Stellungnahme des Antispam e.V.

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Chaostheoretiker
Irgendwie sollte man das hier mal brüderlich teilen
»Frau Zypries' Pläne zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung reichen nicht aus«
17 September 2007
Belästigungen durch unerwünschte Telefonwerbung sind - neben der immer weiter zunehmenden oder um sich greifenden E-Mail-Werbeflut - derzeit das Problem, mit dem deutsche Verbraucherschützer am häufigsten konfrontiert werden. Daher begrüßt der Antispam e.V. grundsätzlich den von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vorgelegten Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der unerlaubten Telefonwerbung. Dieser ist ein erster Ansatz, Verbrauchern, wie auch Verbraucherschutzorganisationen und Wettbewerbsverbänden, die Möglichkeit zu verschaffen, unseriösen Telefonmarketern das Geschäft zu erschweren.

Die Erfahrungen der letzten Jahre mit dem Verbot der Telefonwerbung ohne vorheriges ausdrückliches Einverständnis des Angerufenen zeigen, dass eine Missbrauchsbekämpfung allein auf Basis wettbewerbsrechtlicher Untersagungsverfügungen keinen wirksamen Schutz des Verbrauchers vor unseriösen Werbepraktiken darstellt.
Zwar hat der Gesetzgeber in der Novellierung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) von 2004 relativ eindeutig und auch weitgehend verbraucherschutzorientiert geregelt, welche Werbehandlungen belästigend und daher rechtswidrig sind. Es gibt jedoch erhebliche Defizite bei der Durchsetzung.

Zum einen ist es den unmittelbar Betroffenen derzeit praktisch kaum möglich, sich effektiv gegen diese Form der Belästigung zu wehren, weil sie die Callcenter nicht ermitteln können. Diese rufen meist mit unterdrückter Rufnummer an. Weiterhin ist zu bemängeln, dass es den Verbrauchern oft nicht einmal etwas nützt, wenn ihnen ausnahmsweise Kontaktdaten der Werbenden zur Verfügung stehen.
Der mit der Einführung von § 13a UKlaG eingeführte Anspruch des Verbrauchers, gegenüber Post- und Telekommunikationsdienstleistern Auskunft über die Identität missbräuchlich handelnder Kunden einzuholen, hilft diesem oftmals auch nicht weiter. Selbst nach zwischenzeitlicher Bestätigung dieser Auskunftspflicht durch den Bundesgerichtshof werden Auskunftsbegehren von einigen Unternehmen noch immer systematisch abgelehnt und verweigert - oft mit abstrusen Begründungen.

Die wettbewerbsrechtliche Selbstregulation versagt nicht nur im Bereich Lotterievertrieb, in dem sich auch die Staatlichen Lotterien immer wieder derselben unlauter werbenden Auftragnehmer bedienen. Hier ist der Kontrolldruck der Wettbewerber ganz offensichtlich eher gering ausgeprägt. Selbst in extrem hart umkämpften Märkten wie der Telekommunikationsbranche finden sich kaum Wettbewerber, die gegen derartige Methoden gerichtlich vorgehen. So stehen Verbraucher- und Wettbewerbsverbände oft allein gegen ganze Branchen. Vor allem aber kalkulieren die häufig systematisch handelnden Rechtsverletzer rechtliche Auseinandersetzungen und deren Kosten ganz offensichtlich kühl ein.
Wenn ein Unternehmen nach einem oft langwierigen wettbewerbsrechtlichen Prozess zu einem Zwangsgeld von maximal 250.000 EUR verurteilt werden kann, und dieses Zwangsgeld dann nach Monaten oder Jahren des Rechtsstreits oft nur einen Bruchteil dieser Summe ausmacht, kann dies nicht annähernd die enormen Marktvorteile kompensieren, die das Unternehmen bereits innerhalb weniger Monate durch unlautere Werbemethoden erzielen konnte.
Die vom Gesetzgeber hiergegen vorgesehene scharfe Waffe der Gewinnabschöpfung in Verfahren klagebefugter Verbände hat in der Praxis bisher - vorhersehbar - versagt. Kein Verband kann es sich dauerhaft leisten, die erheblichen Kostenrisiken derartiger Klagen zu tragen, ohne im Erfolgsfall wenigstens einen Teil der abgeschöpften Unrechtsgewinne als Risikovorsorge für erfolglose Verfahren zu erhalten. Ergebnis: Gewinnabschöpfung findet praktisch selten statt; die Rechnung der Rechtsverletzer geht praktisch immer auf.

