EU Parlament stimmt Vorratsdatenspeicherung zu

stieglitz

Mitglied
Ich meine, der helle Wahnsinn:
Das Europäische Parlament hat heute dem Bericht über die generelle Einführung der europaweiten Vorratsdatenspeicherung entsprechend den Wünschen des Rates zugestimmt. Für den Staatsapparat wird damit für den Zeitraum von 24 Monaten nachvollziehbar, wer wem wann eine E-Mail geschrieben, telefoniert und mit welcher Internet-Adresse (IP) im Netz war. Der innenpolitische Sprecher der Liberalen in Europäischen Parlament und Berichterstatter, Alexander Alvaro (FDP): "Dass unter der Prämisse der Terrorbekämpfung, durch die heute verabschiedete Richtlinie, 450 Millionen europäische Bürger unter Generalverdacht gestellt werden, ist eine Schande."
http://de.internet.com/index.php?id=2040075&section=Marketing-News
 
Ich denke das wird noch eine ganze Weile dauern, weil einige den EU-Gerichtshof anrufen werden.
Hier ist noch ein ausführlicher Bericht bei Heise mit zahlreichen weiterführenden Links.
Aber ein Daten konnte ich auf die Schnelle nicht finden.
Der Bericht hat zur Zeit bereits über 800 Kommentare.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/67358
Nun müssen voraussichtlich Gerichte klären, inwieweit die Richtlinie Bestand hat. Der irische Justizminister Michael McDowell kündigte an, vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Richtlinie zu klagen. Seiner Auffassung nach muss die Entscheidung über die Maßnahme im Bereich der Inneren Sicherheit vom EU-Rat allein getroffen werden. Hierzulande ist mit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht zu rechnen: "Es wird grob verfassungswidrig eine flächendeckende Überwachungsinfrastruktur geschaffen", erklärte Nils Leopold aus dem Bundesvorstand der Humanistischen Union. "Die Richtlinie verstößt gegen tragende Strukturprinzipien rechtsstaatlich verfasster Staaten. Sie führt die Zweckbindung und das Übermaßverbot bei der Ausübung staatlicher Gewalt ad absurdum."
 
stieglitz schrieb:
Ich meine, der helle Wahnsinn:
Eher bodenloser Schwachsinn und bemitleidenswerte Naivität. Angesichts solcher Regelungen wird kaum ein Terrorist oder Krimineller seine Verabredungen oder Planungen per Telefon oder E-Mail erledigen. Und wenn, dann veschlüsselt. In Folge geraten z.B. international agierende Unternehmen, die ihre Korrespondenz zum Schutz vor Wirtschaftsspionage verschlüsselt abwickeln, zwangsweise ins Visir der Terroristenjäger - die dann natürlich keine Zeit mehr haben, "echte" Terroristen zu jagen. Ganz zu schweigen davon, dass die Kosten die Provider zu tragen haben, die sie per Preiserhöhung auf die Kunden umlegen - und die damit quasi ihre eigene Ausschnüffelei bezahlen ;)
 
Reducal schrieb:
Weiß schon jemand, wann die Speicherpflicht hier in D eingeführt werden muss?
Heise schrieb:
Die Mitgliedsstaaten müssen die Vorgaben, die eine Aufzeichnung der elektronischen Spuren der Bürger für einen Zeitraum zwischen sechs und 24 Monaten vorsehen, dann innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umsetzen.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/67386
Und hier noch eine Heise-Meldung die hierzu passt. M.E. ein vernüftiges und realistisches Urteil, dass aber durch die Vorratsdatenspeicherung (ein schreckliches Wort) gleich wieder konterkariert wird.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/67389
Juristische Niederlage für Strafanzeigen-Maschinerie gegen P2P-Nutzer
Der Schweizer Dienstleister Logistep darf Internetprovider im Kampf gegen Urheberrechtsverstößen durch Tauschbörsen-Nutzer nicht mehr massenhaft zur Speicherung von Verbindungsdaten anhalten. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Flensburg hervor, das sich auf die Haftungsregeln im Teledienstegesetz (TDG) beruft. Demnach sind Zugangsanbieter für fremde Inhalte grundsätzlich nicht verantwortlich und deshalb auch nicht verpflichtet, ihre Kunden zu überwachen oder nach Umständen für eine rechtswidrige Nutzung ihrer Dienste zu suchen. Wird ein Provider über das illegale Treiben von Kunden in Kenntnis gesetzt, gilt er fortan zwar als "Störer" und kann zum Eingreifen verpflichtet sein. Diese Haftung begründet laut der Flensburger Entscheidung aber keine Auskunftsansprüche gegenüber dem Anbieter, sondern allein einen Unterlassungsanspruch. Auf Mithilfe zum Erwirken von Schadensersatz könne nicht abgestellt werden. Anzeige
 
ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

Heise schrieb:
Die Mitgliedsstaaten müssen die Vorgaben, die eine Aufzeichnung der elektronischen Spuren der Bürger für einen Zeitraum zwischen sechs und 24 Monaten vorsehen, dann innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umsetzen.

