rolf76
Winkel-Abokat
Urteil des AG Bonn vom 24.8.2004, Az: 4 C 252/04 zur wettbewerbsrechtlichen Störerhaftung des für eine .de-Domain engetragenen admin-c.
Kernaussage: Verbraucherzentralen, andere qualifizierte Verbände und Konkurrenten können den admin-c wegen Verstößen der auf der .de-Domain hinterlegten Inhalte gegen das UWG abmahnen.
Kernaussage: Verbraucherzentralen, andere qualifizierte Verbände und Konkurrenten können den admin-c wegen Verstößen der auf der .de-Domain hinterlegten Inhalte gegen das UWG abmahnen.
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bb) Der Beklagte war Mitstörer und damit wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsschuldner. Grundsätzlich ist der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch gegen den Störer zu richten. Neben demjenigen, der die Störung selbst begeht, kann der Unterlassungsgläubiger aber auch gegen den Mitstörer aus einem Anspruch gemäß § 1004 BGB vorgehen (vgl. Baumbach//Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn. 325).Mitstörer ist, wer willentlich und adäquat kausal an der Störung mitwirkt und rechtlich in der Lage ist, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern (BGH GRUR 1991, 769, 770; BGH NJW 2001, 3265, 3266). Ein Verschulden, eine Wettbewerbsförderungsabsicht oder ein anderes Interesse des Mitstörers ist nicht erforderlich, da es auf Art und Umfang des Tatbeitrags zur Störung nicht ankommt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn. 325 und 327 mwN; Freytag, in: Moritz/Dreier, Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Teil D, Rz. 113; BGH NJW 2001, 3265, 3266).
aaa) Der Beklagte hat willentlich und adäquat kausal an der Störung mitgewirkt. Die Störung ist vorliegend der Verstoß gegen § 3 UWG durch irreführende Angaben bezüglich des "GRATIS Angebotes" an Visitenkarten auf der Homepage der Domain "www.x.de". Durch die Eintragung als Admin-c der betreffenden Domain und damit als Ansprechpartner der E e.G.hat der Beklagte willentlich und adäquat kausal zur Störung beigetragen (vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen des OLG Stuttgarts, MMR 2003, 38, 39; ebenso OLG Hamburg, Urteil vom 4.11.1999, 3 U 274/98, MMR 2000, 92, 95; Stadler, Haftung des Admin-C und des Tech-C, CR 2004, 521, 523; zur Haftung des Tech-c bzw. Zone-c LG Berlin, MMR 2002, 631, 632). Den E-Domainrichtlinien und den E-Domainbedingungen ist zu entnehmen, dass eine Domain-Registrierung und eine Aufrechterhaltung eines Domainvertrages mit der E e.G. nur möglich ist, wenn der Anmelder einen natürliche, inländische Person benennt (vgl. VIII. der E-Domainrichtlinien und § 3 Abs. 1 und § 7 der E-Domainbedingungen). Durch diese kausale und adäquate Mitwirkungshandlung der Registrierung als Admin-c erstreckt sich die Mitverantwortung des Beklagten nicht nur auf den Internet-Auftritt unter diesem Domain-Namen, sondern auch auf die Inhalte des Programmangebotes, deren Aufruf der Beklagte durch seine Registrierung als admin-c erst ermöglichte (vgl. OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 95).
bbb) Der Beklagte war auch rechtlich dazu in der Lage, den Wettbewerbsverstoß zu beseitigen. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass Ziffer VIII. der E-Domainrichtlinien den Beklagten als Admin-c der Domain zum alleinigen Ansprechpartner der E e.G. macht. Soweit der Beklagte vorträgt, es sei ihm gegenüber der E e.G. nur möglich, Dispositionen bzgl. der Domain selbst und gerade nicht bzgl. der Inhalte, die unter dieser Domain angeboten werden, vorzunehmen, kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden. Durch eine etwaige Mitteilung des Beklagten gegenüber der E e.G. hätte der Beklagte seinen Störerbeitrag rückgängig und damit die Möglichkeit der Publizierung der wettbewerbswidrigen inhaltlichen Angebote unter dieser Domain beseitigen können. Diese Handlung war dem Beklagten als Admin-c rechtlich möglich. Auf eine darüber hinausgehende rechtliche Einflussmöglichkeit auf die Inhalte der betreffenden Domain kommt es somit nicht mehr an (a.A. Stadler, Haftung des Admin-C und des Tech-C, CR 2004, 521, 525 f.)