Was den Verbraucherschutz betrifft, hinkt Deutschland anderen Ländern weit hinterher.
Während selbst in den wirtschaftlich eher liberal geprägten USA mit dem CAN-Spam Act die Versendung unerwünschter Massenwerbung schon vor Jahren unter teils schwere Strafen gestellt wurde, geht der deutsche Gesetzgeber mit der aktuellen Gesetzesinitiative viel zu spät wenige erste Schritte in Richtung staatlicher Sanktion. Dies auch nur gezwungenermaßen, denn die bisherigen Selbstregulationsmechanismen haben ja offensichtlich versagt.
Ein wirksamer Schutz von Verbraucher und lauterem Wettbewerb wird allein mit dem vorliegendem Gesetzesentwurf kaum möglich sein.
Zwar ist die geplante Ausweitung des Widerrufsrechts auf Verträge über die Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten sowie über Wett- und Lotteriedienstleistungen begrüßenswert. Die Streichung der entsprechenden Ausnahmeklauseln ist angesichts des jahrelangen Missbrauchs gerade in diesen Bereichen nur konsequent.
Auch die Einführung eines Bußgeldes für alle Varianten von Verstößen nach § 7 II UWG ist grundsätzlich richtig. Dies allein reicht jedoch nicht.
Entscheidend für die Durchsetzung von derartigen Bußgeldern ist nicht nur eine angemessene Festsetzung des möglichen Bußgeldrahmens. Dies zeigen die langjährigen Erfahrungen der Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder mit vergleichbaren Bußgeldandrohungen. Angesichts des nun bekannt gewordenen Maximalbetrages der Bußgeldandrohung und der durch unerwünschte Telefonwerbung erzielbaren erheblichen wirtschaftlichen Vorteile darf diese Angemessenheit allerdings bereits jetzt bezweifelt werden.
Mehr noch: bislang fehlen vor allem die Rahmenbedingungen für die Durchsetzung der Bußgelder. Zu diesen Rahmenbedingungen gehört, dass die entsprechenden Behörden mit genügend qualifiziertem Personal und Material ausgestattet werden, um die häufig geschickt getarnten Rechtsverletzer überhaupt erst ermitteln zu können.
Die Kosten für diesen Aufwand könnten problemlos aus den eingetriebenen Bußgeldern und Gewinnabschöpfungserlösen finanziert werden, wenn man seitens des Bundes und der Länder konsequent handeln würde.
Gleiches gilt auch für die Einführung eines bußgeldbewehrten Verbots der Rufnummernunterdrückung. Dieses Verbot ist ein entscheidendes Element, um den Verantwortlichen den Schleier der Anonymität zu entreißen. Auch hier gilt: Ein Verbot nützt nichts, wenn es nicht auch durchgesetzt wird. So wie bisher Fragen von Verbrauchern nach anrufender Person und dem für den Anruf verantwortlichen Unternehmen meist vollkommen nutzlos waren, weil praktisch immer ohne jegliche Angst vor Sanktionen gelogen werden konnte, so wird auch zukünftig die Rufnummernunterdrückung trotz - oder sogar gerade wegen - der Bußgeldbewehrung des Verbots erfolgen. Dies kann nur verhindert werden, wenn im Falle von Verstößen auch tatsächlich mit einiger Wahrscheinlichkeit die Aufdeckung der Identität des werbenden Unternehmens und eine Durchsetzung der angedrohten Bußgelder droht.

