Datenschutz und Flatrate

Der Jurist

Teammitglied
http://www.heise.de/newsticker/meldung/59457

Heise schrieb:
T-Online wegen Speicherung von Flatrate-Kundendaten verklagt

Ein Nutzer klagt gegen die Praxis seines Providers, Verbindungsdaten von Flatrate-Kunden zu speichern. Die T-Online AG muss in der kommenden Woche vor dem Amtsgericht Darmstadt Stellung dazu nehmen, dass sie IP-Adressen, Einwahlzeiten und Datenmengen ihrer Flatrate-Kunden mehrere Monate lang aufbewahrt. Internet-Provider dürften laut § 6 Abs. 1 Teledienstedatenschutzgesetz und § 97 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) solche Verbindungsdaten aber nur für Abrechungszwecke speichern. Darauf besteht H. V, Systemadministrator bei einer Versicherung in Münster. V., der vor zwei Jahren wegen eines satirischen Beitrags im Telepolis-Forum verklagt worden war, hält die T-Online-Praxis, auch die Daten der pauschal abgerechneten Flatrate-Nutzer zu speichern, für illegal.

In dem Verfahren um den Forumsbeitrag, der mit einem Freispruch endete, sei ihm die T-Online-Praxis bewusst geworden, sagte V. jetzt gegenüber heise online. Statt für Abrechnungszwecke habe T-Online die protokollierten Adressen unter anderem für die Verfolgung mutmaßlicher Straftaten -- wie in seinem Fall -- und für ein Vorgehen gegen unlizenziertes Musik- oder Filmkopieren verwendet, schreibt er in einer Stellungnahme.

Die Begründung seitens der T-Online AG, man benötige die Daten, weil im Reklamationsfall die erbrachte Leistung sonst nicht nachgewiesen werden könne, will er nicht gelten lassen. "Ich werde aber kaum erfolgreich irgendwann reklamieren können, mein Internetzugang hätte Monate zuvor nicht funktioniert." Auch der Hinweis, die Daten dienten zur Abrechnung kostenpflichtiger Angebote aus dem T-Online-Angebot, gehe ins Leere, meint V.. Da würde es ja ausreichen, eben genau diese Daten zu speichern. Schließlich berufe sich der Anwalt von T-Online auch auf die "8 Gebote des Datenschutzrechts" im § 9 BDSG, die technische und organisatorische Maßnahmen zur Absicherung der Datensicherheit vorschreiben. "Welche Daten konkret zum Schutz gegen welche Störungen benötigt werden, wurde von T-Online aber nicht vorgetragen", so Voss.

V. fühlt sich in seiner Argumentation übrigens durch eine vom Darmstädter Amtsrichter eigens für den Fall eingeholte Stellungnahme des Bundesdatenschützers, P. S. , durchaus bestätigt. "Bei einer vollständigen [...] Flatrate [...] ist erst recht eine Speicherung der Verkehrsdaten inklusive der IP-Adresse für Abrechnungszwecke nicht erforderlich und somit unzulässig", schrieb S. an das Amtsgericht. "Ein vorsorgliches Speichern von Verkehrsdaten aller Kunden zum Zwecke des Nachweises oder der Verhinderung eines möglicherweise stattfinden Mißbrauchs ist [...] unzulässig", so Schaar. Weitere Stellungnahmen hat das Gericht vom hessischen Datenschutzbeauftragten und dem Regierungspräsidium in Darmstadt eingeholt. Letzteres hatte allerdings eine erste Anzeige von V. bereits abgelehnt und die Speicherung für zulässig erklärt.

Fraglich ist nun für den weiteren Prozessverlauf, ob T-Online unter Verweis auf einen höheren Streitwert eine Verlegung ans Landgericht anstrebt. V.' Anwalt hatte den Streitwert bislang mit 4000 Euro beziffert. Das Unternehmen könnte aber darauf abstellen, dass ein Urteil gegen die herrschende Speicherpraxis einen Umbau in den Unternehmenssystemen mit sich bringen würde. Das käme teurer. V. selbst hat nach eigenen Angaben bislang rund 1000 Euro in sein erklärtes Ziel investiert, frei von Überwachung zu kommunizieren. (anw/c't)
 
drboe schrieb:
Ich drücke Holger V. und damit allen Kunden von T-Online die Daumen.
Ich nicht! Bin zwar auch ein T-Online-Kunde, habe aber nicht vor, etwas rechtswidriges im Internet zu machen, so dass mir die Datenspeicherung recht egal ist. Egal sein dürfte das aber nicht diejenigen, die (auch hier im Forum) nach Sicherheit im Internet rufen.