ccc) Dem Beklagten oblag als Mitstörer eine zumutbare Prüfungspflicht bezüglich der Domain-Inhalte, bei der er als Admin-c registriert wurde. (1) Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die in der Rechtsprechung entwickelte Einschränkung der Mitstörerhaftung für unbeteiligte Dritte vorliegend Anwendung finden kann. Hiernach wird ein unbeteiligter Mitstörer bei Wettbewerbsverstößen im Internet durch eigenverantwortlich handelnde Dritte insoweit privilegiert, als ihm die Einhaltung einer Prüfungspflicht nicht zuzumuten ist (vgl. BGH NJW 2001, 3265, 3266; OLG Hamburg, MMR 2000,92, 95; LG Bielefeld, Urteil v. 14.05.2004, Az. 16 O 44/04; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn. 327 c). Dieser Ausnahme liegt die Prämisse zugrunde, dass im Internet vielzählige und unüberschaubare Angebote eine Überprüfung der Inhalte für unbeteiligte Dritte unzumutbar erscheinen lässt (vgl. OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 95). Der vorliegend zu beurteilende Fall ist indes anders gestaltet. Der Beklagte vermittelt nicht nur durch technische Leistungen den Netzzugang, d.h. er war gerade kein unbeteiligter Dritter. So waren die Urteile des OLG Hamburg und des LG Bielefeld gegen einen Domain Name Server gerichtet, der auch technischer Ansprechpartner (Tech-c) war. Die Grundaussagen des vom Beklagten ebenfalls angeführten "ambiente.de" Urteils des BGH können aus denselben Gründen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. In der "ambiente" Entscheidung des BGH ging es um die kennzeichenrechtliche Inanspruchnahme der E e.G. Die E e.G. trifft, anders als den Beklagten, aufgrund ihrer Stellung als einziger Anbieter der Top Level Domains ".de" ein Kontraktionszwang (vgl. Dieselhorst, in: Moritz/Dreier (Hrsg.), Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Teil B., Rz. 841 ff.). Sie nimmt ihre Aufgaben ohne eigene wirtschaftliche Interessen für sämtliche Internetnutzer war (BGH NJW 2001, 3265, 3267). Auch eine solche exponierte Stellung als "unabhängiger Dritter" nimmt der Beklagte als Admin-c gerade nicht ein. Weder vermittelt der Beklagte in technischer Hinsicht die Inhalte der Domains, noch war er aufgrund einer monopolartigen Stellung zu einer Vielzahl von Vertragsschlüssen gezwungen. Der Beklagte handelte vielmehr bei der Registrierung als Admin-c für die Domain "www.x.de" eigenverantwortlich und im Bewusstsein, dass er der Ansprechpartner für alle rechtliche Angelegenheiten, die die Domain betreffen, gegenüber der E e.G. sein wird.
(2) Auch bei einer Anwendbarkeit der vorstehenden Haftungsprivilegierung trifft den Beklagten als Admin-C eine zumutbare Prüfungspflicht, der er nicht nachgekommen ist.
