01378: Telco nimmt Klage zurück

KatzenHai

Scyliorhinus stellaris
Kölner Stadtanzeiger vom 26.09.2005 schrieb:
Teures Besetzt-Zeichen bei RTL 2-Gewinnspiel

Netcologne zog Klage vor dem Ladgericht zurück - Eine Verbindung ist kein Anruf


1187,24 Euro sollte ein Kölner an Telefongebühren zahlen. Angeblich hatte er 2423 Gespräche mit einer Hotline geführt.

VON DETLEF SCHMALENBERG

Als H. S. seine Telefonrechnung für den Dezember 2002 öffnete, musste er sich erst mal hinsetzen. Ungläubig sortierte der 46-Jährige die Einzelverbindungsnachweise. 46 Seiten, eng bedruckt. Immer wieder die gleiche elfstellige Nummer, exakt 2423-mal, beginnend mit 01378. Vergleichbar mit einer kostenpflichtigen 0190er-Nummer, wie sich später herausstellte. 1187,24 Euro sollte er dafür an NetCologne zahlen.

S. hatte bei einem TV-Gewinnspiel von RTL 2 mitgemacht. Höchstens etwa 25-mal habe er angerufen, schrieb er der Telefongesellschaft. Meist sei besetzt gewesen. Wenn eine Verbindung zustande kam, sei er nach einigen persönlichen Daten gefragt worden. Etwa eine Minute hätten die wenigen Gespräche gedauert. Die Liste mit den mehr als 2000 Einzelverbindungsnachweisen, nach der die meisten „Gespräche“ nur zwei Sekunden gedauert haben sollen, müsse in „betrugsähnlicher Weise“ manipuliert worden sein. Die Rechnung wolle er deshalb nicht zahlen.

Netcologne jedoch interessierte das nicht. Man sei nicht für die TV-Sendung, sondern ausschließlich für die zustande gekommenen Telefonate verantwortlich, argumentierte das Unternehmen vor dem Amtsgericht. Eine Manipulation der Leitung durch Dritte sei nicht möglich. Das Abrechnungssystem stünde „durch eine Dauerprüfung unter ständiger technischer Kontrolle“. Überdies sei den TV-Zuschauern durch Einblendungen klar gemacht worden, dass alle Anrufe, auch die mit dem Besetzt-Zeichen, bezahlt werden müssten. Der Preis von 49 Cent sei nicht willkürlich, sondern von der Regulierungsbehörde für so genannte Televoting-Nummern festgelegt worden.

Im Juli 2004 schloss sich das Amtsgericht dieser Meinung an. Zunächst. Der Einwand, das Gewinnspiel sei sittenwidrig, weil den Anrufern in betrügerischer Absicht suggeriert werde, für einen „Besetzt-Anruf“ müsse eben nicht gezahlt werden, spiele keine Rolle. Netcologne sei nur für die „Telekommunikations-Dienstleistungen“ verantwortlich. Und die Anrufe, dies sei durch die „technische Dauerprüfung“ bewiesen, seien doch zustande gekommen.

H. S.ging in Berufung. Sein Anwalt H. P.r rechnete vor, dass sein Mandant laut Einzelverbindungsnachweis am 2. Dezember 2002 sechs Tele-Vote-Anrufe in 51 Sekunden geführt haben soll. „Völlig unmöglich“, schrieb der Advokat. Zur Beweisaufnahme am Landgericht jedoch kam es erst gar nicht, weil ihm noch eine andere Ungereimtheit aufgefallen war. Eine Vergütung von 49 Cent sei nicht pro Anruf, wie im TV behauptet, sondern nach jeder „Verbindung“ zu zahlen, heißt es in den Geschäftsbedingungen von Netcologne. Von einer Verbindung jedoch könne keine Rede sein, wenn lediglich ein Besetztzeichen zu vernehmen sei. Sein Mandant habe sogar häufig überhaupt nichts gehört. Dennoch waren in dessen Telefonliste alle neun bis elf Sekunden angebliche Gespräche von ein bis drei Sekunden verzeichnet.

In der mündlichen Verhandlung vor der 10. Zivilkammer des Landgerichts gaben die Richter zu verstehen, dass auch sie einen deutlichen Unterschied zwischen „Verbindung“ und „Anruf“ sehen. „Als der Vorsitzende dann auch noch sagte, er werde das anstehende Urteil in der Fachpresse veröffentlichen, zog der Anwalt von Netcologne die Klage zurück“, berichtet P.. S. muss die Gebühren zwar nicht mehr zahlen. Jetzt flatterte ihm aber ein neues Schreiben von Netcologne ins Haus. Er solle die Anwaltskosten für die Gerichtsverhandlung überweisen, 651,25 Euro. Die jedoch muss Netcologne nach der richterlichen Entscheidung selbst zahlen.

Die Rechnung sei ein „peinliches Versehen“, räumte P. H., Justiziar der Telefongesellschaft, ein. Das bereits abgebuchte Geld werde an H. S. zurückgezahlt. Die Preisliste habe Netcologne jedoch geändert. Jetzt heißt es 49 Cent „pro Anruf“, und nicht mehr „pro Verbindung“. „Auch wenn Besetzzeichen zu hören sind, muss dann gezahlt werden“, meint H. . Dies sei bedauerlich, „die Praxis der Televoting-Spiele ist ausgesprochen schäbig“. Die Telefongesellschaften hätten darauf jedoch keinen Einfluss.
Wie handhabt das eigentlich der Magenta-Riese aus dem benachbarten Bundeshauptdorf?
 
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