StA Cottbus zu Zwangsvollstreckung u anwaltlichen Straftaten

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Nachfolgendes könnte für die mitlesenden Rechtsanwälte interessant sein, aber auch für Nutzer, die mit einer Zwangsvollstreckung konfrontiert sind.

Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen eine Anwaltskanzlei wegen einer zweifelhaften Zwangsvollstreckung hat sich die Staatsanwaltschaft Cottbus in einem Einstellungsbescheid recht umfangreich zu Fragen der Zwangsvollstreckung und möglicher Straftaten (Prozessbetrug, Nötigung, Erpressung) seitens Rechtsanwälten geäußert. Demnach soll -sinngemäß zusammengefaßt- folgendes gelten:
1. Eine eventuelle Unwirksamkeit der Kostengrundentscheidung schlägt nicht auf einen Kostenfestsetzungsbeschluss durch, der nicht auf der Urteilsurkunde aufgesetzt ist.
2. Kosten einer ohne Verifizierung der letzten bekannten Anschrift des Schuldners betriebenen Zwangsvollstreckung sind keine notwendigen Kosten im Sinne des § 788 I 1 ZPO (Anschlusss an Amtsgericht Itzehoe, DGVZ 1980, 28 ).
3. Zum Zweck der Anschriftenprüfung durch den Gläubiger aufgwendete Kosten für EMA Auskünfte sind stets notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 I 1 ZPO.
4. Die Rechtsanwaltsgebühr für den Vollstreckungsauftrag entsteht, sobald der Rechtsanwalt in der Sache irgendwie tätig wird.
5. Ein Rechtsanwalt darf -wenn Vollstreckungsklausel erteilt ist- auch dann von einer wirksamen Zustellung des Vollstreckungstitels ausgehen, wenn der Schuldner dies ihm gegenüber substantiiert bestreitet.
6. Bei zu Unrecht durch einen Rechtsanwalt geforderten Zwangsvollstreckungskosten liegt regelmäßig der für einen Prozesbetrug notwendige bedingte Täuschungsvorsatz nicht vor, da der Gerichtsvollzieher eine eigenständige Pflicht hat, die Kosten der Zwangsvollstreckung auf ihre Notwendigkeit zu prüfen.
7. Bei Erfüllung der Haupforderung durch den Schuldner sind die bisherigen Kosten der Zwangsvollstreckung auch dann gem. § 788 I 1 HS 2 ZPO zugleich mit der Hauptforderung beizutreiben, wenn der Schuldner angekündigt hat, diese nach Rechnungstellung durch den Gläubiger bzw Gerichtsvollzieher freiwillig bezahlen zu wollen.
8. Betreffend des Verdachts einer Erpressung streitet für einen Rechtsanwalt bei einem rechtlich zweifelhaften Kostenansatz regelmäßig ein Tatbestandsirrtum, wenn sich weder Rechtsprechung, noch Literatur mit der betreffenden Rechtsfrage befaßt haben.
9. Wiederholtes Nichtantreffen im Sinne des § 807 I Ziff. 4 ZPO liegt auch dann vor, wenn der Gerichtsvollzieher den zweiten Termin, den er mindestens zwei Wochen vorher angekündigt hat, am Terminstag um eine Woche verlegt, und den unentschuldigten Schuldner zum neuen Termin nicht antrifft.
10. Der Auftrag des Gläubigers nach § 900 I ZPO muß im Zeitpunkt der Vollstreckungsmaßnahmen nach § 807 I Ziff. 4 ZPO nicht vorliegen, hM (a. A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Auflage, § 807 Randnr. 13)
11. Im Rahmen einer Zwangsvollstreckung kann ein bedingter Nötigungsvorsatz vorliegen, wenn ein Rechtsanwalt Kenntnis davon hat oder es zumindest in Kauf nimmt, dass sein rechtlicher Standpunkt zu den Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung bzw des Antrags auf Bestimmung eines Termins zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung unzutreffend ist. In einem solchen Fall wäre die Zwangsvollstreckung rechtswidrig im Sinne der Verwerflichkeitsklausel des § 240 II StGB.
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Da es einige Staatsanwaltschaften nicht mögen, wenn Aktenzeichen veröffentlicht werden, wurde es im Text entfernt DJ/Mod
 
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