Antiscammer
Sehr aktiv
Immer wieder bringen die Nutzlos-Abzocker Hinweise auf Gerichtsprozesse, die sie gewonnen haben.
Sie nennen sogar Aktenzeichen und Datum. Sie posaunen diese Urteile in den Mahnbriefen herum und bezahlen sogar Newsportale dafür, dass sie "Nachrichten" über diese "wichtigen Urteile gegen säumige Schuldner" veröffentlichen.
Was ist da dran? - Stimmt das? - Muss man da vielleicht doch zahlen?
Zunächst mal unser Rat: tief durchatmen und entspannen. Diese Urteile sind absolut kein Grund zur Beunruhigung.
Nicht bluffen lassen.
In den meisten Fällen gibt es diese Urteile zwar tatsächlich. Trotzdem tun sie nichts zur Sache, sie bedeuten nicht, dass man grundsätzlich zahlen muss.
Warum ist das so? Wie kommen diese Urteile dann zustande?
Ganz einfach. Es gibt zwei denkbare Möglichkeiten, die zu solchen Urteilen führen können (wenn wir mal ausklammern, dass es 3. natürlich auch im Internet ordnungsgemäß abgeschlossene Verträge mit korrekter Kosteninformation gibt und 4. auch Richter nur Menschen sind, es also schlicht auch mal zu Fehl-Urteilen kommt):
Die eine denkbare Möglichkeit ist, dass der Abzocker sich ein williges Opfer sucht, was sich freiwillig verurteilen lässt. Entweder als Freundschaftsdienst, oder gegen Geld (warum auch nicht, solange das niemand nachweisen kann).
Die andere denkbare Möglichkeit ist, dass das Abzockopfer - auf deutsch gesagt - einfach zu dumm war, um sich richtig zu wehren. Sogar zu dumm dazu, sich einen Anwalt zu nehmen.
Natürlich sagen solche Urteile dann überhaupt nichts zu der Sache aus, ob der Zahlungsanspruch überhaupt gerechtfertigt war, ob es überhaupt einen gültigen Vertrag gab und so weiter.
Tatsache ist: solche Prozesse sind im Vergleich zu den riesigen Millionenzahlen an Opfern, die nicht zahlen, extrem selten. Die Wahrscheinlichkeit, als Nichtzahler tatsächlich verklagt zu werden, ist wohl etwa so hoch wie die für einen 6-er im Lotto.
Wird man dann tatsächlich entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch verklagt, dann ist natürlich auch noch lange nichts verloren. Im Gegenteil: diejenigen, die sich vor dem Amtsgericht mit einem vernünftigen Anwalt gewehrt haben, wurden bisher noch niemals zur Zahlung verurteilt. Siehe dazu die Zusammenstellung bekannter Urteile gegen Abzocker:
http://www.antispam-ev.de/wiki/FAQ:...den_Abzockern_verlorene_Prozesse_gegen_Opfer:
Die Verteidigung gegen so eine windige Abzockerklage sollte jeder Rechtsanwalt auf die Reihe bringen, man braucht dafür sicher keinen Fachanwalt. Das ist einfaches Vertrags- und Verbraucherrecht.
Wie ist es aber möglich, dass man sich als Opfer "mit Gewalt" verurteilen lässt?
So dumm kann man doch gar nicht sein, und selbst, wenn es Absicht ist: der Richter muss das doch merken?
Tja. Natürlich merkt das der Richter, aber es gibt im Prozessrecht Situationen, wo der Richter gar nicht anders urteilen kann, obwohl er vielleicht sogar bei sich genau weiß, dass die Sache vorne und hinten faul ist.
Wenn man wissen will, wie das geht, dann muss man sich erst einmal eine Tasse Kaffee oder Tee bereitstellen, sich einen klaren Kopf und eine ruhige Minute verschaffen. Und dann muss man sich ein bißchen mit dem deutschen Prozessrecht befassen.
Das ist eigentlich gar nicht so schwer, man muss dazu nur ein paar Begriffe aus dem deutschen Prozessrecht kennen.
Dazu kommen wir jetzt im einzelnen.
Die Beibringungspflicht
Jede Partei in einem Zivilprozess ist selbst dafür zuständig, Einwendungen sowie entlastende oder beweisende Materialien vorzubringen. Das nennt sich "Beibringungsgrundsatz".
Wenn ein Kläger eine Behauptung aufstellt und der Beklagte diese aus irgendeinem Grund nicht bestreitet, dann kann diese Behauptung noch so falsch sein, sie gilt als zugestanden. Das Gericht muss das dann als "unstrittige Tatsache" seiner Entscheidung zugrunde legen - weil der Beklagte sich eben nicht gegen die Behauptung gewehrt hat. Dabei muss dann der Kläger nicht einmal mehr beweisen, dass die Behauptung zutrifft. Das muss er nur, wenn der Beklagte die Behauptung bestreitet.
Das aber ist wichtig - sonst hat der Beklagte gleich verloren.
Die Beweislast
Damit kommen wir zur Beweislast. Die Beweislast im Zivilprozess hat i.d.R. derjenige, der sich auf die für ihn günstigen Tatsachen beruft. Aber eben erst dann - und das haben wir eben gelernt - wenn der Beklagte den Vortrag des Klägers bestreitet. Dann muss der Kläger allerdings "Butter bei die Fische" tun.
