No Deal of Dialer
2002 bis 2003 haben die Angeklagten "Autodialer" eingesetzt.
[...]
Einen breiten Raum im Urteil des BGH nehmen die Ausführungen
zur durchgreifenden Verfahrensrüge der Staatsanwaltschaft ein. Der Vorsitzende des Gerichts war befangen und die Zurückweisung des staatsanwaltschaftlichen Ablehnungsgesuches hätte nicht verworfen werden dürfen.
Der Fall ist ein plakatives Beispiel dafür, wie sich ein Gericht durch entgegenkommende Milde bei einem Angeklagten anbiedert. Am ersten Verhandlungstag wurde über eine Verständigung verhandelt, wobei wegen drei der vier Angeklagten ein Einverständnis erzielt wurde. Darauf verlas der Verteidiger des verbleibenden Hauptangeklagten eine Erklärung und der Angeklagte beantwortete Fragen des Gerichts.
Sein Verteidiger erklärte danach, der Angeklagte wolle keine weiteren Fragen beantworten <Rn 5>.
Der Vorsitzende drängte auf einen schnellen Verfahrensabschluss und darauf, dass nur ein einziger Polizist als Zeuge gehört werden solle. Darüber kam es zum Disput.
Als daraufhin der Staatsanwalt seine abweichende Auffassung wiederholte, warf der Vorsitzende ihm ungehalten vor, sich "unanständig" zu verhalten und die anderen Verteidiger "in Sippenhaft zu nehmen" <Rn 6>. Für Fragen der Staatsanwaltschaft an den Angeklagten ließ der Vorsitzende zehn Minuten Zeit. (...)
Der Staatsanwalt lehnte darauf außerhalb der Haupthandlung, aber zulässig, den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Meint auch der BGH <Rn 12>:
Nach dem Verlauf des ersten Hauptverhandlungstages musste sich der Staatsanwaltschaft die Besorgnis aufdrängen, der Vorsitzende ziehe eine schnelle Prozesserledigung ohne Beachtung ihrer prozessualen Beteiligtenrechte einer sachgemäßen Aufklärung der Anklagevorwürfe vor. (...)
Der geschilderte Fall
ist ein extremes Beispiel für ein schuldunangemessenes Entgegenkommen gegenüber einem Angeklagten. Je komplizierter eine Materie ist, desto geneigter sind viele Gerichte, Milde walten zu lassen. Das ist auch nicht falsch, weil der unsinnige Einsatz von personellen Ressourcen im Strafverfahren kann nicht der Sinn der Sache sein. Bei einem Schaden von 12 Mio. Euro konnte eine Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung auch bei einem umfassenden Geständnis (was nicht erfolgte) und anderen Strafmilderungsgründen nicht ernsthaft erwogen werden
(3).