, könnte evtl. die Geltendmachung des wettbewerblichen Unterlassungsanspruchs ausgeschlossen sein, falls sie sich den Umständen nach als mißbräuchlich, d.h. als Mißbrauch der wettbewerblichen Unterlassungsklagebefugnis erweisen würde. Etwa wenn vorwiegend bezweckt würde, Rechtsverfolgungs-Kosten entstehen zu lassen ( es sind aber auch andere Umstände denkbar, unter denen die Ausübung der Unterlassungsklagebefugnis mißbräuchlich und daher ausgeschlossen ist. )
morquai schrieb:
Begründung :
Es gibt Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 €, die er mir jetzt angeblich erspart hat. Das nennt sich bei ihm "Geschäftsführung ohne Auftrag"
Diese Pseudo-Begründung folgt der verqueren Argumentation des Bundesgerichtshofs, daß die Androhung einer wettbewerblichen Unterlassungsklage für den Fall eines nicht rechtzeitigen und ausreichend hoch bemessenen Strafversprechens zu Gunsten des Drohenden deswegen den Tatbestand einer "Fremdgeschäftsbesorgung für den Abgemahnten" erfülle, zudem noch den einer mit dessen Einverständnis übernommenen Geschäftsführung, weil
1. eine Nützlichkeit für den Abgemahnten bestehe,
2. dies vom Abmahner beabsicht, er sich der Fremdnützlichkeit zumindest bewußt sei und
3. der Abgemahnte außergerichtlich kostenpflichtig abgemahnt werden wolle:
"Angesichts der bereits erwähnten Gepflogenheiten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes kann der [ Abmahner] jedenfalls davon ausgehen, daß er die Aufwendungen für eine solche Abmahnung im Einklang mit dem mutmaßlichen Willen des [Wettbewerbs-]Störers erbringt. Diesem Willen wird es freilich entsprechen, die Aufwendungen für eine Abmahnung möglichst niedrig zu halten und daher einen Anwalt nur dann zuzuziehen, wenn dies zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist."
BGH 15.10.1969 - I ZR 3/68, BGHZ 52, 393 - Fotowettbewerb
Zunächst verbietet sich diese Argumentation hinsichtlich einer Ersatzfähigkeit von "notwendigen Rechtsverfolgungskosten". Diese Formulierung stimmt wörtlich mit der prozessualen Kostenerstattungsregelung überein - deren Anwendung auf außergerichtliche Fälle selbstverständlich unzulässig ist. Vor allem aber: während sich die Notwendigkeit prozessualer Rechtsverfolgungskosten naturgemäß ausschließlich daran bemessen kann, was die an einem Gerichtsverfahren beteiligten Parteien zur Wahrung ihrer
eigenen Rechtsschutz-Interessen für erforderlich halten durften, kann das bei einer Fremdgeschäftsführung keinesfalls geltend! Denn das eigene (Schutz-)Interesse des Fremdgeschäftsführers kann nicht beachtlich sein für die Notwendigkeits-Prüfung von Aufwendungen, für die Ersatz mit der Behauptung verlangt wird, es handele sich um "Aufwendungen zu Fremdgeschäftsführungszwecken, die ... den Umständen nach für erforderlich gehalten werden durften".
Denn ob eine vom Fremdgeschäftsführer [ Abmahnender ] ergriffene Maßnahme (bzw. die Aufwendungen zu ihrer Durchführung) den Umständen nach als "erforderlich" im Sinne von §§ 683, 670 BGB hätte betrachtet werden dürfen, dazu wird nicht auf das (Rechts-)Schutzbedürfnis des Fremdgeschäftsführers Rücksicht genommen werden können! D.h.: eine Fremdgeschäftsführungsaufwendung ist nicht bereits deswegen als notwendig zu betrachten, weil sie "zur zweckentsprechenden Verfolgung der Rechtsinteressen des Abmahnenden(!)" für erforderlich gehalten werden durfte.
Nun soll außerdem (nach der BGH-Logik) die Fremdnützlichkeit nicht schon im "Vermeidenkönnen von Kosten" liegen können, sondern erst darin, daß so Gelegenheit zur Vermeidung eines kostspieligen Rechtsstreits geboten würde. Dies würde die V6 aber nicht schon mit einem schlichten "Hinweis" erreichen können - denn selbst wenn daraufhin das Impressum flugs geändert würde, wäre dadurch (noch) keine wettbewerbliche Klage (auf Unterlassung der Fortsetzung des gewerblichen Betreibens impressumsloser Homepages) vermieden - ein zweiter Wettbewerber könnte nämlich seinerseits erfolgreich(!) auf Unterlassung klagen, wenn erst einmal (durch den vorangegangenen Impressumsverstoß) eine Wiederholungsvermutung ausgelöst worden wäre!
Nach dieser Auffassung könnte erst eine solche Tätigkeit der V6 in diesem Sinne als "nützlich" (und damit dann - mit Ersatzanspruch - als fremdbesorgt) gelten, wenn anschließend die beanstandete Wettbewerbsstörung beseitigt wäre. Weil die (wettbewerbs-)störende Ungewißheit über eine Wiederholungsabsicht aber bis zur Abgabe einer ausreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung fortbestehen soll, kann die V6 für einen bloßen "Hinweis" keinen Nützlichkeits-Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag einfordern.
morquai schrieb:
Wer hat noch eine solche Rechnung bekommen ?
Impressum berichtigen und die Rechnung .... .
gal.