Der Jurist
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http://www.heise.de/newsticker/data/hob-08.12.03-000/
heise schrieb:eco-Verband erwägt Beschwerde über 0190-Betreiber In-telegence
Ivo Ivanov und Frank Ackermann vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco haben keinen leichten Job: Sie bearbeiten Anfragen bei der ICTF-Hotline des Verbands, bei der sich jeder über seiner Meinung nach gesetzeswidrigen Content im Internet per E-Mail beschweren kann. Unter anderem sammeln und bündeln sie Hinweise auf Spam-E-Mails. Wird in dem Werbemüll direkt oder indirekt mit einem Web-Link zur Einwahl mit teuren Mehrwertdienste-Rufnummern aufgefordert, leiten sie die Beschwerden unter anderem an den entsprechenden Nummernbetreiber weiter. In der Regel bitten sie die Unternehmen, gemäß der Gesetzeslage (Paragraf 13a TKV) die Rufnummern abzuschalten, falls der Spam-Versand nicht aufhört.
In den meisten Fällen halten sich die Unternehmen an dieses Prozedere. Ein bestimmter Betreiber aber stellt sich derzeit quer und weigert sich mit immer bizarreren Begründungen, seinen offensichtlichen Verpflichtungen nachzukommen: Das Kölner Unternehmen In-telegence bringt viele Beschwerdeführer in Rage -- so auch Ivo Ivanov vom eco-Verband. In-telegence erkennt beispielsweise entgegen vorherrschender Juristenmeinung nicht an, dass ein Link zum Download eines 0190-Dialers in einer Spam-Mail Werbung für die entsprechende Rufnummer darstellt. "Solange die 0190-Nummer nicht direkt im Text der E-Mail erwähnt ist, handelt es sich nicht um Werbung für eine von uns vergebene Nummer, sondern um eine Website, für deren Werbung der Betreiber der Site verantwortlich ist", erklärte Unternehmens-Justiziarin Silke Klaes bereits in einem Interview mit c't vor einiger Zeit.
Inzwischen hat In-telegence offensichtlich weiter an dieser Argumentation gefeilt. Jüngst erhielt der verdutzte Ivanov von dem Unternehmen folgende Antwort auf eine diesbezügliche Beschwerde: "Leider sehen wir uns außer Stande, die Maßnahmen nach §13a TKV zu ergreifen, weil in den E-Mail, die Sie uns haben zukommen lassen, keine Mehrwertdienstenummer genannt ist. Wenn ein E-Mail-Empfänger auf einen Link in einer (unverlangten) E-Mail klickt, macht er damit die E-Mail zu einer verlangten E-Mail, sodass die Voraussetzungen des Paragrafen 13a TKV nicht erfüllt sind. Wenn der E-Mail-Empfänger erst auf dieser neuen Seite eine Mehrwertdienstenummer erfährt, so ist diese Mehrwertdienstenummer nicht unverlangt zugesandt worden, vielmehr hat sich der E-Mail-Empfänger selbst auf diese Seite begeben, sodass keine Zusendung erfolgt ist."
Folgt man dieser Argumentation, ist der Verbraucher absolut wehrlos gegen Spam-Werbung für Dialer, die In-telegence-Nummern anwählen. Sobald er wissen will, welche Nummer der Dialer nutzt, um sich beschweren zu können, entzieht er sich selbst die Grundlage für seine Beschwerde, weil dann der Spam kein Spam mehr sein soll. Es darf bezweifelt werden, dass sich diese verbraucherfeindliche Auslegung der Rechtslage mit den Absichten des Gesetzgebers deckt.
Am vergangenen Freitag trudelte beim eco nun eine Antwort ein, die dieser verbraucherfeindlichen Haltung noch eins draufsetzt. Ivanov hatte In-telegence zuvor wiederholt darauf hingewiesen, dass in den vergangenen Wochen offensichtlich in mehreren Spam-Wellen zum Anruf bei einer 0190-Nummer aufgefordert wird, die das Unternehmen betreibt. Die Nummer wird in den Spam-Mails überdies ohne jeden Hinweis auf die entstehenden hohen Kosten genannt. Nach eigenen Angaben hat In-telegence den Diensteanbieter daraufhin zunächst abgemahnt. Aber nun ging Herr Ivanov der In-telegence-Rechtabsteilung wohl doch zu sehr auf die Nerven:
Der Kunde, an den die Nummer weitervermietet sei, hat laut In-telegence mitgeteilt, "dass die versandten E-Mails nicht von den Letztverantwortlichen versandt wurden beziehungsweise gar nicht für den Einsatz im Internet verwendet werden und somit auch keine Werbung mittels E-Mails -- mangels technischer Voraussetzungen -- möglich ist." Ivanov und auch eco-Rechtsanwalt Sven Karge interpretieren diesen Halbsatz so, dass der Kunde von In-telegence wohl der recht absurden Ansicht sei, Werbung für Voice-Mehrwertdienste könne man nicht über das Internet verschicken.
Weiter bittet In-telegence in dem Schreiben mit Fristsetzung um die Herausgabe der Daten desjenigen, der die Beschwerde beim eco eingereicht hat. Der Diensteanbieter wolle gegen den Beschwerdeführer mit rechtlichen Mitteln vorgehen. Außerdem möge Ivanov doch Hinweise auf Spam-Mails nur noch auf postalischem Wege und unter Verwendung des eco-Briefkopfs einreichen, denn bei "Beschwerde mittels E-Mail" sei "ein potenzielles Betrugsfeld geöffnet".
Solcherlei Schreiben sorgen derzeit beim eco dafür, dass der Geduldsfaden reißt. Im Gespräch mit heise online fand Sven Karge deutliche Worte: "Wir haben den Eindruck, dass In-telegence hier eine Verzögerungstaktik fährt und sich bewusst über den Willen des Gesetzgebers im Hinblick auf den Schutz des Verbrauchers hinwegsetzt." Ärgerlich sei dabei vor allem, "dass andere Rufnummernanbieter, also Mitbewerber von In-telegence, sich hier an die Regeln halten und Nummern gegebenenfalls kurzfristig abschalten und dadurch möglicherweise gegenüber In-telegence einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsnachteil erleiden." Daher erwäge der eco-Verband derzeit, eine formelle Beschwerde über In-telegence bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) einzureichen. (hob/c't)