AW: Das Ende des analogen Radios 2010
So radikal kann die Umstellung garnicht ausfallen, denn das Radio ist eines der Medien, über die in Kriegs- und Katastrophenfällen wichtige Mitteilungen übertragen werden. Deswegen war ein Radio in der BRD noch nie pfändbar und seit einigen Jahren gilt das auch für den Fernseher.
Es ist anzunehmen, dass Radiohörer erst dann auf digital umsteigen, wenn sie einen Mehrwert davon haben. Das werden am Anfang recht wenige sein. Fast keiner wird sein analoges Radio verschrotten, nur weil es eine digitale Alternative gibt. Da sich alle nicht öffentlich-rechtliche Sender fast ausschließlich über ihre Werbung/Gewinnspielen finanzieren, wollen sie einen möglichst großen Hörerkreis. Und wenn der nur analog empfangen kann, dann wird auch weiterhin analog gesendet.
Ich nehme an, dass die meisten bestehenden Programme in beiden Formaten ausgestrahlt werden und nur neue ausschließlich eine digitale Lizenz erwerben können. Was aber m.E. durchaus passieren kann, ist, dass analog nur noch mono unterstützt wird und die freiwerdende Bandbreite der digitalen Übertragung zugeschlagen wird. Technisch ist es durchaus machbar, das Übertragungsformat so auszulegen, dass sowohl die analogen Empfänger funktionieren als auch die digitalen und man immer noch im Kanalraster bleibt (derzeit 50kHz, war bis vor einigen Jahren 100kHz, soll langfristig auf 25kHz gesenkt werden).
Ein analoger Kanal braucht etwa 16kHz Bandbreite, bei Stereo sind es also ca. 32kHz, die aber schon immer so aufmoduliert wurden, dass ein Mono-Radio auch einen Stereo-Sender empfangen kann - und zwar beide Kanäle, aber eben nur auf einen Lautsprecher. Der "Trick" ist trivial: es wird nicht Links (L) und Rechts (R) übertragen, sondern L+R (das hört man in mono) und L-R. Der Stereodekoder im Radio macht einfach die zwei Operationen:
2L= (L+R) + (L-R) und 2R = -(L+R) - (L-R)
Die sind trivial. Und der Dekoder wird nur aktiviert, wenn ein Pilotton vorhanden ist. Also Pilotton ausschalten und 16kHz stehen im L-R-Kanal zur Verfügung für die digitale Übertragung parallel zur analogen. Und das ist reichlich, auch ohne schmerzhafte Kompression. Denn in der Digitaltechnik kann man eines machen, was analog nicht geht, bzw. als sehr störend empfunden wird: "Rauschen", sprich Störungen zulassen, soweit sie einen bestimmten Wert nicht überschreiten.
Wenn ich also den Audiobereich 16Hz-16kHz (wie derzeit) und Stereo unterstützen will, dann brauche ich eine Bitrate von 2*32kbit/s = 64kbit/s. Ganz ohne Kompression komme ich mit der Kombination 8b/10b (8Bit Nutzdaten werden in 10Bit codiert, hat technische Vorteile, obwohl es die Datenmenge vergrößert) und der (recht einfachen) Modulationsart 16QAM (16 Zustände werden unterschieden, entspricht 4 Bits) auf eine Schrittrate (Baudrate) von 64/8*10/4=20kBd. Das sind im Frequenzbedarf nur 4kHz mehr als für den L-R-Stereokanal. Und 16QAM sind nicht Stand der Technik, sondern dient mir nur als ein Beispiel wie trivial die Koexistenz sichergestellt werden kann.
Wenn jetzt noch eine Kompression ins Spiel kommt und eine bessere Modulationsart gewählt wird, dann habe ich soviel Bandbreite (in Bit/s nach dem Dekoder), dass ich noch Standbilder, Logos und wer weiß noch was alles übertragen kann.
Mein Fazit: Keine Panik! Auch in 20 oder 30 Jahren wird das analoge Radio noch Sender empfangen können. Vielleicht sogar weiterhin in Stereo. Denn technisch ist es durchaus möglich, die digitalen Daten zusätzlich "oberhalb" des hörbaren Bereichs zu übertragen. Ich könnte mir eine Zweckentfremdung des Pilottones vorstellen. Für ein analoges Radio wäre das immer noch ein brauchbarer Pilotton (obwohl etwas "verrauscht") und die digitalen Empfänger werten nur ihn aus. Das setzt allerdings ein bisschen mehr an Rechenleistung im Empfänger voraus, da der Sender Füllbits einfügen muss, damit die Baudrate immer recht genau den Pilotton nachbildet. Aber sooo groß ist der Aufwand auch nicht.
Wenn man (zumindest für die BRD) die Geschichte betrachtet, dann gab es noch nie einen radikalen Bruch bei Rundfunk und Fernsehen. Selbst ein Fernseher von 1930 kann heute noch alle (terrestrischen) Programme empfangen, zwar nur in SW, aber er kann. Die Farbe wurde derart ins Spiel gebracht, dass der alte nichts davon mitbekommt und die neuen (farbigen) wunderschön ankamen. Beim Radio war es das gleiche, die Stereoinformation wird so übertragen, dass ein Radio von 1930 weiterhin funktioniert. Warum soll es jetzt auf einmal anders werden? Wenn es überhaupt keine technische Notwendigkeit dafür gibt?
Werde einmal auf dem Netz suchen, vielleicht gibt es ja Specs für den geplanten digitalen Rundfunk - wenn der in 3 Jahren eingeführt werden soll, dann müssen heute schon Specs verfügbar sein. Denn 3 Jahre sind eine knappe Zeit. Werde mich dann wieder melden.