Aber (und da gucke ich jetzt in Sascha´s entliehene Kristallkugel), selbst wenn Holger V. gewinnen sollte, dürfte die Freude für die deutsche Internetgemeinschaft nicht lange anhalten. :lol:
 
Reducal schrieb:
Bin zwar auch ein T-Online-Kunde, habe aber nicht vor, etwas rechtswidriges im Internet zu machen, so dass mir die Datenspeicherung recht egal ist. Egal sein dürfte das aber nicht diejenigen, die (auch hier im Forum) nach Sicherheit im Internet rufen.
Du drehst die Argumentation um.
Ich habe zwar nichts zu verbergen, deswegen gehts trotzdem - oder besser: gerade deswegen - niemanden was an, wo ich hinsurfe.
 
...tja, wie gesagt - mir persönlich ist es egal. Aber aus meiner einschlägigen Erfahrung beim Umgang mit IP-Adressen ein durchaus brauchbares Mittel gegen Missbrauch und Straftaten im Internet.
 
Reducal schrieb:
Bin zwar auch ein T-Online-Kunde, habe aber nicht vor, etwas rechtswidriges im Internet zu machen, so dass mir die Datenspeicherung recht egal ist. :
Das ist das typische Argument aller staatlichen (und privaten) Datensammler,
wer nichts zu verbergen hat, braucht sich nicht vor Datenschnüffelei und Speicherung zu fürchten.
Das sehen Datenschützer erheblich anders.
(ich ebenfalls)

tf
 
Nun, wir sind ja nicht immer einer Meinung hier. Meine ist jedoch privater Natur, meine ganz persönliche Meinung eben, wenngleich ich Eure selbstverständlich respektiere.
 
http://www.heise.de/newsticker/meldung/59484
m Einzelnen kritisiert Bizer, dass die Anbieter von Tele- und Mediendiensten
im Rahmen der Rechtsverfolgung mehr Daten über ihre Kunden sammeln und Auskünfte
darüber an "berechtigte Stellen und Personen erteilen" dürfen beziehungsweise
etwa bei Urheberrechtsverletzungen voraussichtlich müssen. Bizer sieht in den entsprechenden
Passagen eine "unbestimmte Ermächtigung, für private und öffentliche Zwecke
personenbezogene Daten zu sammeln." Es werde ein "Einfallstor" für einen Auskunftsanspruch
gegen Provider geschlagen. Bizer spricht von einer "Kapitulation des Gesetzgebers
vor dem Auftrag der Verfassung, normenklare und bestimmte Regelungen zu treffen".
Letztlich solle "eine Art Vorratsdatenspeicherung" eingeführt werden, "die Auskünfte
gegenüber Privaten provoziert".
ww
 
Reducal schrieb:
drboe schrieb:
Ich drücke Holger V. und damit allen Kunden von T-Online die Daumen.
Ich nicht! Bin zwar auch ein T-Online-Kunde, habe aber nicht vor, etwas rechtswidriges im Internet zu machen, so dass mir die Datenspeicherung recht egal ist. Egal sein dürfte das aber nicht diejenigen, die (auch hier im Forum) nach Sicherheit im Internet rufen.
Hm, das sehe ich ganz anders. Und was rechtlich in Ordnung ist und was nicht, läßt sich ja auch leicht ändern. Du kannst also kaum mehr als die Absicht bieten, nichts Rechtswidriges zu machen. Auf Dauer garantieren kannst Du es nicht. Ein Staat, der seine sämtlichen Bürger unter Generalverdacht stellt, ist Alles, nur keine Demokratie. Mit Deiner Argumentation wären ja z. B. das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis überflüssig. Die Einschränkungen der Grundrechte und Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht jedes Einzelnen seit Verkündung der Verfassung sind m. E. unerträglich. Was geht und was geplant ist oder von selbsternannten Sicherheitspolitikern gewünscht wird, führt direkt in die Super-Diktatur: z. B. anlaßlose Personalkontrollen, Rasterfahndung, flächendeckende Videoüberwachung, Telefonüberwachung, Kommunikationsdatenspeicherung, Aufenthaltskontrolle/Bewegungsprofile (Toll Collect, Kennzeichenerfassung, Mobiltelefon/Ping/IMSI-Catcher), E-Mail und Internet-Überwachung, Webseiten-Sperren, Lauschangriff (Beseitigung der Unverletzlichkeit der Wohnung), DNA-Test für alle, Reisebeschränkungen, Reisedatenabgleich, vorbeugende Festnahmen, Platzverweise, Verbringungsgewahrsam, Ausweisungen auf Verdacht, Datenanfrage und Datenabgleich, Einschränkungen des Datenschutzes, Biometriepässe usw. usf. dienen nicht der Sicherheit der Bürger, diese ist absolut niemals herstellbar, sondern wenden sich größtenteils gegen die 82 Mio. Bürger dieses Landes und ihre verbrieften Rechte. Man hat in Deutschland nun praktisch keine Veranlassung dem Staat und seinen Protagonisten zu trauen. Schon gar nicht dann, wenn diese ständig die Aushöhlung von Grund- ud Menschenrechten bis zur faktischen Abschaffung betreiben.

