Noch ein für den Verbraucher wichtiges Urteil

A

Anonymous

Und ein weiteres Mal gibt es ein positives Urteil...

http://www.heise.de/bin/nt.print/newsticker/data/hob-19.03.03-000/?id=3365518d&todo=print


Juristische Schlappe für 0190-Inkasso der Telekom
[19.03.2003 15:44 ]


Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die Deutsche Telekom[1] im Januar vor dem Kieler
Landgericht (LG) eine Schlappe bezüglich ihrer 0190-Inkassopraxis einstecken müssen. Sie
wollte einen Vollstreckungsbescheid gegen einen Privatkunden gerichtlich durchsetzen. Der
Kunde hatte nach eigenen Angaben innerhalb von 17 Tagen insgesamt 261 Mal ungewollt
einen 0190-Dialer der Berliner Firma Mainpean zur Einwahl genutzt, was ihn knapp 13.000
Euro kosten sollte. Das LG Kiel hob den Vollstreckungsbescheid auf und wies die Klage ab
(AZ: 11O433/02).

Das Gericht akzeptierte den Vortrag der Telekom nicht, die behauptete, durch die Nutzung
des Dialers sei ein Vertrag zustande gekommen. Die Telekom sei in der Pflicht gewesen,
eine übereinstimmende Willenserklärung darzulegen und die gewollte Einwahl mit dem
Dialer zu beweisen: "Es ist lebensfern anzunehmen, derart teure Mehrwert-Verbindungen
seien vom Beklagten bewusst als Standard-Verbindung für die tägliche Nutzung des Internet
verwendet worden, ohne einen weitergehenden Nutzen ziehen zu können. Ein
nachvollziehbarer Grund für ein solches Verhalten ist nicht erkennbar", urteilte der Richter.
Insoweit kehrte er die Beweislast um.

Der Richter begutachtete zur Urteilsfindung die entsprechenden
Einzelverbindungsnachweise des Beklagten. Daraus habe sich ergeben, "dass viele
Verbindungen zu der genannten Rufnummer eine Dauer von nur wenigen Sekunden oder
Minuten aufweisen, die offenkundig nicht der Nutzung der Mehrwertdienste gedient haben,
sondern allenfalls mit Abrufen und Versenden von E-Mails zu erklären sind." Daraus sei
"mit Sicherheit zu schließen, dass der Beklagte nicht die gesamte Zeit die Webseiten mit
entsprechendem sexuellen Inhalt genutzt hat".

Das Argument der Telekom, der Beklagte hätte sich ja mit entsprechenden Programmen
gegen ungewollten Verbindungsaufbau schützen können, schmetterte der Richter als "nicht
nachvollziehbar" ab. Gerade der ungewollte Verbindungsaufbau beinhalte keine auf
Abschluss eines Vertrags abzielende Willenserklärung. Daher könne es umgekehrt allenfalls
als Obliegenheit der Telekom angesehen werden, sich selbst vor der Entstehung nicht
vergütungspflichtiger Verbindungen zu schützen.

Erschwerend sei hinzugekommen, dass die Telekom dem Beklagten nicht den
entsprechenden Mehrwertdiensteanbieter genannt habe, damit er direkt gegen die
Forderungen gerichtliche Schritte hätte einleiten können. Der Richter hält es für nicht
nachvollziehbar, dass die Telekom "zwar die Forderungen für die Diensteanbieter einholt
und weiterleitet, jedoch nicht in der Lage ist, diese namentlich zu benennen." Dieses
Unvermögen gehe zu Lasten der Telekom.

Der für die Telekom klageführende Anwalt wies darauf hin, dass nach Auskunft der
Freiwilligen Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste (FST[2]) im maßgeblichen Zeitraum
(September 2001) keine sich selbst installierenden, unerkannt bleibenden Dialer im Umlauf
gewesen seien. Diesen Einwand hielt der Richter für irrelevant. Es sei schließlich "kaum
anzunehmen, dass ein Mehrwertdienste-Anbieter einen sich selbst installierenden Dialer
verwendet und dieses Programm der FST zur Kenntnis gibt, da deren Zweck ja auch die
Eindämmung dieser Programme ist."

Bereits im Vorfeld der Verhandlung hat der Richter die Telekom darauf hingewiesen, dass
er sie in diesem Fall in der Beweispflicht sieht. In einem heise online vorliegenden
Schriftstück an die Parteien wies er die Telekom darüber hinaus auch darauf hin, "dass
möglicherweise die Unterstützung von 0190-Anbietern, die die Einwahl auf ihre Seiten
dazu benutzen, die Anwender mit Dialer-Programmen einzudecken, auch strafrechtlich
relevant sein könnte". Insofern sei denkbar, dass die Telekom strafrechtlich in der
Verantwortung stehe, wenn sie entsprechende Schutzvorkehrungen für die Anwender nicht
vornehme.