Maht euch doch nichts vor. erst werden die Vorgänge gespeichert. Dann die Inhalte. zum Schluss das Bewegungsprofil jedes Einzelnen.
Diese Richtlinie wurde von weltfremden Innen- und Rechtspolitikern forciert (u.a. auch aus dem Bundesinnenminiserium unter Otto Schilly, der nach außen sich völlig unbeteiligt gibt, weil der Bundestag solche Ansätze mit Mehrheit klar zurückgewiesen hat. nun kann sich Hr. Schäuble und Hr. Glos = für TK-Recht zuständig) zurücklehnen und auf bedauerliche Zwänge von außen verweisen.
Das nennt man dan Demokratie und Transparenz bzw. eine wirklich gelebte Unschuldsvermutung. Mit solchen exorbitanten Überwachungsauflagen fängt man nur Bananendiebe bzw. Schulabbrecher ohne Abschluß. Jede TK-Alternative für wirkliche Kriminelle mit minimalen Englisch-Kenntnissen kann aus dem Internet bezogen werden.
Wie auch bei den anstehenden Wirtschaftfragen wird hier leider deutlich, dass unsere Juristen (gestützt von überwiegen Lehrern als Abgeordnete)immer noch glauben, mit noch mehr Regeln bzw. "schlampigen" Schriftsätzen würden reale Herausforderungen begegnet.
 
Re: ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

Jupp schrieb:
Maht euch doch nichts vor....
Was soll ich mir den vormachen? Ich sehe die Problematik genau so.

Wer kann sich noch an die Volksbefragung vor ca. 20? Jahren mit den damit zusammenhängenden Protesten erinnern?
Das war gerade Pipifax gegen die heutigen Massnahmen.
Datenschutz? was ist das noch?
 
Re: ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

stieglitz schrieb:
Wer kann sich noch an die Volksbefragung vor ca. 20? Jahren mit den damit zusammenhängenden Protesten erinnern?
Das war gerade Pipifax gegen die heutigen Massnahmen.
Datenschutz? was ist das noch?
Richtig, die Zeiten sind anders geworden. Vor 20 Jahren war es "in", durch ordentliche Arbeit selbst sein Geld zu verdienen. Und heute? Abzocken ohne Ende. Hätte sich jemand vor 20 Jahren vorstellen können, dass man mal sowas wie das Forum hier brauchen würde?

Und was die Befürchtungen von Jupp angeht: Ja, aufpassen ist wichtig. Aber die Tätigkeit von Verbraucherschutzorganisationen hat auch nicht dazu geführt, dass niemand mehr seine Rechnung bezahlt.

Orwell würde sein Buch ändern, wenn er hier lesen könnte.
 
Re: ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

Anonymous schrieb:
Richtig, die Zeiten sind anders geworden. Vor 20 Jahren war es "in", durch ordentliche Arbeit selbst sein Geld zu verdienen. Und heute? Abzocken ohne Ende. Hätte sich jemand vor 20 Jahren vorstellen können, dass man mal sowas wie das Forum hier brauchen würde?
Die Welt war damal auch nicht besser, das kommt einen höchstens etwas verklärter vor.
Damals gabs bereits die Mugus, nur auf normalen Papier mit Briefmarke auf dem Umschlag. Es gab bereits die Betrüger mit Einträgen in obskure Telefonbücher. Die Pyramiden Briefe gingen auch schon rum. Zweifelhafte Zeitungsabonements wurden einem an der Haustür angedreht.
Gewinnbriefe und Kaffeefahreten waren auch schon sehr beliebt etc. etc.

Wann ist eigentlich die erste Sendung "Nepper, Schlepper, Bauernfänger"
von Eduard Zimmermann erschienen?

Heute wird das ganze durch das Internet nur beschleunigt.
 
Re: ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

stieglitz schrieb:
Wann ist eigentlich die erste Sendung "Nepper, Schlepper, Bauernfänger"
von Eduard Zimmermann erschienen?
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/14/0,1872,2038670,00.html
... seit 24. März 1964 war Eduard Zimmermann in dem ebenfalls von ihm entwickelten Ratgeber-Magazin "Vorsicht Falle! - Nepper, Schlepper, Bauernfänger" zu sehen. In dieser Sendung warnte der Journalist vor den Machenschaften krimineller Zeitgenossen.
 