Ich habe auch nicht die Absicht, etwa rechtswidrige Handlungen zu begehen. Aber allein deshalb müssen staatliche Organe noch lange nicht wissen, wo ich mich wann und warum aufhalte, was ich wann wo mit wem bespreche, wann ich wo und wie was und wie lange mit wem am Telefon berede, ihm in Briefen oder per Mail, Fax, Telegramm schreibe, mit ihm unternehme; welche Sexualpraktiken und -partner ich wo und wann bevorzuge, wo ich Urlaub mache, welche Webseiten ich lese, welches Fahrzeug ich wo und wann und wie lange benutzte, wieviel Geld ich zur Verfügung habe, wofür ich es ausgebe, was ich spare oder ob ich Schulden mache, und wann ich wo Geld abhebe oder einzahle usw.

M. Boettcher
 
In diesem Zusammenhang die Meinung des Regierungspräsidiums Darmstadt:
Die Speicherung der IP-Nummer dient also der Kontrolle der Verfügbarkeit, Fehlersicherheit und Revisionsfähigkeit des Abrechungssystems (unabhängig vom jeweiligen Tarif). Ob man diese Speicherung der IP-Nummer in jedem Fall auch unter dem Aspekt der "Erforderlichkeit für Abrechungszwecke" im Sinne des § 6 Abs. 4 TDDSG einordnen kann, kann dahingestellt bleiben, weil die Maßnahmen auch gem. § 9 BDSG zur Gewährleistung der Datensicherheit erforderlich sind.
http://www.jurpc.de/rechtspr/20030043.htm
 
@ M. Boettcher,

das haste echt schön zusammen geschrieben - endlich mal ein Posting von Dir, an dem ich wirklich eine Freude beim Lesen erlebe - doch mich, als einem Fossil "aus einem Land weit vor unserer Zeit" kannste zwar beeindrucken aber nicht überzeugen. Meine insgeheime Gesinnung werde ich hier nicht Preis geben, wenn gleich ich zugebe, dass ich mit der Demokratie oder besser dem Wischiwaschi, was in D. praktiziert wird, nicht so sehr viel am Hut habe.


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passend dazu, noch was lächerlichers
 
Reducal schrieb:
Meine insgeheime Gesinnung werde ich hier nicht Preis geben, wenn gleich ich zugebe, dass ich mit der Demokratie oder besser dem Wischiwaschi, was in D. praktiziert wird, nicht so sehr viel am Hut habe.
Das hört sich fatal nach extrem "rechter" Gesinnung an.

j.
 
jupp11 schrieb:
Reducal schrieb:
Meine insgeheime Gesinnung werde ich hier nicht Preis geben, wenn gleich ich zugebe, dass ich mit der Demokratie oder besser dem Wischiwaschi, was in D. praktiziert wird, nicht so sehr viel am Hut habe.
Das hört sich fatal nach extrem "rechter" Gesinnung an.

j.

Nein Jupp, ich bezeichne mich eher als ein Eigenbrötler mit Teamfähigkeit. Es kommt nur auf den umgebenden Content an! ;)
 
http://www.ksta.de/html/artikel/1112343752609.shtml
Gentest soll auch Kleinkriminelle überführen
Da muß doch dein Herz lachen: Das geht dir doch bestimmt noch nicht weit genug:
Temposünder, falsch parken, bei Rot über den Fußgängerüberweg: alles in die Gendatenbank
Orwell läßt grüßen, das Ganze abgerundet durch RFID Chips, am besten jedem Bürger implantiert
(die Amis sind da noch viel zu zimperlich)
http://www.heise.de/newsticker/meldung/59455
USA bauen Führerschein zur Terrorabwehr aus
j.
 
Das passt zum Thema:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/59573

Kein Auskunftsrecht für Plattenlabel auf Herausgabe von Provider-Kundendaten

Trotz des Verdachts illegaler Kopien von Musikstücken und deren möglicher Verbreitung über einen FTP-Server müssen Zugangsprovider nicht die Daten ihres Kunden, wie Name und Anschrift, mitteilen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg entschieden und damit eine gegenteilige Entscheidung des Landgerichts (LG) Hamburg kassiert.

