Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

aha, interessant!

Offenbar ist das AG aber doch der Auffassung, dass ein Vertrag zustande gekommen ist, sonst ist ja keine Anfechtung möglich.

Etwas eigenartig finde ich die Meinung des RA, dass auch jetzt noch eine Anfechtung bei Verträgen von letztem Jahr September möglich sein soll. Das kann ich mir kaum vorstellen.
Dass die Anfechtung unverzüglich nach Kenntnis des Irrtums erfolgen muss ist klar. Aber selbst das Gericht hat eigens begründet, warum eine Anfechtung nach zwei Monaten noch möglich sein soll - aber nach fast einem Jahr?

viele Grüße,

Don Frago
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Don Frago schrieb:
Offenbar ist das AG aber doch der Auffassung, dass ein Vertrag zustande gekommen ist, sonst ist ja keine Anfechtung möglich.
Nach Ansicht der Richterin spiele es keine Rolle, was die AGB von avanio zu dem Zeitpunkt der Zugangsnutzung ausgesagt haben. Ausschlaggebend sei, dass der Internetnutzer "seine Willenserklärung zur Begründung einer Mitgliedschaft" wirksam angefochten hat. In der der teltarif.de-Redaktion vorliegenden Urteilsbegründung heißt es: "Die Erklärung lässt erkennen, dass der Kläger das Rechtsgeschäft wegen seines Willenmangels nicht gelten lassen will. In dem Schreiben bringt er unmissverständlich zum Ausdruck, dass er sich bei der Einwahl zu dem Tarif vanio.FLEXI über die Begründung der Mitgliedschaft im Irrtum befunden hat."
damit ist m.E. kein Vertrag zustande gekommen, jedenfalls kein zweiseitiger

j.
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Hat jemand eine Ahnung, wo man an das Urteil kommt?
Kann man das beim Gericht anfragen?
 
AW:Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Don Frago schrieb:
Dass die Anfechtung unverzüglich nach Kenntnis des Irrtums erfolgen muss ist klar. Aber selbst das Gericht hat eigens begründet, warum eine Anfechtung nach zwei Monaten noch möglich sein soll - aber nach fast einem Jahr?

Sieht für mich so aus, als hätte der Richter das Ganze analog zum Rücktrittsrecht bei Fernabsatz-Geschäften betrachtet: Ohne Belehrung über das Widerrufsrecht, läuft auch keine Widerrufsfrist an. Erst wenn einem bewusst wird (aus eigenem Erkennen oder durch eine korrekte Belehrung), das ein wiederrufbarer Vorgang angelaufen wird, tickt der Countdown.

Aus Verbraucherschutzsicht ist das durchaus ein schlüssiges Urteil.

MfG
L.
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Don Frago schrieb:
Offenbar ist das AG aber doch der Auffassung, dass ein Vertrag zustande gekommen ist, sonst ist ja keine Anfechtung möglich.
Halte ich auch für zweifelhaft. Wieso sollte die Telko eine Anwahl des Kunden ernsthaft als Vertragsangebot zu den eigenen Bedingungen verstehen dürfen, wenn sie diesen Umstand in den AGB versteckt. Ein Vertrauen darauf das der Kunde Clubmitglied werden will und eine Anwahl daher gar nicht anders als ein Vertragsangebot gewertet werden kann ist durch nichts gerechtfertigt, insbesondere wenn dem Kunden die AGB nichtmals übermittelt werden.

Mal sehen was die Urteilgründe hergeben. U.U. war das Gericht der Auffassung dass ein Vertragsschluss nicht geprüft werden muss weil dieser zumindest wirksam angefochten war.
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Don Frago schrieb:
Dass die Anfechtung unverzüglich nach Kenntnis des Irrtums erfolgen muss ist klar. Aber selbst das Gericht hat eigens begründet, warum eine Anfechtung nach zwei Monaten noch möglich sein soll - aber nach fast einem Jahr?
Nun, es gibt ja auch § 124 BGB - Anfechtungsfrist 1 Jahr ab Kenntnis, max. 10 Jahre ab Erklärung.