Er muss dann dem Richter versuchen, glaubhaft zu machen:
All das ist gar nicht so einfach, wie der Abzocker das immer gern behauptet.
Bei einem typischen Abzockangebot wird sich immer mindestens eins dieser Dinge vom Beklagten erfolgreich bestreiten lassen.
Weil diese Beweisführung für den Nutzlos-Abzocker in aller Regel unmöglich ist, haben die Abzocker auch bisher die echten, ehrlich geführten Prozesse immer verloren.
Beweisprobleme
Im Prozess wird der Abzocker vermutlich einen Ausdruck einer "Logdatei" vorlegen. Diese Logdatei zeigt einen sogenannten "Zeitstempel" (Timestamp) und eine IP-Adresse, unter der sich das Opfer angeblich angemeldet haben soll, angeblich mit den dabei übermittelten Daten. Der Richter könnte nun anhand seiner dürftigen Erfahrung mit dem Internet davon ausgehen, dass nach menschlichem Ermessen tatsächlich der Beklagte die Anmeldung vorgenommen hat.
Wenn der Beklagte nun gegen diesen Vortrag nichts vorbringt, dann gilt dies als "zugestanden", zu Gunsten des Klägers. Nach dem "Beibringungsgrundsatz" (siehe oben) müsste der Beklagte jetzt Argumente vorbringen, die diesen Vortrag "erschüttern", ihn entkräften.
Wenn der Beklagte sich tatsächlich dort nicht angemeldet hat, dann dürfte er bestreiten, zu dem betreffenden Zeitpunkt mit der betreffenden IP-Adresse auf der Webseite des Klägers gesurft zu haben. Wer auch immer die Anmeldung dort vorgenommen habe: der Beklagte sei es nicht gewesen, es könne grundsätzlich jedermann gewesen sein, der bei dem betreffenden Provider einen Internetzugang hat. (Ganz eindeutig liegt der Fall dann, wenn der Beklagte selbst einen ganz anderen Provider hat.) Der Abzocker betreibe ein unsicheres Anmeldeskript ohne nachträgliche Rückbestätigung per e-Mail, auf dieser "Anmeldung" könne sich jeder für jeden ausgeben.
Damit wäre der schöne Vortrag des Abzockers subtantiiert bestritten. Jetzt wäre der Abzocker wieder am Zug, er müsste beweisen, dass der Beklagte zu dem Zeitpunkt die betreffende IP-Adresse hatte und sich im Internet auf seiner Seite angemeldet hat.
In aller Regel ein hoffnungsloses Unterfangen für ihn. Denn dazu müsste er erst einmal die Logdaten des Internetproviders bekommen. Der darf die Daten aber nur bei Ermittlungen in einem schweren Strafverfahren herausrücken.
Aber es ist eben auch so: solange der Beklagte treu, brav und bieder sich alles gefallen lässt, was der Kläger an "Beweismitteln"bringt, und solange er nichts sagt, was diese Beweise erschüttert, hat er schlechte Karten. Er bzw. sein Anwalt muss sich schon darum kümmern. Eine Verteidigung "von allein" gibt es nicht.
Wenn sich der Beklagte tatsächlich auf der Webseite angemeldet hat (weil er einen Kostenhinweis nicht gesehen hat), dann wird der Abzocker behaupten, dass der Preishinweis deutlich zu sehen gewesen sei. Auch diese Behauptung braucht der Beklagte nicht einfach widerspruchslos hinzunehmen und sollte dies bestreiten. Ein sogenanntes "Bestreiten mit Nichtwissen" ist schon
dann prozessual zulässig, wenn der Beklagte sich an einen Kostenhinweis nicht erinnern kann. Wenn der Kläger dann einen "Screenshot", eine Bildschirmkopie der Anmeldeseite mit deutlich zu sehendem Preishinweis präsentiert, dann kann der Beklagte unter Hinweis auf diesen Artikel:
bestreiten, dass die Webseite tatsächlich so ausgesehen hat. Webseiten können sich im Minutentakt ändern, dies sollte im Streitfall vor Gericht auch so vorgebracht werden. Danach müsste dann der Kläger beweisen, dass die Webseite zum Zeitpunkt der Anmeldung genau so ausgesehen hat, wie auf seinem Ausdruck, und dass die Anmeldung auch wirklich auf dieser Seite erfolgt ist. Auch diese Beweisführung ist für den Abzocker i.d.R. schwer bzw. unmöglich.
Das Anerkenntnisurteil
Das Zivilprozessrecht bietet die Möglichkeit, dass ein Beklagter, der freiwillig zahlt, hinterher dafür mit niedrigeren Gerichtskosten aus der Sache rauskommt. Wenn der Beklagte also meint, in einer so schlechten Lage zu sein, dass er ohnehin keine Chance hat, dann gibt er zu, dass dem Kläger das Geld zusteht.