Rechtsanwalt Jan Tonnies zeigte sich als Vertreter des Beklagten zufrieden mit dem Urteil.
Seiner Information nach sei nicht mit einer Berufung vor dem Oberlandesgericht zu rechnen.
Damit sei das Urteil bald rechtskräftig. Geführt wurde das Verfahren auf Seite der Telekom
von einem Anwalt des Heidelberger Inkasso-Büros Seiler & Kollegen. Dort war man auf
Anfrage von heise online nicht zu einer Stellungnahme bereit. Auch die Pressestelle der
Deutschen Telekom wollte sich am heutigen Mittwoch nicht zu dem Urteil äußern.
(hob[3]/c't)


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[1] http://www.telekom.de
[2] http://www.fst-ev.org/
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Der Jurist schrieb:
Grand Sen. Member
BeitragVerfasst am: Mi, 19.03.2003, 13:42

http://forum.computerbetrug.de/viewtopic.php?t=1207&postdays=0&postorder=asc&start=225

Der Jurist schrieb:
@ alle


Hier die gute Nachricht zum Tage:

Die Kieler Nachrichten berichten heute, Mittwoch, den 19. März 2003, unter http://www.kn-online.de/index.htm?PHPSESSID=4a6b0ddfe2e88a0fb669191ae5b1d11c


Beim Cybersex Virus eingefangen

Verbraucherfreundliche Entscheidung des Landgerichts Kiel: Beklagter muss nicht zahlen

Professor L. hatte wohl eher eine berufsfördernde Maßnahme im Sinn, als er seinem arbeitslosen Sohn (26) im August 2001 einen Computer mit Internet-Anschluss spendierte. Doch statt sich für ein Beschäftigungsverhältnis zu qualifizieren, verlegte sich der Junior auf den Konsum von Cybersex und fing sich beim Surfen einen Dialer-Virus ein. Die Folge: Für 261 Internet-Verbindungen innerhalb von 17 Tagen fielen über 200000 Einheiten an, die die Telekom dem Kieler im Oktober 2001 mit rund 13000 Euro in Rechnung stellte.

Weil ihre Mahnungen erfolglos blieben, versuchte die Telekom die hohen Gebühren vor Gericht zu erstreiten. Ohne Erfolg: Die 11. Zivilkammer des Kieler Landgerichts hat den Vollstreckungsbescheid gegen den Internet-Surfer aufgehoben und die Klage abgewiesen. Begründung: Die Telekom habe nicht belegen können, dass der Beklagte bewusst den kostspieligen Internetzugang über eine 0190er-Nummer auf seinem PC installierte.

Bei Nutzung dieser Rufnummer, so die Urteilsbegründung der Zivilkammer, fielen fast die 200-fachen Kosten einer üblichen Datenverbindung durch Internet-by-Call an. Es sei lebensfern anzunehmen, der Beklagte habe sich bewusst für eine derart teure Verbindung als Standardzugang für die tägliche Internet-Nutzung entschieden. Die unbewusste Einwahl führe jedoch weder zu einem Vertragsschluss noch zu einem Vergütungsanspruch der Klägerin.

Die Anwälte der Telekom hatten dagegen betont, es könne nicht Aufgabe der Klägerin sein, das Internetverhalten des jeweiligen Users zu überwachen. Es obliege jedem einzelnen Nutzer, sich mit entsprechenden Programmen selbst vor derartigen Verbindungsaufbauten zu schützen.

In die Dialer-Falle tappt möglicherweise schon, wer eine harmlos erscheinende Gruß-E-Mail öffnet, auf eine Gewinnbenachrichtigung reagiert oder eine kostenlose Wunschdatei – oft im Zusammenhang mit Sex-Angeboten – auf seinen Computer herunterlädt. Dahinter kann sich ein solches Anwahlprogramm verbergen, das per Mausklick durch den ahnungslosen Nutzer in Funktion gesetzt wird. Verbraucherschützer haben in letzter Zeit wiederholt auf die Risiken hingewiesen, gegen die man sich u.a. durch eine Sperre gegen alle 0190-Service-Nummern wappnen kann. Nähere Informationen gibt die Telekom.

Nach Auskunft der Rechtsanwaltskammer hat der Gesetzgeber inzwischen per Teledienstegesetz die Rahmenbedingungen für geschäftsmäßige Internetangebote geändert. Bei Zuwiderhandlungen drohten Anbietern bis zu 50000 Euro Bußgeld. Auch die Telefonfirmen selbst sollen demnächst in die Pflicht genommen werden: Ein Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums sieht vor, dass Nutzer künftig auf dem Bildschirm stets die Kosten der Verbindung kontrollieren können.

Die Telekom hat denn auch die verbraucherfreundliche Entscheidung des Kieler Landgerichts akzeptiert. "Die kennen die Rechtslage und wehren sich gar nicht mehr", erklärte gestern der Kieler Rechtsanwalt des 26-jährigen Internetnutzers, Jan Tönnies. Das Urteil sei rechtskräftig. gey

Leserbriefe für die Zeitung

Neu: Ihre Meinung im Internet: das Leserforum von KN-Online

Kieler Nachrichten vom 19.03.2003

Gruß
tf
 
Sorry - den vorhandenen Beitrag hatte ich übersehen

Das Urteil war also schon bekannt;
ich hatte leider nur die neuen
Themen durchgesehen, weil ich irgendwie erwartete, dass das
Urteil als "Wichtig" gekennzeichnete wäre oder in einem
eigenen Thema stünde.

Hoffentlich gibt es demnächst
noch mehr solche Urteile und
vielleicht sogar endlich strengere
Gesetze und eine strengere
Aufsichtsbehörde.
 
...wobei Mainpean überwiegend mehr oder "weniger" direkt mit der DTAG über das Töchterchen DeTeMedien zusammenarbeitet.
Mainpean hat derzeit sogar, wenn die Prahlereien von Herrn Richter stimmen, ein "Pilotprojekt" mit der DTAG in Sachen "back to the roots" laufen: Bezahlen ohne Dialer! Man kennt sich schon länger.... 8)

Gruß df
 
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