Artikel in der Zeitung - interessant!!

thunder1902 schrieb:
Hier steht, daß man bei Dialer, die heimlich eine Verbindung aufbauen, nichts bezahlen muß:
http://www.augsburger-allgemeine.de/index.php?sptnid=125&arid=196424

Im Gesetz stand schon immer, daß derjenige alle Tatsachen beweisen muß, aus denen sich sein behauptetes Forderungsrecht (z.B. von 29,95 Euro) ergeben soll. Wer also von einem Anschlußinhaber Geld haben möchte, der muß im Zweifel beweisen
- daß der Anschlußinhaber eine Bestell-Erklärung über die Erbringung irgendwelcher Vertrags-Leistungen abgegeben hat;
- daß eine Dienstleistung in Erfüllung eines Vertrags erbracht wurde,
- dafür ein Entgelt in der geforderten Höhe vereinbart war.

Wenn der jemand ein Anbieter von Telekommunikations-Diensten war, dann wurde bisher die von ihm zu beweisende Tatsache einer wirksam gewordenen, auf die Erbringung einer Telekommunikations-Sprachverbindungsleistung gerichteten Willenserklärung schon dadurch als erwiesen angesehen, daß der Anschlußnetzbetreiber 1. die Einwahl in sein Netz vom Kundenanschluß aus, und 2. die Herstellung und Aufrechterhaltung einer TK-Verbindung zwischen Kundenanschluß und gewähltem Anschluß nachweisen konnte.

Dies wurde damit begründet, daß mit dem Nachweis einer Netz-Einwahl, Herstellung und Aufrechterhaltung einer Sprachverbindung auch die (eigentlich zu beweisende) Tatsache einer bewußten und gewollten Bestellung einer Sprachverbindungsleistung den Anschein einer Richtigkeit für sich in Anspruch nehmen könne.

Außerdem dürfe ein Betreiber eines Netzes für Sprachtelekommunikationsdienstleistungen selbst ein ungewollt/unabsichtliches Netzeinwahl-Signal als eine willensmängelfreie Beauftragung durch den Anschlußinhaber verstehen, einen Anruf des gewählten Anschlusses und (bei Anrufentgegennahme) eine anschließende Verbindung herzustellen. ( Wobei eine solche Berechtigung des Netzbetreibers zu einem Vertrauen in einen willensmängelfreien Bestellungscharakter eines Einwähl-Signals vom Kundenanschluß aus nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß der Verkehrssitte gerechtfertigt sei. )

Diese Grundsätze können meines Erachtens bei Dialern/Mehrwert-Diensten nicht gelten. Ein Mehrwertanbieter wird ein eingehendes "Piiiep"-Signal auf seiner (Dialer-)Mehrwertnummer nicht ohne weiteres schon als "gewollte, (kosten)bewußte, willensmängelfreie, über die reine TK-Verbindungsleistung hiausgehende (Mehrwert-)Dienstebestellung" auffassen und mit Mehrwert-Vergütungsanspruch drauflosdienstleisten können.
Zunächst hätte er nämlich alle Umstände zu benennen, weshalb sein Vertrauen in die Richtigkeit der Bestellung bei einer eingehenden, dialerveranlaßten Anwahl seiner Mehrwertnummer gerechtfertigt sein soll. z.B. wird er ein solches Vertrauendürfen nicht schon dann für sich in Anspruch nehmen können, wenn der Anruf von einem manipulierbaren Dialer veranlaßt wird, selbst wenn er ihn zur Registrierung angemeldet und die Verordnungskonformietät des Programms in seiner angemeldeten Form versichert hat.

gal.
 
@Juristen, mich interessiert zu Galdikas Aufuehrungen Eure Meinung zu einem konkreten Urteil des Amtsgerichts Koenigswinter.

galdikas schrieb:
Im Gesetz stand schon immer, daß derjenige alle Tatsachen beweisen muß, aus denen sich sein behauptetes Forderungsrecht (z.B. von 29,95 Euro) ergeben soll. Wer also von einem Anschlußinhaber Geld haben möchte, der muß im Zweifel beweisen
- daß der Anschlußinhaber eine Bestell-Erklärung über die Erbringung irgendwelcher Vertrags-Leistungen abgegeben hat;
- daß eine Dienstleistung in Erfüllung eines Vertrags erbracht wurde,
- dafür ein Entgelt in der geforderten Höhe vereinbart war.

(....)

Diese Grundsätze können meines Erachtens bei Dialern/Mehrwert-Diensten nicht gelten. Ein Mehrwertanbieter wird ein eingehendes "Piiiep"-Signal auf seiner (Dialer-)Mehrwertnummer nicht ohne weiteres schon als "gewollte, (kosten)bewußte, willensmängelfreie, über die reine TK-Verbindungsleistung hiausgehende (Mehrwert-)Dienstebestellung" auffassen und mit Mehrwert-Vergütungsanspruch drauflosdienstleisten können.
Zunächst hätte er nämlich alle Umstände zu benennen, weshalb sein Vertrauen in die Richtigkeit der Bestellung bei einer eingehenden, dialerveranlaßten Anwahl seiner Mehrwertnummer gerechtfertigt sein soll. z.B. wird er ein solches Vertrauendürfen nicht schon dann für sich in Anspruch nehmen können, wenn der Anruf von einem manipulierbaren Dialer veranlaßt wird, selbst wenn er ihn zur Registrierung angemeldet und die Verordnungskonformietät des Programms in seiner angemeldeten Form versichert hat.