Dann ist es aber so, dass das Gericht nicht mehr "in der Sache prüfen" darf. Das heißt: in dem Moment, wo der Beklagte die Forderung anerkennt, ist es völlig wurst, ob von der Sache her der Anspruch berechtigt war oder nicht. Auch, wenn der Beklagte eine völlig falsche Sache anerkennt, dann darf das Gericht den Anspruch in der Sache nicht mehr prüfen, sondern es muss dann ein Anerkenntnisurteil sprechen. Auch wenn das Urteil dann (vom Gerechtigkeitsstandpunkt...) 100-mal falsch ist, auch, wenn der Richter das sicher weiß. Er hat keine andere Möglichkeit, er darf nicht anders urteilen.
Vorteil für den Beklagten ist, wie gesagt, dass er sich einen teureren Urteilsspruch sparen kann. Sinnvoll ist das natürlich nur in sowieso aussichtsloser Lage.
Allerdings kann man sich fragen, warum der Beklagte es dann überhaupt auf einen Prozess hat ankommen lassen. Konsequenterweise hätte er entweder vorher schon zahlen sollen - oder aber er hätte, wenn er der Meinung ist, dem Kläger steht das Geld nicht zu, dann aber auch bei seinem Standpunkt bleiben und den Prozess durchziehen müssen. Und in einem ehrlich geführten, vernünftig verteidigten Abzockerprozess würde er dann auch höchst wahrscheinlich nicht verurteilt werden.
Kurzum: ein Anerkenntnisurteil ist eigentlich immer ein Zeichen dafür, dass grobe taktische Fehler gemacht wurden. Aus Dummheit oder mit Absicht.
Natürlich lässt sich prinzipiell so ein Anerkenntnisurteil auch kaufen. Wenn der Beklagte ein Freund oder Bekannter des Abzockers ist, oder einen Deal mit dem gemacht hat: selbst wenn der Richter das weiß, kann niemand etwas gegen dieses Urteil tun. Das Urteil steht dann halt genau so im Raum, wie ein Kuhfladen auf der Wiese liegt. Dampfend und stinkend, mit grün schillernden Schmeißfliegen, die darum herumsurren.
Das ist so wie ein Fußballspiel, wo bei einer Mannschaft freiwillig 10 von 11 Spieler vom Platz gehen, und wo nur der Torwart allein auf verlassenem Posten steht. Das Spiel endet - oh Wunder, wer hätte das gedacht - 147 zu 0. Und dafür braucht man keine Bundesligaspieler, da reichen 11 alte Herren mit kaputten Hüften, die Hälfte davon am Krückstock.
Diese Urteile besagen darum allesamt überhaupt nichts zur Sache, ob der Anspruch an sich begründet war oder nicht.
Das Versäumnisurteil
So etwas ist ganz einfach zu erklären.
Das ist so, wie wenn man zu einem Wettlauf mit einer Schnecke verabredet ist, aber an dem Tag unentschuldigt fehlt. Der Wettlauf findet dann trotzdem statt, die Schnecke tritt allein an - und ist "als erste im Ziel" und gewinnt (oh Wunder, juchuuu ). Aber dann kann man sich hinterher auch nicht beschweren, dass man ja eigentlich gewonnen hätte, weil man ja eigentlich doch der schnellste ist. Zählt nicht, man war nicht da - basta. Verloren.
Genau so ist das im Zivilprozess.
Wenn man als Beklagter (ohne Entschuldigung) nicht zum Prozesstermin erscheint (und der eigene Anwalt auch nicht), dann hat das Gericht keine andere Möglichkeit, als ohne Berücksichtigung der Einwendungen des Beklagten zu entscheiden. Der gesamte klägerische Vortrag gilt als zugestanden, selbst wenn vorher umfangreich geschrieben wurde. Das Gericht muss dann nach den vorliegenden Behauptungen des Klägers entscheiden. Wenn diese Behauptungen -als wahr unterstellt- den Anspruch tragen dann muss das Gericht eben genau diesem Antrag stattgeben. Das Gericht darf dann auch den Antrag nicht umfangreich in der Sache prüfen, sondern muss ihn "durchwinken", wenn er schlüssig ist.
Auch hier ist es so wie beim Anerkenntnisurteil: es kann eigentlich nur aus Gründen von Dummheit oder Absicht zu so einem Versäumnisurteil kommen.
Das vereinfachte Verfahren
Aus Gründen der Verfahrenserleichterung ist es möglich, dass bei niedrigen Streitwerten (unter 600 Euro) die Sache ohne mündliche Verhandlung im vereinfachten Verfahren entschieden wird.
Aber das geht nur unter folgenden Voraussetzungen:
Dann wird "nach Aktenlage" entschieden, das bedeutet: der Richter guckt sich die Schriftsätze, insbesondere Klageantrag und die Klageerwiderung an, und entscheidet dann im stillen Kämmerlein. Besonders schlecht ist es natürlich dann, wenn der Beklagte keine Erwiderung geschrieben hatte. Im Effekt entspricht das dann ungefähr einem "Versäumnisurteil".
Schon, wenn aber der Beklagte (oder sein Anwalt) das mündliche Verfahren beantragt haben, geht das nicht mehr, und es muss eine mündliche Verhandlung stattfinden, so wie das ja auch üblich ist. Und dann muss der Kläger - wie oben erklärt - "Butter bei die Fische tun" und erst einmal seinen vermeintlichen Anspruch begründen.
