Es klang für viele wie ein Strohhalm, ein goldener – 2500 Mark in der Woche verdienen für ein bisschen Autofahren. Um an den Traumjob zu kommen, sollte eine Telefonnummer angerufen werden. Das Problem: Die Nummer begann mit 0190, die Anrufe kosteten deshalb 1,86 Euro die Minute. Und weil die Leute am anderen Ende der Leitung alles taten, um ihre Gesprächspartner möglichst lange am Hörer zu halten, summierte sich ein durchschnittlicher Anruf auf rund 33 Euro. Weil aber im Gegenzug so gut wie nichts getan wurde, die Anrufer auch wirklich in Arbeitsverhältnisse zu vermitteln, stand der Hauptverantwortliche, der 52-jährige Günther H., gestern wegen Betrugs vor dem Landgericht.
Es war ein einträgliches Geschäft, das Günther H. mit seinem Kompagnon ausgetüftelt hatte: Im Oktober 1999 begannen sie mit ihrem zweifelhaften Service-Telefon, nach ihrer Festnahme Anfang Juli 2003 zählte die Staatsanwaltschaft für diesen Zeitraum 88 628 Anrufe und Einnahmen von rund 670 000 Euro. Kein einziger Anrufer hatte durch das Telefonat auch wirklich Arbeit gefunden. Schlimmer noch: Wer wirklich interessiert schien – und gutgläubig genug –, wurde aufgefordert, zusätzliche Informationen per Fax-Abruf anzufordern. 14 lange Seiten tickerten dann herein, vollgeschrieben mit Allgemeinplätzen wie jenem, der „Kunde von Neufahrzeugen“ möchte heutzutage sein Auto schneller erhalten, deshalb werde er froh und dankbar den Dienst eines Überführungsfahrers in Anspruch nehmen. Durchschnittliche Dauer dieses Fax-Abrufs: fünf Minuten 39 Sekunden, durchschnittliche Kosten: 10,50 Euro.
Günther H. war im Prozess geständig und gab auch zu, die Geschäftsidee seiner Firma sei es gewesen, Geld über die Telefonate zu verdienen – nur gelegentlich habe er Listen mit den Telefonnummern seiner „Kunden“ an Autohäuser und ähnliches geschickt. Ob dadurch Arbeitsverhältnisse zustande kamen, darum habe er sich nicht groß gekümmert. Sein Verteidiger Klaus Gussmann wies allerdings darauf hin, dass zu Beginn von H.s Aktivitäten das Geschäft mit den 0190er-Nummern ganz neu gewesen sei, sozusagen eine rechtliche Grauzone. Dennoch verurteilte das Gericht den Angeklagten zu zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldbuße von 70 000 Euro – um das bezahlen zu können, wird H. sein Haus verkaufen müssen, und sein Reitpferd auch.