Und nach § 121 BGB ist für Irrtumsanfechtungen "unverzüglich" ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes ausreichend, ebenfalls mit Ausschlussfrist von 10 Jahren - und letztere macht nur Sinn, wenn auch eine Kenntniserlangung nach z.B. 11 Monaten bei dann unverzüglich ausgebrachter Anfechtungserklärung zulässig ist.
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

KatzenHai schrieb:
Nun, es gibt ja auch § 124 BGB - Anfechtungsfrist 1 Jahr ab Kenntnis, max. 10 Jahre ab Erklärung.

Und nach § 121 BGB ist für Irrtumsanfechtungen "unverzüglich" ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes ausreichend, ebenfalls mit Ausschlussfrist von 10 Jahren - und letztere macht nur Sinn, wenn auch eine Kenntniserlangung nach z.B. 11 Monaten bei dann unverzüglich ausgebrachter Anfechtungserklärung zulässig ist.

§124 bezieht sich auf Täuschung und Drohung - das ist hier wohl kaum einschlägig. Wenn da einer getäuscht hat, dann doch eher der smartsurfer.

Und 121 sagt ja "unverzüglich", meine Worte.
Die bei de jure angeführten Bürgschafts-Beispiele erklären den Sinn der 10-Jahres-Frist (Willenserklärung wird erst nach langer Zeit wirtschaftlich wirksam) und die lange Frist dient nicht zuletzt auch dem Schutz des Anfechtungsgegners.
Hier geht es aber um Telefonrechnungen, die ja wohl jeder monatlich überprüft - zumindest ist das zu erwarten und auf jeden Fall kann nach x Monaten versäumter Rechnungs-Kontrolle wohl kaum jemand per Anfechtung seine veräumten Pflichten auf seinen Vertragspartner abwälzen.

Interessant in dem Zusammenhang auch h**p://w**.teltarif.de/arch/2006/kw33/s22786.html.

viele Grüße,

Don Frago
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Hier geht es aber um Telefonrechnungen, die ja wohl jeder monatlich überprüft - zumindest ist das zu erwarten

Sagst du. Das Amtsgericht Dresdnen ging in seinem avanio-Urteil davon eben nicht aus. Teltarif.de zitiert die Richterin jedenfalls mit den Worten:

"Dass Telefonrechnungen von dem Rechnungsempfänger nicht bzw. nicht jeden Monat hinsichtlich jeder einzelnen Position auf Schlüssigkeit überprüft werden, ist nicht ungewöhnlich"
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Was ist denn das für eine Auffassung der Richterin??

warum soll es (andersrum formuliert) üblich sein, seine Rechnungen nur alle paar Monate zu überprüfen? Welche Maßstäbe setzt sie an? Was ist ihrer Ansicht nach üblich?
Üblich ist allgemein, eine Rechnung nach Erhalt zu prüfen und eine Frist zu vereinbaren, ab der Einwendungen ausgeschlossen sind.
Diese Frist steht in den AGB, die die Richterin hier offenbar als einbezogen betrachtet, da sie ja einen Vertragsschluss zwischen avanio und Nutzer annimmt ( Ohne Vertrag keine Anfechtung des Vertrages).

Warum soll das hier anders sein?

Wenn ich eine Rechnung erhalte, gucke ich mir die an. Wenn ich dazu eine Reklamation habe, reklamiere ich.
Auf der Telekom-Rechnung z.B. steht fettgedruckt, dass ich dazu 8 Wochen Zeit habe.

Wenn ich mir den ganzen Kram nicht angucke - ok.