(a) Der Beklagte hat als Admin-c eine Prüfungspflicht bezüglich der Inhalte der Domain, für die er sich hat registrieren lassen. In Rechtsprechung und Literatur wurde die Haftung des Admin-c wegen Verletzung von Kennzeichenrechten im Zusammenhang mit dem Domain-Namen bereits diskutiert und unterschiedlich beurteilt. Die wohl überwiegende Ansicht sieht eine persönliche Verantwortung des Admin-c für kennzeichenrechtliche Verstöße durch die Benennung der Domain als gegeben an (vgl. OLG Stuttgart, MMR 2004, 38 ff.; OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 175, 178; OLG München, MMR 2002, 277 ff.; LG Berlin, MMR 2002, 631, 632; Dieselhorst, in: Moritz/Dreier,Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Teil B, Rz. 901; Viefhues, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia Recht, Stand. 2004, Teil. 6.1, Rn. 347;Köhler/Arndt, Recht des Internets, 4. Aufl. 2003, S. 48; Schwarz/Peschel-Mehner (Hrsg.), Recht im Internet, Stand: März 2004, Teil 7, Rn. 134 ff.; Ernst, Verträge rund um die Domain, MMR 2001 714, 715; Junker, Haftung des Admin-C, JurPC Web-Dok. 98/2004, Abs. 16 ff.; a.A. OLG Koblenz, MMR 2002, 466 ff.; dem folgend Flechsig, Subdomain: Sicher versteckt und unerreichbar?, MMR 2002, 347, 351). Diese Verantwortung trifft den Admin-C auch bezüglich der Inhalte der Domain, für die er sich bei der E e.G. hat registrieren lassen. Er tritt als Ansprechpartner für alle rechtliche Angelegenheiten, die die Domain betreffen, gegenüber der E e.G., aber auch gegenüber jedem Dritten, der eine Abfrage der Whois-Daten bei der E e.G. vornimmt, in Erscheinung und erklärt, diese Angelegenheiten auch verbindlich entscheiden zu können. Insofern tritt die Verletzung von Rechten Dritter durch die registrierte Domain in seinen Verantwortungsbereich und die zukünftige Unterlassung und Beseitigung der Rechtsverletzung in seine Zuständigkeit (Köhler/Arndt, Recht des Internets, 4. Aufl. 2003, S. 48 ). Dies muss insbesondere gelten, wenn - wie vorliegend - der Domain-Inhaber im Ausland weilt.
(b) Die Einhaltung dieser Prüfungspflicht war dem Beklagte zuzumuten.
(aa) Eine Unzumutbarkeit lässt sich nicht daraus herleiten, dass - wie der Beklagte vorbringt - aufgrund der dynamischen Inhalte und der Hohen Anzahl an betreuten Domains eine sorgfältige Überprüfung der Domain-Inhalte faktisch nicht möglich sei. Der Beklagte bestimmt willentlich über die Art und Anzahl der Domains, für welche er sich als Admin-c registrieren lässt. Er selbst muss bestimmen, ob er sich in der Lage sieht, seiner Prüfungspflicht in ausreichendem Maße nachzukommen. Die Aufnahme einer Vielzahl haftungsgeneigter Tätigkeiten kann nicht zu einer Haftungsreduzierung gegenüber Dritten führen.
(bb) Die Einhaltung der Prüfungspflicht wird dem Beklagten ferner nicht dadurch unzumutbar, dass er infolge der persönlichen Inanspruchnahme als Admin-c erhebliche wirtschaftliche Einbußen befürchtet. Zum einen wird der Beklagte nicht anders als andere am Wirtschaftleben teilnehmende Personen für die Abmahngebühren in Anspruch genommen (vgl. OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 96). Zum anderen hat der Beklagte die Möglichkeit sich gegenüber dem Domain-Inhaber schadfrei zu halten. Regelmäßig wird der Admin-c und der Domain-Inhaber eine vertragliche Vereinbarung über die Inhalte des Domain-Betreuungsverhältnisses abschließen. Die als Admin-c registrierte Person kann somit ihre Interessen durch die drohenden zivilrechtlichen Risiken, die auch die Abmahnkosten beinhalten, in einer so genannten "Admin-c-Vereinbarung" wirksam absichern (vgl. Junker, Haftung des Admin-C, JurPC Web-Dok. 98/2004, Abs. 16 ff.; entsprechend für die Haftung von Internetprovidern Freytag, in: Moritz/Dreier (Hrsg.), Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Teil D., Rz. 89). Der Beklagte trägt hierzu selbst vor, dass zwischen ihm und der Domaininhaberin eine entsprechende Vereinbarung besteht. Aufgrund der Unterzeichnung der strafbewehrten Unterlassungsklärung, mittels derer der Beklagte ohnehin persönlich für fremde Inhalte der Domain haftet, ist davon auszugehen, dass zwischen dem Beklagten als Rechtsanwalt und der ausländischen Domaininhaberin auch eine Vereinbarung über den Innenausgleich im Falle einer Inanspruchnahme des Beklagten geregelt wurde. Zumindest erscheint eine derartige Absprache dem Beklagten als Rechtsanwalt zumutbar.
ddd) Auf sonstige Haftungsprivilegierung kann der Beklagte sich nicht berufen.