Laut OLG fehle es für das Informationsverlangen unter anderem an einer rechtlichen Grundlage. Dies könnte sich allerdings demnächst ändern, da der Gesetzgeber neue Auskunftsregelungen plant. Voraus gegangen war der Entscheidung des Oberlandesgerichts eine Offensive der Musikindustrie. Im Kampf gegen Raubkopien hatte sie gleich mehrere gleichlautende Verfahren angestrengt, um an Kundendaten zu gelangen, denen zu konkreten Zeitpunkten bestimmte dynamische IP-Nummern zugewiesen waren, da der Verdacht der rechtswidrigen Verbreitung geschützter Songs bestand. Im Hamburger Fall ging es um einen FTP-Server, über den nach Auffassung des Musiklabels die Titel "Zwitter" und "Rein Raus" vom Album "Mutter" der Band Rammstein kostenlos herunter geladen werden konnten. Das Landgericht gab dem Auskunftsbegehren statt und stützte sich dabei auf eine entsprechende Anwendung von Paragraf 101 a Urheberrechtsgesetz (UrhG). Auch wenn genannte Norm den Inhabern von Urheberrechten, wie beispielsweise Musikunternehmen, nicht unmittelbar einen Auskunftsanspruch gebe, so seien dennoch Access-Provider zur Herausgabe von Kundendaten verpflichtet. Begründung: Paragraf 101 a UrhG diene der "effektiven Bekämpfung von Verletzungen immaterieller Schutzgüter".

Anders nunmehr das Oberlandesgericht: In seiner sehr detaillierten Begründung kommt es zu dem Ergebnis, dass der im Urheberrechtsgesetz geregelte Auskunftsanspruch nur denjenigen zur Auskunft über Herstellung und Verbreitung von Raubkopien verpflichte, der selbst an der Handlung beteiligt ist. Daran fehle es aber beim Access-Provider, da dieser lediglich den Zugang zum Web bereit stelle. Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne ein Provider auch deshalb nicht zur Rechenschaft gezogen werden, weil er aufgrund der Bereitstellung des Internetzugangs als so genannter Mitstörer an der Rechtsverletzung mitwirke. Daran ändere auch die gesetzliche Regelung in Paragraf 8 Absatz 2 Teledienstegesetz (TDG) nichts, wonach Access-Provider nach den allgemeinen Gesetzen trotz einer gewissen Haftungsprivilegierung zur "Entfernung und Sperrung" rechtswidriger Inhalte verpflichtet sind. Schließlich heiße "entfernen" und "sperren" eben gerade nicht, auch Auskunft erteilen zu müssen, so das OLG. Mit seiner Entscheidung liegt das OLG Hamburg auf der gleichen Linie wie das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main. Auch die hessischen Richter verneinen einen Auskunftsanspruch gegenüber Access-Providern, da der Anspruch der Aufdeckung und Trockenlegung von Quellen und Vertriebswegen von Plagiaten diene und zur Auskunft nur derjenige verpflichtet sei, der als Täter oder Teilnehmer an Urheberrechtsverletzungen beteiligt ist.

Ob die beiden Urteile auch in Zukunft Bestand haben werden, ist fraglich. Schließlich plant der Gesetzgeber im Rahmen des neuen Telemediengesetz (TMG) in Paragraf 12 Absatz 3 eine Auskunftsregelung, wonach Diensteanbieter "Auskunft über personenbezogene Daten an berechtigte Stellen und Personen" erteilen dürfen.

Juristen befürchten, dass es nicht bei einem "Dürfen" bleibt, sondern ein ausdrücklicher Auskunftsanspruch zu Gunsten von Urheberrechtsinhabern statuiert wird. Auch aus Sicht des Datenschutzes wird die schwammige Formulierung der Auskunftsregelung scharf kritisiert. So spricht beispielsweise der stellvertretende Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Johann Bizer, von einer "Kapitulation des Gesetzgebers vor dem Auftrag der Verfassung, normenklare und bestimmte Regelungen zu treffen". (Noogie C. Kaufmann) / (vza/c't)
 
http://www.heise.de/newsticker/meldung/59642
Keine Speicherung von IP-Adressen bei Lycos DSL

Der Gütersloher Internetprovider Lycos verzichtet offenbar völlig auf eine Speicherung dynamischer IP-Adressen seiner Kunden. Auch hat das Unternehmen die technisch verantwortliche T-Systems hierzu verpflichtet. Dies geht aus einer Auskunft von Lycos hervor, deren Inhalt der Provider gegenüber heise online bestätigt hat.
cp
 
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