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Wenn die Politik schon den angeblich "rechtsfreien Raum Internet" kritisiert, dann sollte sie sich vermehrt auf internationaler Ebene für eine effektive Kontrolle der ICANN einsetzen.
Die ICANN ist der Dachverband der Domainregistrare. Bis vor einiger Zeit war die ICANN dem US-Handelsministerium unterstellt, aber auch da war die Aufsicht de facto nicht vorhanden. Jetzt ist die ICANN einem obskuren "internationalen Gremium aus Experten" unterstellt. Auch jetzt ist von einer effektiven Aufsicht nichts zu spüren.
Das größte Rechts- und Sicherheitsproblem des Mediums Internet ist, dass hier jeder Depp mit falschen, erfundenen Daten eine Domain anmelden kann, und dass niemand die Identität des Domainbesitzers wirklich effektiv überprüft. Vor allem die Spammer reiten seit Jahren erfolgreich auf dieser Lücke, sie registrieren ihre Vi@graaaaaa-Domains im Hunderterpack, mit irgendwelchen albernen, frei erfundenen Mickey-Maus-Daten im Registration-whois. Die sogenannten "Black-Hat"-(Schwarzhut-)Registrare arbeiten mit den Spammern zusammen und verdienen durch die Provision mit an den Domains. Auch die ICANN verdient mit daran, denn für jede registrierte Domain erhält sie Provisionsanteile vom lizenzierten Registrar.
Dabei hätte die ICANN eigentlich die Domainregistrare zu beaufsichtigen. Registrare, die immer wieder dadurch auffallen, dass sie Domains für Spammer und Phishing-Gangster registrieren, könnten von der ICANN sofort abgeklemmt werden. Die ICANN müsste dem Registrar dazu nur den Lizenzschlüssel für die Registrierung von Domains auf den DNS-Root-Servern entziehen. Das ginge in kürzester Zeit, und die rechtliche Handhabe dazu hat die ICANN. Aber sie macht es regelmäßig nicht. Das äußerste ist eine "Ermahnung" (Du, Du, Du!!!) an einen Schwarzhut, der ist dann vielleicht ein paar Monate lang etwas vorsichtiger, und seinen Part übernimmt solange ein anderer Schwarzhut, oder einfach nur sein eigener Reseller.
Kein Mensch spricht über die liberale Vergabepraxis von Internet-Domains.
Nehmen wir einmal an, man könnte in Deutschland ein KFZ-Kennzeichen bei jedem Hinterhof-Kiosk machen lassen, müsste dafür nur 5 Euro zahlen und auch keinen Ausweis und keinen KFZ-Schein vorzeigen.
Was dann auf den deutschen Straßen los wäre, das kann sich jeder ausmalen.
So etwas ging vielleicht in Zeiten von Carl-Benz' Motorkutsche, aber in Zeiten verkehrsdichter Straßen? Nein, unmöglich.
Ebenso verhält es sich im Internet. In Zeiten weiter Verbreitung des Internets und ebenso weiter Verbreitung der Online-Kriminalität (Phishing, 419-Nigeria-Scam, Shop-Betrug, Kinderporno und und und...) ist es nicht mehr angängig, dass hier jeder Depp mit frei erfundenen Kasperdaten eine Internet-Domain anmeldet. Das war vielleicht noch vor 15 Jahren praktikabel, aber diese liberale Vergabepraxis geht so einfach nicht mehr. Aber bis man das einsieht, werden wohl noch mindestens weitere 10 Jahre ins Land gehen.
Und wieso gibt es eigentlich ein verbrieftes Grundrecht auf die Vergabe von IP-Adressen? Wieso haben kriminelle osteuropäische Gangsternetzwerke ein Anrecht darauf? RIPE.net in Amsterdam ist zuständig für die Vergabe von IP-Adressen auch in Osteuropa. RIPE.net ist in Amsterdam, und Amsterdam liegt bekanntlich im Machtbereich der EU.
Wieso kümmern sich unsere allzeit dienstbeflissenen Internet-Kontrolleure nicht einmal um die lasche Vergabepraxis von RIPE? Wieso gibt es hierfür kein Kontrollgremium, keine EU-Richtlinie?