(1) Insbesondere die Vorschriften des Teledienstegesetzes (TDG) können vorliegend keine direkte oder analoge Anwendung finden. Der Beklagte kann sich somit nicht darauf berufen, dass er erst ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Abmahnung Störer gewesen sei. Die unmittelbare Anwendung der Haftungserleichterungen des TDG würde voraussetzen, dass der Beklagte als Teledienstanbieter im Sinne des TDG kommunikative Inhalte anbietet (vgl. OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 93; Köhler/Arndt, Recht des Internets, 4. Aufl. 2003, S. 48 ). Der Beklagte ist an der inhaltlichen oder technischen Gestaltung der Domain nicht beteiligt. Für eine analoge Anwendung der Vorschriften des TDG fehlt es damit schon an einem vergleichbaren Sachverhalt (vgl. in Abgrenzung hierzu die entsprechende Anwendung der Gedanken des TDG auf die Haftung des Tech-c im Falle des OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 94).
(2) Eine Haftung des Beklagten als Mitstörer scheidet auch nicht aus Billigkeitsgründen aus. Eine uneingeschränkte gerichtliche Inanspruchnahme abhängiger Hilfspersonen wird zum Teil auch als unbillig angesehen (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn. 327 b). Entwickelt wurde diese Ausnahme, um eine Inanspruchnahme von untergeordneten Arbeitnehmern ohne eigenen Verantwortungsbereich in Großunternehmen zu verhindern (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn.327 b). Das OLG Stuttgart hat die Übertragung dieser Privilegierung auf die Stellung eines Admin-c angedeutet (OLG Stuttgart, MMR 2004, 38, 39), wobeiauch hier von den Fällen auszugehen sein wird, bei denen der Admin-c ein Angehöriger des die Domain haltenden Unternehmens ist (vgl. Junker, Haftung des Admin-C, JurPC Web-Dok. 98/2004, Abs. 20; Stadler, Haftung des Admin-C und des Tech-C, CR 2004, 521, 523; Viefhues, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia Recht, Stand. 2004, Teil. 6.1, Rn. 347). Vorliegend ist der als Rechtsanwalt tätige Beklagte als Admin-c für die in den USA ansässige Domain-Inhaberin eingetragen. Die nur für Ausnahmefälle konstruierte Nichthaftung aus Billigkeitsgründen kann vorliegend nicht greifen, da der Beklagte keine abhängige Hilfsperson der Domaininhaberin mit einer untergeordneten Stellung in einem fremden Unternehmen ohne eigenen Verantwortungsbereich ist. Es erscheint vielmehr umgekehrt unbillig, eine Haftung des Admin-c in einem Fall wie dem vorliegenden abzulehnen, wenn hierdurch eine effektive Verfolgung der rechtlichen Interessen der Geschädigten durch verfahrensrechtliche Schwierigkeiten verzögert und schlimmstenfalls ganz vereitelt wird (vgl. Dieselhorst, in: Moritz/Dreier (Hrsg.), Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Teil B., Rz. 901). Von den deutschen Entscheidungsträgern wird daher auch auf Beschränkungen im Anmeldeverfahren aufgrund der fremden Nationalität der Anmelder verzichtet, da eine persönliche Haftung des Admin-c für Rechtsverletzungen möglich ist (vgl. hierzu den Bericht der deutschen Ländergruppe der Internationalen Vereinigung für den Schutz des Geistigen Eigentums (AIPPI), GRUR Int. 2003, 608, 612). Auch in der Literatur findet sich diese Auffassung wieder. Eine primäre Inanspruchnahme des Domaininhabers sei dann nicht geboten, wenn dieser Heranziehung des Hauptstörers Hindernisse entgegenstehen (vgl. Stadler, Haftung des Admin-C und des Tech-C, CR 2004, 521, 523).
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