AG Krefeld 73 C 17/04 ohne Doku/Einbeziehung Tarif kein Geld

118xx

Mitglied
Wenn schon nicht bestritten wird dass die Dienstanbieter Schurken sind.
Urteil ist zwar schon was angestaubt aber trotzdem nett zu lesen.

AMTSGERICHT KREFELD
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL 73 C 17/04

In dem Rechtsstreit
....
gegen
....
hat das Amtsgericht Krefeld aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2004
durch die Richterin ...am Amtsgericht
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 400,- vorläufig abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht des Telekommunikationsunternehmens und Netzwerksbetreibers....einen Anspruch auf Zahlung für Kommunikationsverbindungen mit Mehrwertdienstanbietern
geltend. Die Zedentin unterhält und betreibt ein Verbindungsnetz, das heißt sie stellt Verbindungen aus Teilnehmernetzen wie beispielsweise dem der ...., in andere Netze her.

Der Beklagte ist Inhaber eines Festnetztelefonanschlusses, für den bei der....einen Buchungskonto unter der Nummer ... geführt wird. Die...Klägerin stellte dem Beklagten für den Zeitraum vom 15.10. 02 bis 22.10. 02 für Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten unter der Rufnummergasse 0190 0 Telefon- beziehungsweise Internet-Gebühren in Höhe von € 946,62 in Rechnung. In den von ihr "Einzelverbindungsübersicht" überschriebenen“ Ausdrucken ist als Produktbeschreibung (Mehrwertdiensteanbieter) die Firma T..... angegeben. Der Beklagte zahlte den Betrag nicht und rügte gegenüber der ...die Richtigkeit der berechneten Leistungen.

Der Mehrwertdienstanbieter war ein Großkunde der Zedentin bzw. Schwesterfirma. Die Zedentin trennte sich im Frühjahr 2003 von der Firma, weil dieser eine Vielzahl von unseriösen Dialern verbreitete beziehungsweise duldete.

Die Klägerin trägt vor, sie sei aus abgetretenem Recht der....berechtigt. deren Forderung geltend zu machen. Der Beklagte habe gemäß den aufgelisteten Einzelverbindungen die Mehrwertdienste in Anspruch genommen. Für den Inhalt der angebotenen Dienste treffe die Verantwortlichkeit allein den Anbieter und nicht die Zedentin als Betreiberin des Verbindungsnetzes. Der Beklagte sei vor Beginn der Entgeltpflicht sowohl auf den einschlägigen Tarif, der aus nationalen öffentlichen Festnetzen zu zahlen sei. als auch auf die Übereinstimmung des angesagten bzw. angezeigten Tarifs mit dem angerechneten hingewiesen worden. Die Preisangabe sei pro Euro/Minute und in deutscher Sprache erfolgt. Der Beklagte habe den angegebenen Tarif mittels der Zahlenkombination 1 und 9. bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie € 946,62 nebst 5% Zinsen über UL, Basiszinssatz seit dem 30. 12.02 sowie € 146,63 Inkassokosten und
€ 2,50 Mahnkosten zu zahlen,

Der Beklagte beantragt

die Klage abzuweisen

Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Er trägt vor, eine Abtretung sei jedenfalls unwirksam, weil die Klägerin nicht zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet sei.

Der Beklagte bestreitet weiter, die in Rechnung gestellten Verbindung bewusst und gewollt erzeugt zu haben. Er trägt vor, die Verbindungen seien durch einen Dialer zu Stande gekommen. Die Einwahl erfolge dabei, ohne dass sie auf der Bildschirmoberfläche sichtbar werde. Die Firma.T...habe Leistungen ausschließlich über derartige Dialer angeboten. Entsprechend sei auch auf die Preise für die Verbindungen, nicht hingewiesen worden.

Der Beklagte ist der Auffassung, ein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der Abrechnung könne für die Klägerin nicht gelten, weil es sich um frei tarifierbare Leistung handele, Die Klägerin habe auch nicht die technische Prüfung der Verbindung durchgeführt und dokumentiert, bei dem vorgelegten Einzelverbindungsnachweis handele es sich um einen bloßen Bildschirmausdruck. Das Zertifikat der Zedentin gemäß §5 TKV ersetze nicht die erforderliche Prüfung.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- . und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen verwiesen


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Zahlung von € 946,62 für Telekommunikationsdienstleistungen verlangen.

