Datenschutz und Flatrate

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news 20.05.2005 13:23
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Gericht verhandelt Klage gegen T-Online wegen Speicherung von Kundendaten

Am gestrigen Donnerstag hat das Amtsgericht Darmstadt die Klage des Münsteraners Holger Voss gegen die T-Online AG verhandelt. Dem Anwalt von T-Online sei es nicht gelungen, den Richter davon zu überzeugen, dass die Aufbewahrung insbesondere der IP-Adressen für Abrechnungszwecke erforderlich sei, schätzt Voss den Verlauf der Verhandlung ein. T-Online habe einräumen müssen, dass die abrechnungsrelevanten Daten sehr kurzfristig ausgewertet würden, aber auch nach ihrer Auswertung noch 80 Tage nach Rechnungserstellung aufbewahrt würden. Zudem sei laut Voss in der Verhandlung zur Sprache gekommen, dass andere Internetanbieter wie Lycos auch ohne die Speicherung dieser Daten arbeiten und abrechnen können.

Holger Voss war vor zwei Jahren wegen eines satirischen Beitrags in einem Telepolis-Forum angeklagt und freigesprochen worden. In diesem Verfahren war ihm die Praxis von T-Online bewusst geworden, woraufhin er das Unternehmen wegen der Speicherung von Flatrate-Kundendaten verklagte. Die Verkündung einer Entscheidung hat das Gericht für den 30. Juni angesetzt. Zuvor können beide Parteien ihre Positionen schriftlich darlegen. (anw/c't)
 
Fortgang des Verfahrens:

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Gericht: Speicherung von IP-Adressen bei T-Online rechtswidrig

Das Amtsgericht Darmstadt hat die Praxis der Speicherung von IP-Adressen bei T-Online für rechtswidrig erklärt. Dass T-Online die Verbindungsdaten von Kunden, denen bei der Einwahl ins Internet über den Provider eine dynamische IP-Adresse zugewiesen wird, bis 80 Tage nach Rechnungsstellung speichert, widerspreche geltenden Datenschutzbestimmungen, entschied das Gericht. Es bezog sich nach Angaben des Klägers in seiner Entscheidung auf § 6 Abs. 1 Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG).

Geklagt hatte Holger Voss, der vor zwei Jahren wegen eines satirischen Beitrags in einem Telepolis-Forum angeklagt und freigesprochen worden war. In diesem Verfahren war ihm die Praxis von T-Online bewusst geworden, woraufhin er das Unternehmen wegen der Speicherung von Flatrate-Kundendaten verklagte.

Schon in der Verhandlung Ende Mai war bei Voss der Eindruck entstanden, dass es dem Anwalt von T-Online nicht gelungen sei, den Richter davon zu überzeugen, dass die Aufbewahrung insbesondere der IP-Adressen für Abrechnungszwecke erforderlich sei. Diese Einschätzung bestätigte sich nun in der vom Gericht gefällten Entscheidung. Voss hatte darauf verwiesen, dass die Speicherung der IP-Adresse für Abrechnungszwecke und den technischen Betrieb nicht erforderlich sei; auch andere Anbieter kämen ohne die Speicherung aus. So hatte etwa der Provider Lycos Europe erst Mitte Mai erklärt, er verzichte vollständig auf die Speicherung der dynamisch zugewiesenen IP-Adressen seiner Kunden: IP-Adressen seien aus Lycos' Sicht unabhängig vom gewählten Tarif nicht abrechnungsrelevant.

T-Online argumentierte nach Angaben von Voss zudem damit, dass die Internetadressen für Missbrauchs- und Störungsfälle benötigt würden. Dass eine Speicherung der IP-Adressen in solchen Fällen zulässig sein kann, hatte Voss jedoch nicht bestritten, verwies aber auf die Einzelfallregelung in § 6 Abs. 8 TDDSG. Eine Vorratsdatenspeicherung unabhängig vom Einzelfall sei aber illegal. Dies sah der Richter am Amtsgericht in seiner mündlichen Urteilsbegründung genauso.

