Cache-Kopie = Besitz?

stieglitz

Mitglied
Für die Juristen hier.Bei intern.de wird ein interessantes Thema aufgegriffen. Sind Dateien im Browser Catch bereits im Besitz des Anwenders? Würde mich auch mal interessieren wie die Meinungen hier dazu sind.
Intern.de schrieb:
Aber auch jene, die von der Existenz eines Cache wissen, werden es sich wohl zweimal überlegen, ob eine Anzeige nicht zum eigenen Nachteil gereichen kann. Das ist bedauerlich, denn die Meldebereitschaft ist eines der wichtigsten Elemente der Kriminalprävention und die Bürger sollten daher eher ermutigt werden, solche Beobachtungen zu melden. Und nicht die Furcht hegen, für ihre Meldebereitschaft bestraft zu werden.
http://www.intern.de/news/6826.html
 
Nach dieser Darstellung wäre also sogar der Zufallsfund nicht unproblematisch, sofern der Benutzer des Browsers über die Cache-Funktion informiert ist. Das wird in der Darstellung der "Rechtsberatung online" von Prof. Dr. K. Sakowski zwar wieder etwas abgeschwächt, wonach bei einem Zufallsfund trotz Cache-Speicherung "in der Regel" nicht von einem Besitzwillen auszugehen ist. "Allerdings muß der Betreffende die Seiten sofort verlassen und den Inhalt des Cache löschen. Ansonsten kommt eine Strafbarkeit wegen Unterlassens in Betracht".

Diese Rechtsmeinung halte ich für zutreffend.

Weiter wird zu fragen sein, ob nicht der Besitz im Cache auch gerechtfertigt sein könnte, da der Nutzer den Zufallsfund mit anderen Vorstellungen im Cache belässt, etwa um den Fund gegenüber der Polizei belegen zu können.

Letzter Argumention kann aber nur greifen, wenn er tatsächlich die Fundstelle an die Polizei gemeldet hat.

Wer sicher gehen will, löscht den Cache umgehend.
 
Der Jurist schrieb:
Wer sicher gehen will, löscht den Cache umgehend.
Wie lange ist "Besitz" denn Besitz? Wenn man den Behörden meldet "unter der URL 'xyz' ist Pornographie mit Kindern zu finden", dann darf die Behörde davon ausgehen, dass sich ein Abbild für eine gewisse Zeit im Cache-Speicher des Browsers und mithin auf dem PC befand. Denn anders wäre die Aussage gar nicht zu machen. Reicht das nicht schon? Wer "Augenzeuge" ist, hatte eine Kopie der Bilddatei. Der Melder beschuldigt sich demnach automatisch selbst des temporären Besitzes. Kommt es bei der Strafbarkeit auf die Dauer an? Oder muss der Rat von oben eigentlich heißen "Psst! Sagen Sie lieber nichts" ? Das wäre toller Schutz - nur leider für die falschen Leute.

M. Boettcher
 
Moment:

1. Strafbarkeit wegen Unterlassens setzt eine Pflicht voraus - muss ich den rein von Windoof vorgegebenen Zusatzspeicher - den ich bewusst niemals nutze, dafür speichere ich ja bewusst, wenn ich will - durch aktives Tun leeren?

2. Überhaupt: Ich habe da ein echtes Problem, dem normalen User die notwendige vorsätzliche und schuldhafte Tat zu unterstellen ...

Wenn ich beim googlen durch einen fehlgeleiteten Link auf einer Kinderpronografieseite lande, komme ich (obwohl Jurist) auf alle möglichen Ideen und Handlungswünsche* - aber sicherlich nicht darauf, meinen Cache zu überprüfen (viel Spaß beim Durchsuchen der tausenden .jpg-Einträge) ...

*gegen den Link und seinen Betreiber, versteht sich
 
Tröndle/Fischer beantwortet die Frage doppeldeutig. Einerseits soll das Anschauen von harter Kinderpornographie über den PC Bildschirm den Tatbestand des Besitzes nicht erfüllen; andererseits soll das bewußte Speichern -und sei es nur in einem Zwischenspeicher- den Tatbestand der Besitzverschaffung erfüllen. Das AG Hamburg CR 98, 33 hat im Fall einer Zwischenspeicherung zur Weiterleitung von Kinderpornos via E-Mail in dieser Richtung entschieden.
 