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Kommen wir jetzt beispielhaft zu einigen dieser "Trophäenurteilen" von Nutzlosanbietern.
AG Tuttlingen 1 C 815/09 vom 09.02.2010
http://www.deutsche-zentral-inkasso.de/urteil_opm_1 C 815_09 L2G.php
Hier handelt es sich um ein Anerkenntnisurteil.
Auf die Behauptung des Klägers, es sei ein ordnungsgemäßer Vertrag zustandegekommen, und der Preis sei sofort sichtbar gewesen, hat die Beklagte möglicherweise keine oder nur unqualifizierte Einwände geltend gemacht. Bei einem Anerkenntnisurteil steht darüber jedenfalls nichts im Urteilstext, über das, was in der Verhandlung wirklich vorgegangen war, kann man aufgrund des knappen Protokoll nur spekulieren.
Auffallend ist hier übrigens auch, dass in dem Urteilsspruch nicht von außergerichtlichen Inkassokosten die Rede ist.
Das gibt zur Nachdenklichkeit Anlass. Hat der Kläger auf diese Erstattung der Kosten freiwillig verzichtet? - Wohl doch kaum. Oder wurde tatsächlich gar kein Inkassobüro beauftragt? Wie das? Es wird doch sonst immer etliche Male gemahnt, trotz Widerspruch. War hier die DZI nicht außergerichtlich tätig? Obwohl die aber doch selbst das Urteil hochgeladen haben. Oder verzichteten die hier großherzig auf die Erstattung der Inkassokosten? Fragen über Fragen...
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AG Tübingen 3 C 1428/09
http://www.deutsche-zentral-inkasso.de/downloads/3 C 1428_09 d2u.pdf
Urteil (abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Hier wurde im vereinfachten Verfahren nach § 495a ZPO entschieden.
Also: kein mündliches Verfahren in der Klageerwiderung beantragt - schon mal der erste Fehler. Das ist schon mal wie ein freiwilliges Damenopfer beim Schachspiel.
Der Urteilsspruch liest sich so, als wäre er direkt vom Klageantrag abgeschrieben. Also gab es keine oder nur eine unqualifizierte Einwendung der Beklagten - denn sonst müsste etwas dazu im Urteilstext stehen, und es müsste dort stehen, warum den Einwänden der Beklagten nicht stattgegeben wurde. Es wurde also nicht bestritten, dass der Preishinweis deutlich und sofort sichtbar war. Es wurde nicht einmal versucht, die fehlende Widerrufsbelehrung zu bemängeln. Das Gericht hat die Widerrufsbelehrung in den AGB als gültige Widerrufsbelehrung durchgehen lassen. Das lässt den Schluss zu, dass die Beklagte nicht einmal den Einwand gebracht hat, keine gültige Widerrufsbelehrung erhalten zu haben. Es wurde nicht ein einziger vernünftiger Einwand gegen die Forderung geltend gemacht.
Wenn aber kein Einwand gegen eine Behauptung bzw. Forderung geltend gemacht wird, dann darf das Gericht sich z.B. nicht mal die Webseite anschauen und eine eigene Beurteilung vornehmen, sondern es muss dann der Behauptung des Klägers einfach folgen. D.h: grober Verstoß gegen den Beibringungsgrundsatz. Wie ein Schachspiel, in dem Weiß freiwillig "10 Züge lang aussetzt", und Schwarz gewinnt (oh Wunder, juchuuu, Schwarz ist Schachweltmeister ).
Eigentlich keine große Leistung für den Nutzlosen.
Auch hier stehen im Urteilsspruch keine Mahnkosten, keine Inkassokosten, keine Kosten für einen Mahnbescheid - nur Verzugszinsen.
Seltsam.
Abgesehen vom Prozessrechts ist es ein inhaltlich schlicht falsches Urteil. Denn es geht um eine Anmeldung am 21.09.2009. Seit 04.08.2009 gilt aber das extra zum Schutz der Verbraucher gegen "Abofallen" geschaffene "neue" Fernabsatzrecht. Das Widerrufsrecht kann nun erst nach beiderseitiger vollständiger Erfüllung des Vertrages erlöschen - was das AG Tübingen am 20.02.2010 übersehen und deswegen falsch nach "altem" Recht entschieden hat.
Wie auch immer man selbst für sich dazu steht - eins steht fest: diese Urteile besagen jedenfalls nicht, dass man bei den Nutzlosfallen grundsätzlich zu zahlen hat. Prozesse sind extremst selten,
und verurteilt wird nur, wer grobe Fehler macht oder sich mit Absicht verurteilen lässt.
Sie nennen sogar Aktenzeichen und Datum. Sie posaunen diese Urteile in den Mahnbriefen herum und bezahlen sogar Newsportale dafür, dass sie "Nachrichten" über diese "wichtigen Urteile gegen säumige Schuldner" veröffentlichen.
Was ist da dran? - Stimmt das? - Muss man da vielleicht doch zahlen?
Zunächst mal unser Rat: tief durchatmen und entspannen. Diese Urteile sind absolut kein Grund zur Beunruhigung.
Nicht bluffen lassen.
