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Mit neuen Regelungen sollen Verbraucher vom 1. September an besser vor Abzocke mit teuren Telefonnummern geschützt werden. Das ist auch sind bitter nötig. Zum einen ist die Branche – wie die Vergangenheit zeigt - nur unter Druck bereit, den Verbraucherschutz ernst zu nehmen. Zum anderen ist dem Missbrauch von 0900 und 0137-Nummern nach wie vor Tür und Tor geöffnet: Die zuständige Bundesnetzagentur agiert nicht – sie reagiert nur auf die Tricks dubioser Geschäftemacher. Und die Politik sieht dem üblen Treiben zu.
Vor der Presse stellte die Bundesnetzagentur gestern die neuen Regelungen vor und zog dabei auch ein Fazit ihrer bisherigen Maßnahmen gegen den Rufnummernmissbrauch. Ein zentraler Punkt der neuen Vorgaben des Telekommunikationsgesetzes (TKG) ist demnach die Preisansagepflicht. Sie gilt künftig nicht mehr nur für 0900-Nummern, sondern auch für Auskunftsdienste, die in Deutschland mit den Ziffern 118 anfangen, für Voting-Nummern 0137, für die Service-Nummern 0180, sowie für die so genannten innovativen Dienste, die mit 012 anfangen. Bei all diesen Rufnummern muss der Preis bei jeder Art von Angebot oder Werbung angegeben werden. Auch bei schriftlicher Werbung muss der Preis „gut lesbar und deutlich sichtbar sein“, so die Bundesnetzagentur.
Bei Datendiensten, etwa Premium-SMS, tritt an die Stelle der Preisansage die Preisanzeige. Außerdem müssen Verbraucher bei Abo-Diensten per Premium-SMS in Zukunft ausdrücklich per Nachricht bestätigen, dass sie die Informationen über den Preis erhalten haben.
Darüber hinaus, so die Bundesnetzagentur, müsse der Kunde bei bestimmten Verstößen gegen die Vorschriften die anfallenden Gebühren gar nicht erst bezahlen. Das sei beispielsweise der Fall, wenn der Verbraucher trotz Preisansagepflicht nicht über den erhobenen Preis informiert wurde oder wenn Entgelte verlangt werden, die über die Preisobergrenzen hinausgehen.
Ein Aspekt der neuen Regeln, den die Bundesnetzagentur in ihrer Pressemitteilung nur mit einem Nebensatz abtut, hat es allerdings in sich. Wie berichtet, knickte die Bundesregierung gegenüber der Nummern-Lobby ein und legte vor einigen Monaten neue Preishöchstgrenzen für 0900-Nummern fest. Die Folge: Künftig können bei Anrufen auf 0900-Nummern bis zu 180 Euro pro Stunde (drei Euro/Minute) fällig werden – eine Preiserhöhung, vor der Verbraucherschützer monatelang und massiv gewarnt hatten. Bisher waren „nur“ 120 Euro pro Stunde oder umgerechnet zwei Euro pro Minute für 0900-Verbindungen möglich. Für dubiose Anbieter lohnt es sich jetzt also erst richtig, Verbraucher mit unseriösen 0900-Diensten abzuzocken.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, zog dennoch eine positive Bilanz der Bekämpfung des Rufnummernmissbrauchs. „Wir sind entschlossen, auch die Einhaltung dieser neuen Vorschriften durchzusetzen, um dem Rufnummernmissbrauch weiterhin wirksam Einhalt zu gebieten", sagte er. „Ein Ziel des Gesetzes ist, die Preistransparenz für die Verbraucher zu erhöhen und so das Risiko, sich durch die Nutzung bestimmter Rufnummern hoch zu verschulden, zu reduzieren." Wie dies mit den künftig höheren Preisen für 0900-Verbindungen zusammenpasst, teilte er nicht mit.
Auch zu anderen Kritikpunkten von Verbraucherschützern am Kampf gegen den Rufnummernmissbrauch nahm Kurth keine Stellung. So ist es zum Beispiel nicht richtig, dass die Zahl der so genannten Gewinn-Anrufe wirklich stark abgenommen hätte. Erst in den vergangenen Wochen waren wieder zig-tausende Verbraucher von dubiosen Abzockern angerufen worden. Mit der Behauptung, sie hätten einen Geld- oder Sachpreis gewonnen, sollten die Opfer zum Anruf auf eine teure 0900-Nummer gebracht werden. Die Täter hatten ganz offensichtlich auch kein Problem damit, dass ihnen die missbrauchten 0900-Nummern abgeschaltet wurden: Sie beantragten bei der Bundesnetzagentur einfach neue und bekamen diese auch problemlos zugeteilt.
Briefkastenfirmen sind weiter gang und gäbe
Auch die – immerhin mehrfach ausgesprochenen - Inkasso- und Rechnungslegungsverbote scheinen betrügerische Geschäftsleute offensichtlich überhaupt nicht abzuschrecken. Mehrere Firmen, die seit Jahren immer wieder wegen dubioser 0900 oder 0137-Geschäfte auffallen, sind bis heute ungestört im Geschäft. Verbraucher, die den Tätern auf die Spur kommen wollen, landen bei Briefkastenfirmen und Tarnadressen im Ausland. Wenn sie gezahlt haben, ist das Geld in der Regel also weg. Und mehrfach wurden in den vergangenen Jahren sogar Fälle bekannt, in denen Verbraucher trotz Inkassoverbots von den Netzbetreibern für illegale 0900 oder 0137-Verbindungen abkassiert wurden. Konsequenzen der Bundesnetzagentur: zumindest keine spürbaren.
Dialer: Täter sind umgestiegen
Der einzige Bereich, in dem sich wirklich etwas positiv veränderte, sind die so genannten 0900-Dialer. "Im Bereich der Dialer konnten wir den Missbrauch durch Transparenzverpflichtungen abstellen“, berichtete Kurth. Was er nicht sagte: Diejenigen Täter, die damals mit illegalen Dialern ohne Preisangaben abzockten, sind längst auf neue Geschäftsmodelle umgestiegen. Statt teuren Dialer-Verbindungen werden Verbrauchern heute eben teure „Abonnements“ und „Verträge“ per Internetseiten untergejubelt. Die Bundesnetzagentur ist dafür nicht zuständig. Und Bundesjustiz- und Verbraucherministerium sind offensichtlich nicht fähig oder willens, etwas dagegen zu unternehmen.