Aber dann *irgendwann* ankommen und plötzlich überrascht sein ist nicht das, was der Anfechtungsgrund "Irrtum" meint. Wer im letzten September, Oktober nicht darauf geachtet hat - ok. Jetzt wird aber wohl wieder seit April/Mai abgerechnet und nun im August überrascht sein?? Das würde wohl selbst die Dresdner Richterin kaum als Irrtum akzeptieren.

viele Grüße,

Don Frago
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Don Frago schrieb:
Was ist denn das für eine Auffassung der Richterin??
warum soll es (andersrum formuliert) üblich sein, seine Rechnungen nur alle paar Monate zu überprüfen? Welche Maßstäbe setzt sie an? Was ist ihrer Ansicht nach üblich?
Warum hast du damit so ein Problem?
"Unverzüglich" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Also durch den berufenen Richter mit Inhalt zu füllen, im Zweifel am konkreten Fall.
Nun, dies ist erfolgt.
Dass du eine andere Auffassung hast, haben wir jetzt verstanden. Aber die der Richterin ist ohne weiteres zulässig (und IMHO auch geboten).

Don Frago schrieb:
Üblich ist allgemein, eine Rechnung nach Erhalt zu prüfen und eine Frist zu vereinbaren, ab der Einwendungen ausgeschlossen sind.
Für wen? Wo? Wann?
Einwendungsverzichts-Frist? Hast du schon mal etwas von §§ 305 ff. BGB gehört? So einfach geht das nämlich gar nicht ...

Don Frago schrieb:
Diese Frist steht in den AGB, die die Richterin hier offenbar als einbezogen betrachtet, da sie ja einen Vertragsschluss zwischen avanio und Nutzer annimmt ( Ohne Vertrag keine Anfechtung des Vertrages).
Sorry, das ist juristischer Unfug.

Die wirksame Einbeziehung von AGB findet doch nicht dadurch statt, dass ein Vertrag geschlossen wird!
Hier lag (wohl) ein Vertrag vor - von Einbeziehung der AGB ist indes nichts geschrieben. Und (beim Smartsurfer) auch wohl kaum annehmbar ...

Don Frago schrieb:
Auf der Telekom-Rechnung z.B. steht fettgedruckt, dass ich dazu 8 Wochen Zeit habe.
Es wird viel geschrieben. Kennst du den Rechnungszusatz "Handwerkerrechnung, daher zahlbar binnen 8 Tagen"?? Gerne möchtest du mir die Rechtsgrundlage hierzu erläutern ...

Don Frago schrieb:
Aber dann *irgendwann* ankommen und plötzlich überrascht sein ist nicht das, was der Anfechtungsgrund "Irrtum" meint.
Stimmt. Aber ob diese Allgemeinaussage vorliegend in Dresden zum Sachverhalt passt, ist eine zweite Frage.
Kennst du den Fall so gut? Oder bist du gar beteiligt? (Wenn ja, kommt wohl nur eine der beiden Seiten in Betracht, gell?!?)

Jura ist nicht ganz so einfach ...
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Don Frago schrieb:
....
Diese Frist steht in den AGB, die die Richterin hier offenbar als einbezogen betrachtet, da sie ja einen Vertragsschluss zwischen avanio und Nutzer annimmt ( Ohne Vertrag keine Anfechtung des Vertrages). ....
viele Grüße,
Don Frago
Da Du so gern auf der Annahme der Richterin, dass ein Vertrag geschlossen worden sei, herumreitest, solltest Du mit Deiner Argumentation vorsichtiger sein.

Die Richterin hat eine alte Technik der Juristen angewandt. Sie hat alle Vorfragen, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde, ausgelassen, da selbst bei einem unterstellen Vertragsschluss durch die Anfechtung das gleiche Ergebnis hausgekommen ist.

Übliche Formulierung: Es kann dahingestellt bleiben, ob jedenfalls ...

Ob dies in dem Urteil so steht, muss erst überprüft werden, wenn das Urteil irgendwo im Wortlaut veröffentlicht wurde.
Aber selbst wenn es nicht dort steht, hat die Richterin diesen Weg zur Entscheidung gewählt. Sie ging von der ungünstigsten Rechtsposition aus und kam dann dennoch zu dem Ergebnis, das bei anderen Rechtspositionen in jedenfall herausgekommen wäre.