In den meisten Fällen gibt es diese Urteile zwar tatsächlich. Trotzdem tun sie nichts zur Sache, sie bedeuten nicht, dass man grundsätzlich zahlen muss.
Warum ist das so? Wie kommen diese Urteile dann zustande?
Ganz einfach. Es gibt zwei denkbare Möglichkeiten, die zu solchen Urteilen führen können (wenn wir mal ausklammern, dass es 3. natürlich auch im Internet ordnungsgemäß abgeschlossene Verträge mit korrekter Kosteninformation gibt und 4. auch Richter nur Menschen sind, es also schlicht auch mal zu Fehl-Urteilen kommt):
Die eine denkbare Möglichkeit ist, dass der Abzocker sich ein williges Opfer sucht, was sich freiwillig verurteilen lässt. Entweder als Freundschaftsdienst, oder gegen Geld (warum auch nicht, solange das niemand nachweisen kann).
Die andere denkbare Möglichkeit ist, dass das Abzockopfer - auf deutsch gesagt - einfach zu dumm war, um sich richtig zu wehren. Sogar zu dumm dazu, sich einen Anwalt zu nehmen.
Natürlich sagen solche Urteile dann überhaupt nichts zu der Sache aus, ob der Zahlungsanspruch überhaupt gerechtfertigt war, ob es überhaupt einen gültigen Vertrag gab und so weiter.
Tatsache ist: solche Prozesse sind im Vergleich zu den riesigen Millionenzahlen an Opfern, die nicht zahlen, extrem selten. Die Wahrscheinlichkeit, als Nichtzahler tatsächlich verklagt zu werden, ist wohl etwa so hoch wie die für einen 6-er im Lotto.
Wird man dann tatsächlich entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch verklagt, dann ist natürlich auch noch lange nichts verloren. Im Gegenteil: diejenigen, die sich vor dem Amtsgericht mit einem vernünftigen Anwalt gewehrt haben, wurden bisher noch niemals zur Zahlung verurteilt. Siehe dazu die Zusammenstellung bekannter Urteile gegen Abzocker:
http://www.antispam-ev.de/wiki/FAQ:...den_Abzockern_verlorene_Prozesse_gegen_Opfer:
Die Verteidigung gegen so eine windige Abzockerklage sollte jeder Rechtsanwalt auf die Reihe bringen, man braucht dafür sicher keinen Fachanwalt. Das ist einfaches Vertrags- und Verbraucherrecht.
Wie ist es aber möglich, dass man sich als Opfer "mit Gewalt" verurteilen lässt?
So dumm kann man doch gar nicht sein, und selbst, wenn es Absicht ist: der Richter muss das doch merken?
Tja. Natürlich merkt das der Richter, aber es gibt im Prozessrecht Situationen, wo der Richter gar nicht anders urteilen kann, obwohl er vielleicht sogar bei sich genau weiß, dass die Sache vorne und hinten faul ist.
Wenn man wissen will, wie das geht, dann muss man sich erst einmal eine Tasse Kaffee oder Tee bereitstellen, sich einen klaren Kopf und eine ruhige Minute verschaffen. Und dann muss man sich ein bißchen mit dem deutschen Prozessrecht befassen.
Das ist eigentlich gar nicht so schwer, man muss dazu nur ein paar Begriffe aus dem deutschen Prozessrecht kennen.
Dazu kommen wir jetzt im einzelnen.
Die Beibringungspflicht
Jede Partei in einem Zivilprozess ist selbst dafür zuständig, Einwendungen sowie entlastende oder beweisende Materialien vorzubringen. Das nennt sich "Beibringungsgrundsatz".
Wenn ein Kläger eine Behauptung aufstellt und der Beklagte diese aus irgendeinem Grund nicht bestreitet, dann kann diese Behauptung noch so falsch sein, sie gilt als zugestanden. Das Gericht muss das dann als "unstrittige Tatsache" seiner Entscheidung zugrunde legen - weil der Beklagte sich eben nicht gegen die Behauptung gewehrt hat. Dabei muss dann der Kläger nicht einmal mehr beweisen, dass die Behauptung zutrifft. Das muss er nur, wenn der Beklagte die Behauptung bestreitet.
Das aber ist wichtig - sonst hat der Beklagte gleich verloren.
Die Beweislast
Damit kommen wir zur Beweislast. Die Beweislast im Zivilprozess hat i.d.R. derjenige, der sich auf die für ihn günstigen Tatsachen beruft. Aber eben erst dann - und das haben wir eben gelernt - wenn der Beklagte den Vortrag des Klägers bestreitet. Dann muss der Kläger allerdings "Butter bei die Fische" tun.
Er muss dann dem Richter versuchen, glaubhaft zu machen:
- Dass der Beklagte (und niemand sonst) sich auf seiner Seite angemeldet hat
- Dass auf dieser Seite das Angebot klar und eindeutig beschrieben war (was wurde da überhaupt bestellt?)
- Dass der Beklagte auf der Webseite eindeutig und sofort erkennbar den Preishinweis sehen konnte, optisch im direkten Bezug zum Angebot, nicht in Kleinschrift dunkelgrau auf hellgrau etc.etc.
