Bundesgerichtshof verbietet Klingelton-Reklame in Jugendmagazinen

stieglitz

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Mal sehen ob sich dieses Urteil auf andere Gebiete auch übertragen lassen kann.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Werbung für teure Handy-Klingeltöne in Kinder- und Jugendzeitschriften wie "Bravo Girl" wettbewerbswidrig und damit verboten ist. Der BGH begründet seine heute bekannt gegebene Entscheidung damit, dass ein Anbieter von Klingeltönen die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutzt, wenn er in solchen Anzeigen lediglich darauf hinweist, dass der Download über eine 0190-Rufnummer 1,86 Euro pro Minute kostet. Gegen diese Anzeigen hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) geklagt, mit der Begründung, dass ein fehlender Hinweis auf die durchschnittliche Dauer des Herunterladens und die dadurch entstehenden Kosten die Unerfahrenheit der Jugendlichen in unlauterer Weise ausnutzt.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/71774
 
AW: Bundesgerichtshof verbietet Klingelton-Reklame in Jugendmagazinen

Ich mag die "erste Hand" lieber: Pressemitteilung des BGH vom 06.04.06

BGH schrieb:
Der Bundesgerichtshof hat die Werbung als wettbewerbswidrig angesehen, da sie geeignet sei, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen auszunutzen (§ 4 Nr. 2 UWG). Handlungen, die gegenüber einer nicht besonders schutzwürdigen Zielgruppe noch zulässig seien, könnten gegenüber geschäftlich Unerfahrenen unzulässig sein. Voraussetzung für den Schutz sei, dass sich die Werbung - zumindest auch – gezielt an Kinder oder Jugendliche richte. Dies sei im vorliegenden Fall anzunehmen, da die Leserschaft der Zeitschrift, in der die Werbung abgedruckt worden sei, zu mehr als 50% aus Kindern und Jugendlichen bestehe.

Der Bundesgerichtshof stellte aber klar, dass nicht jede gezielte Beeinflussung von Minderjährigen durch Werbung unlauter ist. Die konkrete Handlung müsse vielmehr geeignet sein, die geschäftliche Unerfahrenheit auszunutzen. Maßgeblich sei insoweit, ob und inwieweit sich die Unerfahrenheit auf die Entscheidung über das Angebot auswirke. Minderjährige seien weniger in der Lage, die durch die Werbung angepriesene Leistung in Bezug auf Bedarf, Preiswürdigkeit und finanzielle Folgen zu bewerten. Daher müsse Kindern und Jugendlichen ausreichend deutlich gemacht werden, welche finanziellen Belastungen auf sie zukämen. Dem werde die angegriffene Werbung nicht gerecht, da nach dieser die Kosten nicht überschaubar seien. Diese Ungewissheit habe dadurch ein besonderes Gewicht bekommen, dass der Verbraucher die tatsächliche finanzielle Belastung erst durch eine spätere Abrechnung erfahre. Aus diesen Gründen sei eine gezielt an Minderjährige gerichtete Werbung für Handy-Klingeltöne, in der nur der Minutenpreis angegeben wird, grundsätzlich wettbewerbswidrig.
:dafuer:
 
AW: Bundesgerichtshof verbietet Klingelton-Reklame in Jugendmagazinen

vielleicht ist das off-topic des bessere Bereich um sich darüber Gedanken zu machen, wie man die Insolvenz der beklagten Firma beurteilen soll?
http://www.abendblatt.de/extra/service/100591.html?show=547638

Die Fälle sind ja offenbar schon älter, jedenfalls steht die aufgelöste Firma noch in whois und Impressum. Im November 2003 trat übrigens der damalige GF M*P* zurück, der Vorstand und Mitgründer der FST ist (und damals auch war). Es ist insofern schon spannend, wie man die Äußerungen der Verantwortlichen zu wichtigen Fragen des Mehrwertgeschäftes beurteilen kann - und es wäre durchaus wünschenswert, wenn so etwas in diesem Zusammenhang auch einmal von den geeigneten Personen (Medien) aufgegriffen werden würde. Der BGH hat in einem Fall geurteilt, der einen "Branchenprimus" betroffen hat...
Unseriöse Anbieter auf der Suche nach dem schnellen Geld haben tiefe Schlaglöcher gerissen und so manchen Konsumenten nachhaltig verunsichert. Mit weit reichenden medialen und politischen Folgeerscheinungen: „Überreglementierung droht – ein überwiegend funktionierender Markt könnte durch wenige schwarze Schafe regelrecht ausgebremst werden“, so M*P*, Vorstandsmitglied des Branchen-Verbandes Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste e.V. (FST) und Geschäftsführer der O*W*I* Deutschland GmbH.
http://www.ap-verlag.de/komm141.htm
 
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