Neben einigen anderen interessanten (und meineserachtens sehr fragwuerdigen) Ausfuehrungen"
AG Koenigswinter schrieb:
Eine Vertragsbeziehung bestand auch dann, wenn die Angebote der Mehrwertdienstanbieter durch einen auf dem Computer der Beklagten unwissentlich installierten Dialer angenommen wurden. Grundsätzlich ist eine Computererklärung dem Verwender oder Anlagenbetreiber zuzurechnen. Die generelle, stillschweigende Erklärung, sich alle Cornputererklärungen, die vom eigenen Rechner ausgehen zu eigen zu machen, muss aus Gründen der Verkehrssicherheit auch solche Manipulationen erfassen (vgl. Lienhard in NJW 2003, 3592 (3594)).
(...)
Eine gegenteilige Annahme, gestützt zumeist auf Billigkeit und Schutzwürdigkeitsaspekte (vgl. so etwa AG Freiburg in NJW 2002, 2559; AG Mönchengladbach in MMR 2003, 606 ff.; LG Kiel in MMR 2003, 422 ff.) erscheint dem Gericht nicht zutreffend, da die Fragen des Verbraucherschutzes und des Vertragsabschlusses vermischt werden. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 4.3.2004, Aktenzeichen IM ZR 96/03 das Zustandekommen eines Vertrages als solchen auch bei Einsatz eines Dialers nicht in Zweifel gezogen, sondern in entsprechender Anwendung von § 16 III TKV dem Netzbetreiber das Risiko des ungewollten Dialereinsatzes zugewiesen und dem Kunden im Fall des fehlenden Verschuldens von einer Vergütungspflicht befreit.
Dann hab ich mir mal das BGH Urteil kurz angeschaut:
BGH am 4.3.2004 schrieb:
Dem Vertrag zwischen den Parteien liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (nachfolgend AGB) zugrunde. Eine Regelung darüber, ob der Anschlußkunde das tarifliche Entgelt auch für Verbindungen zu zahlen hat, die ein von Dritten heimlich im DFÜ-Netzwerk installierter Dialer unbemerkt herstellt, ist in dem Vorschriftenwerk nicht enthalten.
(...)
Die AGB enthalten eine Regelung über die Zurechnung des Zugriffs Dritter auf den Teilnehmeranschluß in Nummer 4.1 Satz 2. Nach dieser Bestimmung trifft den Kunden nur dann eine Vergütungspflicht für die Benutzung seines Anschlusses durch Dritte, wenn er diese zu vertreten hat.
Wenn ich das richtig lese, bestreitet das BGH also tatsaechlich nicht das Zustandekommen eines Vertrags, sondern rechnet diesem nur einem unbefugten Dritten zu (dem Dialeranbieter?). Fuegt die T-Com einen Passus dazu, der den Missbrauch durch unbefugte Dritte dem Kunden aufbuerdet, muss der Kunde doch zahlen (was es meines Wissens bei anderen Anbietern schon gibt)? Dann ist das vermeintlich verbraucherfreundliche Urteil des BGHs doch ein Phyrrussieg... Oder uebersehe ich hier etwas?

In der Hoffnung auf juristische Erleuchtung,
TSCoreNinja
 
TSCoreNinja schrieb:
Fuegt die T-Com einen Passus dazu, der den Missbrauch durch unbefugte Dritte dem Kunden aufbuerdet, muss der Kunde doch zahlen (was es meines Wissens bei anderen Anbietern schon gibt)? Dann ist das vermeintlich verbraucherfreundliche Urteil des BGHs doch ein Phyrrussieg... Oder uebersehe ich hier etwas?
Der BGH hat sich um die Frage eines wirksamen Contentvertrags herumgemogelt. Daher bleibt im Dunkeln, was gilt, wenn der Verbindungsnetzbetreiber Forderungen geltend macht.

Aber die T-COM darf nicht einfach § 16 III 3 TKV durch AGB abschaffen. Was sie aber darf ist, dem Kunden die Beweislast für die Frage, wer die unbemerkte Dialerinstallation verschuldet hat, via AGB in die Schuhe schieben. Das Urteil bedeutet vor allem eines nicht: Rechtssicherheit für den Verbraucher.
 