- Dass der Kläger also tatsächlich glauben durfte, dass der Beklagte kostenpflichtig das buchen wollte was angeboten wurde
- Dass der Beklagte unmissverständlich die Bestellung abgegeben hat
- Dass der Beklagte in einem weiteren Schritt über eine Bestätigungs-Mail den Zugang auf die Dienstleistung freigeschaltet hat (denn wie soll die Person desjenigen, der bestellt hat, anders identifiziert werden; es könnte sonst jeder auf der Welt gewesen sein...)
- Dass der Beklagte über das Widerrufsrecht belehrt wurde (in Textform mit Ausdruck am Computer oder dauerhaft gespeichert. AGB auf Webseite reicht nicht)
All das ist gar nicht so einfach, wie der Abzocker das immer gern behauptet.
Bei einem typischen Abzockangebot wird sich immer mindestens eins dieser Dinge vom Beklagten erfolgreich bestreiten lassen.
Weil diese Beweisführung für den Nutzlos-Abzocker in aller Regel unmöglich ist, haben die Abzocker auch bisher die echten, ehrlich geführten Prozesse immer verloren.
Beweisprobleme
Im Prozess wird der Abzocker vermutlich einen Ausdruck einer "Logdatei" vorlegen. Diese Logdatei zeigt einen sogenannten "Zeitstempel" (Timestamp) und eine IP-Adresse, unter der sich das Opfer angeblich angemeldet haben soll, angeblich mit den dabei übermittelten Daten. Der Richter könnte nun anhand seiner dürftigen Erfahrung mit dem Internet davon ausgehen, dass nach menschlichem Ermessen tatsächlich der Beklagte die Anmeldung vorgenommen hat.
Wenn der Beklagte nun gegen diesen Vortrag nichts vorbringt, dann gilt dies als "zugestanden", zu Gunsten des Klägers. Nach dem "Beibringungsgrundsatz" (siehe oben) müsste der Beklagte jetzt Argumente vorbringen, die diesen Vortrag "erschüttern", ihn entkräften.
Wenn der Beklagte sich tatsächlich dort nicht angemeldet hat, dann dürfte er bestreiten, zu dem betreffenden Zeitpunkt mit der betreffenden IP-Adresse auf der Webseite des Klägers gesurft zu haben. Wer auch immer die Anmeldung dort vorgenommen habe: der Beklagte sei es nicht gewesen, es könne grundsätzlich jedermann gewesen sein, der bei dem betreffenden Provider einen Internetzugang hat. (Ganz eindeutig liegt der Fall dann, wenn der Beklagte selbst einen ganz anderen Provider hat.) Der Abzocker betreibe ein unsicheres Anmeldeskript ohne nachträgliche Rückbestätigung per e-Mail, auf dieser "Anmeldung" könne sich jeder für jeden ausgeben.
Damit wäre der schöne Vortrag des Abzockers subtantiiert bestritten. Jetzt wäre der Abzocker wieder am Zug, er müsste beweisen, dass der Beklagte zu dem Zeitpunkt die betreffende IP-Adresse hatte und sich im Internet auf seiner Seite angemeldet hat.
In aller Regel ein hoffnungsloses Unterfangen für ihn. Denn dazu müsste er erst einmal die Logdaten des Internetproviders bekommen. Der darf die Daten aber nur bei Ermittlungen in einem schweren Strafverfahren herausrücken.
Aber es ist eben auch so: solange der Beklagte treu, brav und bieder sich alles gefallen lässt, was der Kläger an "Beweismitteln"bringt, und solange er nichts sagt, was diese Beweise erschüttert, hat er schlechte Karten. Er bzw. sein Anwalt muss sich schon darum kümmern. Eine Verteidigung "von allein" gibt es nicht.
Wenn sich der Beklagte tatsächlich auf der Webseite angemeldet hat (weil er einen Kostenhinweis nicht gesehen hat), dann wird der Abzocker behaupten, dass der Preishinweis deutlich zu sehen gewesen sei. Auch diese Behauptung braucht der Beklagte nicht einfach widerspruchslos hinzunehmen und sollte dies bestreiten. Ein sogenanntes "Bestreiten mit Nichtwissen" ist schon
dann prozessual zulässig, wenn der Beklagte sich an einen Kostenhinweis nicht erinnern kann. Wenn der Kläger dann einen "Screenshot", eine Bildschirmkopie der Anmeldeseite mit deutlich zu sehendem Preishinweis präsentiert, dann kann der Beklagte unter Hinweis auf diesen Artikel:
bestreiten, dass die Webseite tatsächlich so ausgesehen hat. Webseiten können sich im Minutentakt ändern, dies sollte im Streitfall vor Gericht auch so vorgebracht werden. Danach müsste dann der Kläger beweisen, dass die Webseite zum Zeitpunkt der Anmeldung genau so ausgesehen hat, wie auf seinem Ausdruck, und dass die Anmeldung auch wirklich auf dieser Seite erfolgt ist. Auch diese Beweisführung ist für den Abzocker i.d.R. schwer bzw. unmöglich.
Das Anerkenntnisurteil
Das Zivilprozessrecht bietet die Möglichkeit, dass ein Beklagter, der freiwillig zahlt, hinterher dafür mit niedrigeren Gerichtskosten aus der Sache rauskommt. Wenn der Beklagte also meint, in einer so schlechten Lage zu sein, dass er ohnehin keine Chance hat, dann gibt er zu, dass dem Kläger das Geld zusteht.
