AW: Politiker drohen Amazon mit Boykott
Die "gewissenhafte" Reaktion gegen extremistische Phänomene ist verständlich, verdient ein zurückhaltendes Wohlwollen und kann dennoch kein vorbehaltloses Wohlgefallen erwecken.
Es ist äusserst zweischneidig, Gruppierungen anders Orientierter, Gepolter (nach andern Polachsen ausgerichteter) oder vielleicht gar Geschalteter in die Rolle Missverstandener, Verfolgter, Geächteter zu drängen. Ihre Exixstenz, ihr Gedankengut, ihre emotionalen Muster und ihre Gefühlswelt sind gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Realität, die von ihrer Umgebung mitbedingt und verursacht ist, ähnlich wie der Klimawandel, welcher von den Zivilisationen jeden Entwicklungsgrades bewältigt werden muss, ob nun A oder B dafür ursächlich, verantwortlich oder gar daran schuld sein soll und ob das einer "Mehrheit" oder "Minderheit" passt oder nicht.
Man soll die Schwierigkeiten, die sich aus extremen Tendenzen ergeben, im Auge behalten und sich anstrengen, bessere, attraktivere Alternativen zu den extremistischen und repressiven Modellen zu entwickeln, vorzustellen und ihre Verwirklichbarkeit nachzuweisen. Repression jeder Art bestätigt die Haltung derer, die sich in verabsolutierten, autoritären und entsprechend fundamentalistischen Ordnungskonzepten einigeln oder dann das Heil in zentaurisch destruktiv anarchistischer Entfesslung der Triebe und Gewalten suchen. Beides sind - einander scheinbar entgegengesetzte - Formen nachhaltigen Zivilisations- und Kulturverlustes.
Amazon zu boykottieren, weil sie auch Gruppierungen mit nicht leicht erträglichem Gedankengut Plattformen ermäglicht, ist keine gute Antwort auf das sperrige Gedankengut selbst, jedenfalls so lange nicht, als Amazon keine eigenmächtige, einseitige Zensur oder Bevorzugung nachzuweisen ist.