Dringend erforderlich wäre aber darüber hinaus ein "Austrocknen" der Gewinnquellen einiger besonders unseriöser Unternehmen. Die berüchtigten Gewinnzusageanrufe, die mit dem netten Sprüchlein "Sie haben gewonnen..." 0900er-Rufnummern bewerben, wird es so lange geben, bis die Bundesnetzagentur endlich die rechtliche Möglichkeiten hat, Zuteilungsnehmer, die gegen die Zuteilungsregeln verstoßen, von der zukünftigen Vergabe von Rufnummern effektiv auszuschließen. In Großbritannien wird ein ähnliches Ausschlussverfahren bereits seit Jahren praktiziert.

Es besteht daher aus Sicht des Antispam e. V. trotz richtiger Ansätze noch erheblicher Korrekturbedarf an den nun bekannt gewordenen Plänen. Damit am Ende eines Gesetzgebungsverfahrens mehr steht, als wirkungsloser Aktionismus.
(verfasst von mareike26 @ 16:17 Uhr)
http://www.antispam-ev.de
Frau Zypries hat offenbar manchmal etwas zu sehr die Wünsche der Wirtschaft im Blick
"Keiner will eine bestellte Pizza erst schriftlich bestätigen"
Ich auch nicht. Mir würde reichen, wenn bestätigte Inkompetenz bei Politiker(inne)n zur sofortigen Demission ohne Pensionsanspruch führen würde.
Siehe hier

Die Verbraucherschutzminister verständigten sich zudem auf schärfere Maßnahmen gegen unerlaubte Telefonwerbung. Über das geplante Widerspruchsrecht hinaus sollen telefonisch geschlossene Verträge erst dann rechtskräftig werden, wenn der Kunde sie schriftlich bestätigt.
Seehofer erklärte dazu in Berlin: "Wir brauchen dringend einen effektiven Schutz für die Verbraucherinnen und Verbraucher gegen belästigende und unerwünschte Telefonwerbung".


Richtig so.
 
AW: Stellungnahme des Antispam e.V.

Antispam schrieb:
..................... Zum einen ist es den unmittelbar Betroffenen derzeit praktisch kaum möglich, sich effektiv gegen diese Form der Belästigung zu wehren, weil sie die Callcenter nicht ermitteln können. Diese rufen meist mit unterdrückter Rufnummer an. Weiterhin ist zu bemängeln, dass es den Verbrauchern oft nicht einmal etwas nützt, wenn ihnen ausnahmsweise Kontaktdaten der Werbenden zur Verfügung stehen.
ich beschäftige mich ja seit einiger Zeit mit Cold Calls, - und ich muß aus eigener Erfahrung sagen, daß es hauptsächlich am gerichtsfesten Nachweis hängt. Dazu auch die Stellungnahme der Wettbewerbszentrale:
www.wettbewerbszentrale.de/media/getlivedoc.aspx?id=1267
[pdf-download]


Wenn man auf das Angebot aus Beweiszwecken eingeht, dann hat man die Grundlage für eine kostenpflichtige Abmahnung, - und das ist eine recht wirksame Methode. Das "Problem" dabei ist, daß das zunächst einen großen Aufwand für die Belästigten bedeutet. Das wird sich aber durch Gesetzesverschärfungen nicht ändern. Es geht vor allem um die Umsetzung, - und ich denke, daß Aktionen wie die Strafzahlung aus UE von Tele2 (2x 100.000 €) da durchaus Wirkung tut.

ich empfehle jedem Belästigten, eine Eidesstattliche Versicherung über den Cold Call an die WBZ zu schicken:
http://www.wettbewerbszentrale.de/media/getlivedoc.aspx?id=429
 
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