.... soll das bewußte Speichern -und sei es nur in einem Zwischenspeicher- den Tatbestand der Besitzverschaffung erfüllen.
Genau so wird es i. d. R. auch bei einer Strafverfolgung gesehen, bevor ein StA oder gar ein Gericht über Tatbestände zu entscheiden hat - einmal auf die Kiste geladen und schon sitzt man im Boot. Deshalb kann immer wieder nur gutgläubigen Mitteilern angeraten werden, allenfalls Links zu diversen Seiten zu bennen aber niemals exemplarisch Tatsachen vorführen zu wollen.
 
Fazit: Wer eine ausreichend schnelle Internetanbindung hat, sollte den Cache ganz abschalten. Ausserdem gibts in vielen Browsern (ja sogar auch im IE) die Option, den Cache nach Schließen des Programms automatisch leeren zu lassen :) Hach, ich liebe absurde Rechtslagen :(
 
KatzenHai schrieb:
1. Strafbarkeit wegen Unterlassens setzt eine Pflicht voraus - muss ich den rein von Windoof vorgegebenen Zusatzspeicher - den ich bewusst niemals nutze, dafür speichere ich ja bewusst, wenn ich will - durch aktives Tun leeren?
Zunächst: diesmal ist "Windoof" völlig unschuldig. Es handelt sich um den Zwischenspeicher des Browsers. Den gibt es unabhängig davon, auf welchem System der läuft und unabhängig davon, wer Hersteller des Browsers ist.

Sodann: man könnte auf die Idee kommen, dass die unbewußte Speicherung nur eine vorgeschobene Behauptung ist. Ich unterstelle (begründbar), dass Behörden sich mit dieser Idee beschäftigen, gar anfreunden können. Und der Idee folgend ermitteln. Zusammen mit Diskussionen darüber, dass den Tippgebern entsprechender Fundstellen selbst strafrechtliche Ermittlungen drohen, wird das m. E. dazu führen, nach einem ersten Erschrecken die Spuren zu löschen und nichts zu sagen. Bequemer ist es allemal. Wer hat schon Lust zum Target von Ermittlungen zu werden? Und wenn man so schon 'mal wegschauen übt, darf man sich nicht wundern, wenn Zivilcourage allgemein nicht gerade zu deutschen Tugenden zählt.

KatzenHai schrieb:
Wenn ich beim googlen durch einen fehlgeleiteten Link auf einer Kinderpronografieseite lande, ...
Hoppla! Du redest Dich um Kopf und Kragen :) Da sagen der abgeklärte Polizist und der erfahrene StA: "Kommen Sie uns bitte nicht mit der Leier, Herr Katzenhai. Solche 'Zufälle' tischt man uns hier jede Woche zweimal auf. Also: gestehen Sie endlich: seit wann, wie oft und mit wem tauschen Sie Kinderpornos?"

KatzenHai schrieb:
.. komme ich (obwohl Jurist) auf alle möglichen Ideen und Handlungswünsche* - aber sicherlich nicht darauf, meinen Cache zu überprüfen (viel Spaß beim Durchsuchen der tausenden .jpg-Einträge) ...
Die Durchsuchung ist simpel: man läßt z. B. automatisch Thumbnails anfertigen, was in Sekunden geht. Du glaubst nicht, wie schnell man dann die kritischen Bilder"auf einen Blick" identifiziert. Hat man erstmal eines, besieht man sich dessen URL und sucht im zweiten Durchlauf gezielt nach eben der. Fördert man dann weitere zu Tage, dann ...

M. Boettcher
 
IT-Schrauber schrieb:
:) Hach, ich liebe absurde Rechtslagen :(

Da kann man nur hoffen, dass man mal nicht in so eine Situation gerät.
Gottseidank bin ich bisher davon verschont geblieben.
Der Grossteil der Internetuser weiss nichtmal dass es einen Browser Cache gibt. Die könnten daher in ziehmlich ungemütliche Lagen geraten. Es muss ja nicht unbedingt KiPo sein, es reichen ja auch schon aus, gewaltverherrlichende Schriften oder Nazischmutz im Cache zu haben.
Jedenfalls trägt diese Gestzeslage nicht gerade zur Aufklärung solcher Sachen bei.
Danke an alle Beteiligten hier im Thread für die interessante Kommentierung. :D

Schreibweise cache <> catch korrigiert modaction
 
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