Dann ist es aber so, dass das Gericht nicht mehr "in der Sache prüfen" darf. Das heißt: in dem Moment, wo der Beklagte die Forderung anerkennt, ist es völlig wurst, ob von der Sache her der Anspruch berechtigt war oder nicht. Auch, wenn der Beklagte eine völlig falsche Sache anerkennt, dann darf das Gericht den Anspruch in der Sache nicht mehr prüfen, sondern es muss dann ein Anerkenntnisurteil sprechen. Auch wenn das Urteil dann (vom Gerechtigkeitsstandpunkt...) 100-mal falsch ist, auch, wenn der Richter das sicher weiß. Er hat keine andere Möglichkeit, er darf nicht anders urteilen.
Vorteil für den Beklagten ist, wie gesagt, dass er sich einen teureren Urteilsspruch sparen kann. Sinnvoll ist das natürlich nur in sowieso aussichtsloser Lage.
Allerdings kann man sich fragen, warum der Beklagte es dann überhaupt auf einen Prozess hat ankommen lassen. Konsequenterweise hätte er entweder vorher schon zahlen sollen - oder aber er hätte, wenn er der Meinung ist, dem Kläger steht das Geld nicht zu, dann aber auch bei seinem Standpunkt bleiben und den Prozess durchziehen müssen. Und in einem ehrlich geführten, vernünftig verteidigten Abzockerprozess würde er dann auch höchst wahrscheinlich nicht verurteilt werden.
Kurzum: ein Anerkenntnisurteil ist eigentlich immer ein Zeichen dafür, dass grobe taktische Fehler gemacht wurden. Aus Dummheit oder mit Absicht.
Natürlich lässt sich prinzipiell so ein Anerkenntnisurteil auch kaufen. Wenn der Beklagte ein Freund oder Bekannter des Abzockers ist, oder einen Deal mit dem gemacht hat: selbst wenn der Richter das weiß, kann niemand etwas gegen dieses Urteil tun. Das Urteil steht dann halt genau so im Raum, wie ein Kuhfladen auf der Wiese liegt. Dampfend und stinkend, mit grün schillernden Schmeißfliegen, die darum herumsurren.
Das ist so wie ein Fußballspiel, wo bei einer Mannschaft freiwillig 10 von 11 Spieler vom Platz gehen, und wo nur der Torwart allein auf verlassenem Posten steht. Das Spiel endet - oh Wunder, wer hätte das gedacht - 147 zu 0. Und dafür braucht man keine Bundesligaspieler, da reichen 11 alte Herren mit kaputten Hüften, die Hälfte davon am Krückstock.
Diese Urteile besagen darum allesamt überhaupt nichts zur Sache, ob der Anspruch an sich begründet war oder nicht.
Das Versäumnisurteil
So etwas ist ganz einfach zu erklären.
Das ist so, wie wenn man zu einem Wettlauf mit einer Schnecke verabredet ist, aber an dem Tag unentschuldigt fehlt. Der Wettlauf findet dann trotzdem statt, die Schnecke tritt allein an - und ist "als erste im Ziel" und gewinnt (oh Wunder, juchuuu ). Aber dann kann man sich hinterher auch nicht beschweren, dass man ja eigentlich gewonnen hätte, weil man ja eigentlich doch der schnellste ist. Zählt nicht, man war nicht da - basta. Verloren.
Genau so ist das im Zivilprozess.
Wenn man als Beklagter (ohne Entschuldigung) nicht zum Prozesstermin erscheint (und der eigene Anwalt auch nicht), dann hat das Gericht keine andere Möglichkeit, als ohne Berücksichtigung der Einwendungen des Beklagten zu entscheiden. Der gesamte klägerische Vortrag gilt als zugestanden, selbst wenn vorher umfangreich geschrieben wurde. Das Gericht muss dann nach den vorliegenden Behauptungen des Klägers entscheiden. Wenn diese Behauptungen -als wahr unterstellt- den Anspruch tragen dann muss das Gericht eben genau diesem Antrag stattgeben. Das Gericht darf dann auch den Antrag nicht umfangreich in der Sache prüfen, sondern muss ihn "durchwinken", wenn er schlüssig ist.
Auch hier ist es so wie beim Anerkenntnisurteil: es kann eigentlich nur aus Gründen von Dummheit oder Absicht zu so einem Versäumnisurteil kommen.
Das vereinfachte Verfahren
Aus Gründen der Verfahrenserleichterung ist es möglich, dass bei niedrigen Streitwerten (unter 600 Euro) die Sache ohne mündliche Verhandlung im vereinfachten Verfahren entschieden wird.
Aber das geht nur unter folgenden Voraussetzungen:
- Der Richter hat nach eigenem Ermessen bestimmt, dass im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, und
- der Beklagte hat nicht beantragt, dass nur nach mündlicher Verhandlung entschieden werden soll.