TSCoreNinja schrieb:
Urteil des Amtsgerichts Koenigswinter:

Neben einigen anderen interessanten (und meineserachtens sehr fragwuerdigen) Ausfuehrungen"
AG Koenigswinter schrieb:
Eine Vertragsbeziehung bestand auch dann, wenn die Angebote der Mehrwertdienstanbieter durch einen auf dem Computer der Beklagten unwissentlich installierten Dialer angenommen wurden. Grundsätzlich ist eine Computererklärung dem Verwender oder Anlagenbetreiber zuzurechnen. Die generelle, stillschweigende Erklärung, sich alle Cornputererklärungen, die vom eigenen Rechner ausgehen zu eigen zu machen, muss aus Gründen der Verkehrssicherheit auch solche Manipulationen erfassen (vgl. Lienhard in NJW 2003, 3592 (3594)).
(...)
Eine gegenteilige Annahme, gestützt zumeist auf Billigkeit und Schutzwürdigkeitsaspekte (vgl. so etwa AG Freiburg in NJW 2002, 2559; AG Mönchengladbach in MMR 2003, 606 ff.; LG Kiel in MMR 2003, 422 ff.) erscheint dem Gericht nicht zutreffend, da die Fragen des Verbraucherschutzes und des Vertragsabschlusses vermischt werden. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 4.3.2004, Aktenzeichen IM ZR 96/03 das Zustandekommen eines Vertrages als solchen auch bei Einsatz eines Dialers nicht in Zweifel gezogen, sondern in entsprechender Anwendung von § 16 III TKV dem Netzbetreiber das Risiko des ungewollten Dialereinsatzes zugewiesen und dem Kunden im Fall des fehlenden Verschuldens von einer Vergütungspflicht befreit.
Dann hab ich mir mal das BGH Urteil kurz angeschaut:
BGH am 4.3.2004 schrieb:
Dem Vertrag zwischen den Parteien liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (nachfolgend AGB) zugrunde. Eine Regelung darüber, ob der Anschlußkunde das tarifliche Entgelt auch für Verbindungen zu zahlen hat, die ein von Dritten heimlich im DFÜ-Netzwerk installierter Dialer unbemerkt herstellt, ist in dem Vorschriftenwerk nicht enthalten.
(...)
Die AGB enthalten eine Regelung über die Zurechnung des Zugriffs Dritter auf den Teilnehmeranschluß in Nummer 4.1 Satz 2. Nach dieser Bestimmung trifft den Kunden nur dann eine Vergütungspflicht für die Benutzung seines Anschlusses durch Dritte, wenn er diese zu vertreten hat.
Wenn ich das richtig lese, bestreitet das BGH also tatsaechlich nicht das Zustandekommen eines Vertrags, sondern rechnet diesem nur einem unbefugten Dritten zu (dem Dialeranbieter?).

Im BGH-Urteil ( http://www.beckmannundnorda.de/bghdialer.html ) ging es einmal darum, ob der klagende Anschlußnetzbetreiber (Berlikomm?) aus einem "normalen" Telekommunikations-Dienstleistungsvertrag zwischen Netzbetreiber-Anschlußkundin eine Vergütung für eine reine Telekommunikations-Vertragsleistung "Herstellung einer Verbindung zu 0190-Nummer" (vermutlich gemäß Preisliste) geltend machen durfte. Der BGH entschied: keine Vergütungspflicht, wenn die Kundin die Bestellung nicht zu vertreten hat.

Der BGH hat aber außerdem entschieden, daß der Netzbetreiber wenn schon keinen eigenen, so doch auch keinen Anspruch aus einem Vertragsverhältnis Diensteanbieter-Sohn geltend machen konnte:

BGH schrieb:
Dabei kann offen bleiben, ob (...) eine vertragliche Beziehung zwischen der Beklagten und dem Mehrwertdiensteanbieter ausscheidet, weil es bei der Herstellung der Verbindungen zu dem Dienst am Erklärungsbewußtsein des Sohnes der Beklagten fehlte, oder ob eine mögliche Willenserklärung des Anschlußnutzers wegen Inhaltsirrtums oder arglistiger Täuschung anfechtbar ist und ob hier eine Anfechtungserklärung dem richtigen Anfechtungsgegner gegenüber abgegeben worden ist.

Es dürfe im entschiedenen Fall ( der Computernutzer wurde über den Inhalt des Bestellprogramms getäuscht) deswegen offen bleiben, weil selbst bei einem so (möglicherweise) geschlossenen Vertrag entweder

- ein Anspruch aufrund einer vorvertraglichen Pflichtverletzung, oder
- ein Schadensersatzanspruch wg. einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schadenszufügung

entgegengehalten werden könnte. Denn Grundlage eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB könne unter anderem die Veranlassung zum Vertragsschluß durch eine vorsätzliche Täuschung sein. Letztlich überzeugt das hier nicht recht: wenn der Diensteanbieter weiß, daß er den Nutzer durch eine Täuschung zur Abgabe der ihm, dem Diensteanbieter(!) geltenden, Vertragsschlußerklärung veranlaßt hat, dann darf der doch in dieser ihn erreichenden Äußerung keine Willenserklärung sehen, die sich auf seine, des Täuschers, wahre Willenserklärung beziehen würde! Vielmehr kann der Täuschende die Äußerung des Getäuschten doch nur so auffassen, daß sie auf die erregte (irrtümliche) Vorstellung bezogen ist, die der Täuschende beim Getäuschten hervorrufen wollte.

--
gal.
 
Zurück
Oben