Abgewiesen wurde das Begehren von Voss, auch Zeiten und Datenmengen für seine Internetverbindung nicht mehr zu speichern. Zwar seien diese Daten für die Abrechnung einer Flatrate nicht direkt notwendig, könnten aber für eventuelle Rechtsstreitigkeiten über eine Rechnung für den Internet-Zugang wichtig werden. Insofern sei die Speicherung von den Regelungen, Nutzerdaten für Abrechnungszwecke zu speichern, gedeckt. Gegen das Urteil des Gerichts ist Berufung möglich; die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus. (jk/c't)
 
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IP-Adressspeicherung wird Gerichte weiter beschäftigen

T-Online übt sich in Zurückhaltung bei der Kommentierung des gegen das Unternehmen ergangenen Urteils in Sachen IP-Adressspeicherung bei Flatrate-Kunden. "Uns liegt das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt noch nicht vor", sagte ein Sprecher gegenüber heise online. Anders als Kläger Holger Voss und ein Dutzend Interessierte hatte T-Online auf die Wahrnehmung des Verkündungstermins am gestrigen Donnerstag verzichtet.

Gewinner Voss zeigte sich dagegen gegenüber heise online insgesamt zufrieden mit dem Urteil und der mündlichen Begründung durch den Richter. Der Amtsrichter hatte laut Voss in den Ausführungen des Providers keinen ausreichenden Grund für die Notwendigkeit der Speicherung von IP-Adressen erkannt -- auch nicht, nachdem das Unternehmen im Anschluss an die mündliche Verhandlung noch einmal schriftlich in seiner Argumentation nachlegen durfte.

Unterlegen war Voss nur mit der Forderung, dass T-Online auch Datenmengen und Uhrzeiten der Nutzung nicht speichern dürfe. Das sah der Richter anders, denn genau damit könne sich T-Online etwa bei einer Klage auf Nutzungsausfall wehren. Der Wermutstropfen für Voss: Auf seinen eigenen Kosten bleibt er erst einmal sitzen, weil die Klage nicht ganz erfolgreich war. Ob er deswegen selbst in Berufung gehen wird, darüber wolle er sich noch Gedanken machen, sagte er. Wie T-Online will er dafür noch das schriftliche Urteil und die Begründung abwarten und mit seinem Anwalt zu Rate gehen.

Auch wenn man sich bei T-Online noch bedeckt hält, dürfte der Provider dieses Urteil so kaum hinnehmen. T-Onlines Anwalt Ulrich Wuermeling von der Anwaltssozietät Latham & Watkins ließ durchblicken, dass man im Falle einer Berufung darauf setzen werde, das Voss'sche Verfahren erst einmal auszusetzen und eine Entscheidung in einem zweiten, bereits am Landgericht anhängigen Verfahren abzuwarten. "In diesem Verfahren hat das Gericht einen Gutachter bestellt", erklärte Wuermeling. Das Ergebnis dieses Gutachtens, das für September erwartet werde, sei auch für das zweite Verfahren von Bedeutung. Grundsätzlich seien die Entscheidungen erst einmal Einzelentscheidungen. Würde T-Online verlieren, dürfe man allerdings davon ausgehen, dass dies einen Effekt für die Datenhaltung der Kundenaccounts haben werde.

"Wir vom ULD und andere Datenschutzkollegen haben immer gesagt, dass das so sein muss," sagte Johann Bizer, Stellvertretender Landesdatenschutzbeauftragter beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Kiel mit Blick auf das Urteil. In gewisser Weise entscheidet das Urteil auch den Streit zwischen verschiedenen Datenschutzbehörden. Das Regierungspräsidium Darmstadt hatte als Aufsichtsbehörde für T-Online die IP-Adressspeicherung bei Flatrate-Kunden als korrekt beurteilt. (jk/c't)
 
http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,363166,00.html
T-Online dürfte das Urteil kaum schmecken - ebenso nicht den Ermittlungsbehörden. Für den Datenschutz ist das Urteil ohne Zweifel ein Erfolg. Bleibt abzuwarten, ob es tatsächlich Bestand haben wird. T-Online dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit in die nächste Instanz ziehen. Und falls das Unternehmen auch dort verliert, könnte der Bundestag ja immer noch die Gesetze anpassen, so dass die Speicherung für zulässig erklärt wird.
Was bei der nächsten Regierung mehr als wahrscheinlich sein dürfte...

cp
 
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