Re: ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

... seit 24. März 1964 war Eduard Zimmermann in dem ebenfalls von ihm entwickelten Ratgeber-Magazin "Vorsicht Falle! - Nepper, Schlepper, Bauernfänger" zu sehen. In dieser Sendung warnte der Journalist vor den Machenschaften krimineller Zeitgenossen.
Mannometer, über 41 Jahre , puh die Zeit vergeht, das Schlimme ist, ich kann mich daran noch gut erinnern. :evil:
 
Re: ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

stieglitz schrieb:
Datenschutz? was ist das noch?
Meiner Erfahrung nach wurde Datenschutz nie richtig ernst genommen. Gesetze waren zwar da, aber bei der Umsetzung im realen Leben hapert(e) es oft gewaltig. Im Gegenteil, ich denke gerade in den letzten Jahren hat sich so etwas wie "Datenschutzbewusstsein" entwickelt, das die Voraussetzungen für die Sensibilisierung gegenüber gewissen EU-Plänen (oder sagen wir besser, es sind die Pläne unser aller Regierungen) schafft. Aber ob es im Endeffekt hilft, wird die Zukunft weisen.

Gast schrieb:
Richtig, die Zeiten sind anders geworden. Vor 20 Jahren war es "in", durch ordentliche Arbeit selbst sein Geld zu verdienen. Und heute? Abzocken ohne Ende.
Ergänzend zu den oben genannten Beispielen von Stieglitz möchte ich schreiben, dass z. B. früher viele Firmen (staatliche wie private) ihre echte oder de facto Monopolstellung weidlich ausgenützt haben. Die neuen Technologien schafften jetzt andere Möglichkeiten. Das ist alles.

Gruß
Wembley
 
Re: ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

stieglitz schrieb:
Damals gabs bereits die Mugus, nur auf normalen Papier mit Briefmarke auf dem Umschlag. Es gab bereits die Betrüger mit Einträgen in obskure Telefonbücher. Die Pyramiden Briefe gingen auch schon rum. Zweifelhafte Zeitungsabonements wurden einem an der Haustür angedreht.
Gewinnbriefe und Kaffeefahreten waren auch schon sehr beliebt etc. etc.

Wann ist eigentlich die erste Sendung "Nepper, Schlepper, Bauernfänger"
von Eduard Zimmermann erschienen?

Heute wird das ganze durch das Internet nur beschleunigt.
Und durch Western Union, Online-banking, anonyme EMail-Adressen ermittlungstechnisch ins Nirwana geführt. Gibt's ernstzunehmende Alternativen dazu, den Ermittlern verloren gegangene Erfolgschancen zu verschaffen, außer durch Datenspeicherung? Ähem, hier ist nicht irgendein AWM-Forum. Eine differenzierter Betrachtung wurde beiden Seiten sicher gut tun.
 
Re: ORWELL werden wir locker in den Schatten stellen

Anonymous schrieb:
Eine differenzierter Betrachtung wurde beiden Seiten sicher gut tun.
Wie meinsten das? Die präventive Information über mögliche Szenarien von Straftaten und die Veröffentlichung von Erkenntnissen zur Sensibilisierung der Bevölkerung zu deren Schutz vor Schaden ist hier in diesem Forum mMn ganz gut aufgehoben.
 
Datenschutz=Tatenschutz?

Reducal schrieb:
Anonymous schrieb:
Eine differenzierter Betrachtung wurde beiden Seiten sicher gut tun.
Wie meinsten das? Die präventive Information über mögliche Szenarien von Straftaten und die Veröffentlichung von Erkenntnissen zur Sensibilisierung der Bevölkerung zu deren Schutz vor Schaden ist hier in diesem Forum mMn ganz gut aufgehoben.

Einerseits:
Jupp schrieb:
Maht euch doch nichts vor. erst werden die Vorgänge gespeichert. Dann die Inhalte. zum Schluss das Bewegungsprofil jedes Einzelnen.
...
Wie auch bei den anstehenden Wirtschaftfragen wird hier leider deutlich, dass unsere Juristen (gestützt von überwiegen Lehrern als Abgeordnete)immer noch glauben, mit noch mehr Regeln bzw. "schlampigen" Schriftsätzen würden reale Herausforderungen begegnet.

Andererseits: Optimalforderung von Gangsterjägern, die immer wieder resignieren müssen, weil Datenschutz zum Tatenschutz wird. Manchem Datenschützer würde mehr Kontakt zu Geschädigten (= Druckbetankung in Sozialschädlichkeit von Straftaten) sicher die Augen öffnen.
 
Datenschutz = Täterschutz

Ja und nein. Natürlich erschweren die heutigen Löschvorschriften unter Umständen die Strafverfolgung. Aber: Wer tatsächlich Böses im Sinn hat, weiß auch, wie er sich entsprechend im Web tarnen kann (Proxies, JAP, Briefkastenfirmen im Ausland, etc.). Denn professionelle Kriminelle sind in der Regel nicht blöd. Insofern rutschen ins Raster der Vorratsdatenspeicherung vermutlich zu 99 Prozent nur diejenigen, die sich nicht schützen können, nicht wollen oder/und sowieso nix Böses vorhaben.
 
das ist leider so, die bösen buben werden dann halt von telefonzellen aus telefonieren, anonyme proxys verwenden usw, während der unschuldige bürger kriminalisiert wird. das schlimmste daran ist das das erst der anfang ist, wie lange wird es dauern bis die daten des mautsystems ebenfalls verwendet werden usw.
 
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