AW: Plauderei über falsche Zusammenhänge und allgemeine Mahnbescheidsfieberei
Ihre Position geändert hat z.B. die VZ Hamburg, die jetzt offiziell von Schreibseleien abrät, und auch Herr Saller von der VZ Bayern.
Die Frage ist: welche Möglichkeit hält man sich überhaupt mit "Schreibselei" offen, die man ohne sie nicht hätte? Das kann nur eine Möglichkeit sein, die an eine Frist gebunden ist.
Allzu viel kommt hier aber nicht in Betracht.
Zunächst gilt:
Schweigen im Rechtsverkehr kann nicht als "Zustimmung" gewertet werden.
Dann gilt:
- Das Bestreiten eines Vertrags ist jederzeit möglich und an keine Frist gebunden. Dies ist bei den typischen Nutzlosangeboten in aller Regel problemlos möglich, weil die beim angeblichen "Vertragsschluss" auftretenden Verstöße gegen die Informationspflichten meistens so immens sind, dass hier ein "Vertrag" für nichtig erklärt werden kann.
Hier schadet also der Verzicht auf Schreibselei überhaupt nicht. Der Vertrag kann auch im Gerichtssaal noch bestritten werden.
- Der hilfsweise Widerruf aufgrund einer fehlenden oder unwirksamen Widerrufsbelehrung ist ebenfalls nicht fristgebunden. Bei einer fehlenden Widerrufsbelehrung hat die Widerrufsfrist niemals zu laufen begonnen, und auch der immer wieder zu beobachtende Versuch der Nutzlosanbieter, über den § 312d BGB ("sofortige Inanspruchnahme der Dienstleistung") das Widerrufsrecht auszuhebeln, greift nicht, wenn es nicht vor Vertragsschluß eine wirksame Widerrufsbelehrung gegeben hat. Diese fehlt bei den typischen Nutzlosangeboten entweder ganz, oder sie ist unwirksam aufgrund grober Formfehler.
Auch hier schadet also zunächst der Verzicht auf Schreibselei überhaupt nicht. Die Möglichkeit dazu verbaut man sich damit nicht.
- Die Anfechtung wegen Irrtums bzw. wegen arglistiger Täuschung ist dagegen fristgebunden, sie ist aber ohnehin nur eine Möglichkeit, die allenfalls höchst hilfsweise in Betracht kommen würde, wenn das Bestreiten des Vertrags oder der Widerruf nicht möglich sein sollten.
Nur diese höchst hilfsweise "Hintertür" der Anfechtung verbaut man sich möglicherweise, wenn die Frist von einem Monat ("Anfechtung wegen Irrtums") bzw. 6 Monaten ("Anfechtung wegen arglistiger Täuschung") vorbei ist.
Bisher hat es jedoch in 4 Jahren Nutzlos-Kasperletheater bei Millionen von Betroffenen erst 5 echte Prozesse gegen Opfer gegeben. Alle diese Prozesse wurden von den Abzockern verloren, und bei keinem dieser Urteile ist m.W. die Anfechtung zum Tragen gekommen.
Dagegen gibt es nicht ein einziges bekanntes Verfahren, wo etwa ein Opfer deswegen verurteilt worden wäre, weil es auf Schreibselei und "Anfechtung" verzichtet hätte.
Es gibt auch keinen Beweis dafür, dass die sehr seltenen Versuchsballons einiger Mahnbescheide vermehrt bei den Opfern gestartet werden, die nicht reagiert haben.