Also kein Triumpfgeschrei wegen eines solchen "Vertrages".
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Beim durchlesen der dazugehörigen zweiten Meldung: avanio geht in Berufung (w*w.teltarif.de/arch/2006/kw33/s22786.html) fiel mir doch prompt was interessantes auf: weitere Betroffene bereiten Sammelklage vor
Wie die Schwäbische Post heute berichtet, sind beispielsweise der Polizeidirektion Aalen weitere Fälle bekannt, in denen erboste Kunden Anzeige gegen den Internetprovider erstattet haben. "Wir ermitteln wegen Betruges, es wird eine Sammelanklage vorbereitet", erklärte ein Sprecher der Polizeidirektion Aalen gegenüber der Zeitung. Der Bericht lag uns vorab in redaktioneller Fassung vor.
Wüsste gern, wessen Geistes Kind das nun wieder ist und was sich die Beamten der PD Aalen dabei denken - ob die überhaupt von den Ermittlungen in Dresden wissen?
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Hurra, die PD Aalen statuiert ein Exempel. Sie führt die Hammelplage ein :cool:
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

:steinigung: Jehova :steinigung: Jehova :steinigung: Jehova
... bevor jemand anderes ruft, mache ich's ...
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Der Jurist schrieb:
Die Richterin hat eine alte Technik der Juristen angewandt. Sie hat alle Vorfragen, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde, ausgelassen, da selbst bei einem unterstellen Vertragsschluss durch die Anfechtung das gleiche Ergebnis hausgekommen ist.

Übliche Formulierung: Es kann dahingestellt bleiben, ob jedenfalls ...

Ob dies in dem Urteil so steht, muss erst überprüft werden, wenn das Urteil irgendwo im Wortlaut veröffentlicht wurde.
Aber selbst wenn es nicht dort steht, hat die Richterin diesen Weg zur Entscheidung gewählt. Sie ging von der ungünstigsten Rechtsposition aus und kam dann dennoch zu dem Ergebnis, das bei anderen Rechtspositionen in jedenfall herausgekommen wäre.

Also kein Triumpfgeschrei wegen eines solchen "Vertrages".

Das sehe ich genauso und keinesfalls so wie der "Rechtsbeistand" von avanio im Gespräch mit teltarif:

"Aus der Tatsache, dass das Gericht der Meinung ist, der Kläger habe seinen Vertrag angefochten, ergibt sich zwingend, dass das Gericht der Auffassung ist, dass der Vertrag mit avanio ursprünglich zustande gekommen war", erläuterte der avanio-Rechtsbeistand uns gegenüber.
h**p://www.teltarif.de/arch/2006/kw33/s22786.html

Der Rechtsbeistand übersieht, dass ein Vertrag aus mehreren Gründen unwirksam sein kann und dass sich das Gericht auf einen von mehreren Unwirksamkeitsgründen stützen kann.
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

@ rolf76

Je mehr ich darüber nachdenke, umso richtiger hat die Richterin in Dresden den Fall gelöst.
Denn der Nutzer wollte einen Vertrag, allerdings nur für IbC ohne Mitgliedschaft, bekommen hat er die Verbindung mit Mitgliedschaft, insoweit war er bei der Abgabe seiner Willenserklärung (durch Starten des Smartsurfers) im Irrtum. Eigentlich ganz elegant, die Dresdner Lösung. Die Ansicht ist vertretbar.
 
AW: Ungewollte Clubmitgliedschaften: Urteil gegen avanio

Der Jurist schrieb:
Denn der Nutzer wollte einen Vertrag, allerdings nur für IbC ohne Mitgliedschaft, ...
Es gibt aber eine ganze Menge Fälle, in denen nachweislich nicht einmal ein solcher "IbC=Vertrag" zustande gekommen ist, da kein Anruf via avanio-Verbindung erfolgte. Das ist in diesem Fall offensichtlich anders, ich wollte aber trotzdem nochmal daran erinnern.

Aber das Urteil macht Hoffnung, weil es ja nun doch nicht so ganz sinnlos ist, sich gegen solche ... (Bezeichnung für avanio nach eigener Wahl einfügen) zu wehren. Ob die wohl schon daran denken, ihre Koffer für Südamerika zu packen ? ...
 
Zurück
Oben