Dann wird "nach Aktenlage" entschieden, das bedeutet: der Richter guckt sich die Schriftsätze, insbesondere Klageantrag und die Klageerwiderung an, und entscheidet dann im stillen Kämmerlein. Besonders schlecht ist es natürlich dann, wenn der Beklagte keine Erwiderung geschrieben hatte. Im Effekt entspricht das dann ungefähr einem "Versäumnisurteil".
Schon, wenn aber der Beklagte (oder sein Anwalt) das mündliche Verfahren beantragt haben, geht das nicht mehr, und es muss eine mündliche Verhandlung stattfinden, so wie das ja auch üblich ist. Und dann muss der Kläger - wie oben erklärt - "Butter bei die Fische tun" und erst einmal seinen vermeintlichen Anspruch begründen.
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Kommen wir jetzt beispielhaft zu einigen dieser "Trophäenurteilen" von Nutzlosanbietern.
AG Tuttlingen 1 C 815/09 vom 09.02.2010
http://www.deutsche-zentral-inkasso.de/urteil_opm_1 C 815_09 L2G.php
Hier handelt es sich um ein Anerkenntnisurteil.
Auf die Behauptung des Klägers, es sei ein ordnungsgemäßer Vertrag zustandegekommen, und der Preis sei sofort sichtbar gewesen, hat die Beklagte möglicherweise keine oder nur unqualifizierte Einwände geltend gemacht. Bei einem Anerkenntnisurteil steht darüber jedenfalls nichts im Urteilstext, über das, was in der Verhandlung wirklich vorgegangen war, kann man aufgrund des knappen Protokoll nur spekulieren.
Auffallend ist hier übrigens auch, dass in dem Urteilsspruch nicht von außergerichtlichen Inkassokosten die Rede ist.
Das gibt zur Nachdenklichkeit Anlass. Hat der Kläger auf diese Erstattung der Kosten freiwillig verzichtet? - Wohl doch kaum. Oder wurde tatsächlich gar kein Inkassobüro beauftragt? Wie das? Es wird doch sonst immer etliche Male gemahnt, trotz Widerspruch. War hier die DZI nicht außergerichtlich tätig? Obwohl die aber doch selbst das Urteil hochgeladen haben. Oder verzichteten die hier großherzig auf die Erstattung der Inkassokosten? Fragen über Fragen...
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AG Tübingen 3 C 1428/09
http://www.deutsche-zentral-inkasso.de/downloads/3 C 1428_09 d2u.pdf
Urteil (abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Hier wurde im vereinfachten Verfahren nach § 495a ZPO entschieden.
Also: kein mündliches Verfahren in der Klageerwiderung beantragt - schon mal der erste Fehler. Das ist schon mal wie ein freiwilliges Damenopfer beim Schachspiel.
Der Urteilsspruch liest sich so, als wäre er direkt vom Klageantrag abgeschrieben. Also gab es keine oder nur eine unqualifizierte Einwendung der Beklagten - denn sonst müsste etwas dazu im Urteilstext stehen, und es müsste dort stehen, warum den Einwänden der Beklagten nicht stattgegeben wurde. Es wurde also nicht bestritten, dass der Preishinweis deutlich und sofort sichtbar war. Es wurde nicht einmal versucht, die fehlende Widerrufsbelehrung zu bemängeln. Das Gericht hat die Widerrufsbelehrung in den AGB als gültige Widerrufsbelehrung durchgehen lassen. Das lässt den Schluss zu, dass die Beklagte nicht einmal den Einwand gebracht hat, keine gültige Widerrufsbelehrung erhalten zu haben. Es wurde nicht ein einziger vernünftiger Einwand gegen die Forderung geltend gemacht.
Wenn aber kein Einwand gegen eine Behauptung bzw. Forderung geltend gemacht wird, dann darf das Gericht sich z.B. nicht mal die Webseite anschauen und eine eigene Beurteilung vornehmen, sondern es muss dann der Behauptung des Klägers einfach folgen. D.h: grober Verstoß gegen den Beibringungsgrundsatz. Wie ein Schachspiel, in dem Weiß freiwillig "10 Züge lang aussetzt", und Schwarz gewinnt (oh Wunder, juchuuu, Schwarz ist Schachweltmeister ).
Eigentlich keine große Leistung für den Nutzlosen.
Auch hier stehen im Urteilsspruch keine Mahnkosten, keine Inkassokosten, keine Kosten für einen Mahnbescheid - nur Verzugszinsen.
Seltsam.
Abgesehen vom Prozessrechts ist es ein inhaltlich schlicht falsches Urteil. Denn es geht um eine Anmeldung am 21.09.2009. Seit 04.08.2009 gilt aber das extra zum Schutz der Verbraucher gegen "Abofallen" geschaffene "neue" Fernabsatzrecht. Das Widerrufsrecht kann nun erst nach beiderseitiger vollständiger Erfüllung des Vertrages erlöschen - was das AG Tübingen am 20.02.2010 übersehen und deswegen falsch nach "altem" Recht entschieden hat.
Wie auch immer man selbst für sich dazu steht - eins steht fest: diese Urteile besagen jedenfalls nicht, dass man bei den Nutzlosfallen grundsätzlich zu zahlen hat. Prozesse sind extremst selten,
und verurteilt wird nur, wer grobe Fehler macht oder sich mit Absicht verurteilen lässt.