Die Klägerin hat bereits ihre Aktivlegitimation nicht substantiiert vorgetragen. Auf das Bestreiten des Beklagten hat sie weder den Zeitpunkt noch den genauen Inhalt der Vereinbarung angegeben.

Die Klage ist jedenfalls auch unbegründet. weil ein Anspruch der Zedentin gegen dem Beklagten gemäß § 611 BGB nicht ausreichend substantiiert und unter Beweis gestellt ist. Es ist insofern nicht ausreichend dargetan, dass es zu einem wirksamen Vertragschluss gekommen ist


Ein Dienstleistungsvertrag wie er behauptet wird setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus, die auch konkludent abgegeben werden können. Dies ist gerade bei der Nutzung von Telefonanschlüssen regelmäßig der Fall. Dass der Beklagte eine solche Nutzung jedoch bewusst und gewollt selbst getätigt hat, ist nicht ohne weiteres anzunehmen. Das tatsächliche - im Haushalt des Beklagten sich abspielende - Geschehen kann die Klägerin auch kaum vortragen oder unter Beweis stellen, hieran fehlt es infolge dessen.

Die Klägerin kann sich für die Frage des Vertragsschlusses auch nicht auf die Erleichterung des Anscheinsbeweises gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 TKV
(Telekommunikationskundenschutzverordnung) berufen.

Die Klägerin hat hierfür bereits keinen Einzelverbindungsnachweis im Sinne der Vorschrift vorgelegt. Bei dem zur Akte gereichten Ausdruck (Blatt 14,15) handelt es sich erkennbar um den Ausdruck einer Bildschirmanzeige, deren Bezug zu einer technischen Aufzeichnung nicht zwingend gegeben und nicht vorgetragen ist.


Es ist weiter nicht ersichtlich und nicht vorgetragen, dass die Ordnungsgemäßheit der technischer Einrichtung überprüft wurde. Hierfür kann die Klägerin sich auch nicht auf die nach § 5 TVK erfolgte und zertifizierte Prüfung für die generelle Eignung ihres Abrechnungssystems berufen. Mit dem Zertifikat wird nur die Durchführung der allgemeinen Qualitätssicherung bestätigt, eine Einzelfallprüfung, wie sie § 16. TVK fordert kann dies nicht ersetzen

Schließlich kommt ein Anscheinsbeweis zu Gunsten der Klägerin nicht in Betracht, weil der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, dass die Verbindung durch einen, unrechtmäßig handelnden Dialer zu Stande gekommen sein kann. Ihrem Vortrag, gerade der Mehrwertdienstanbieter T.... habe ausschließlich mit Dialern gearbeitet, die Zedentin habe gerade deswegen die vertragliche Beziehung zu T....beendet, ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
Mit dem Anscheinsbeweis erleichtert der Gesetzgeber dem Dienstleistungsunternehmen in technischen Massengeschäften die Darlegungs- und Beweislast für das ordnungsgemäße Zustandekommen des Vertrages. Dies ist erforderlich und sinnvoll .Es bedarf jedoch der Einschränkung, wenn sich Entwicklungen zeigen, die vom Ordnungsgemäßen und rechtmäßigen Regelfall massiv abweichen. Im Bereich der unrechtmäßigen Dialer Installationen - deren Vorkommen auch die Klägerin nicht abstreitet - ist das der Fall. Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass in einer Vielzahl von Fällen sich Dialer unbemerkt installieren, teilweise Schutzprogramme deaktivieren und sodann automatisch und unbemerkbar andere Programme starten. Kommt aber eine solche Möglichkeit ernsthaft in Betracht, bleibt keine Grundlage für einen Anscheinsbeweis mit der Folge, dass die Klägerin im Einzelfall substantiiert darlegen und beweisen muss, wie der Verbindungsaufbau bei der konkreten Nummer stattfindet. Hierzu könnte beispielsweise das Einwahlprogramm dargelegt und im Einzelfall nachgewiesen werden, dass die Einwahl nur zurechenbar vorgenommen werden kann.

Weiter gilt auch bei dem Vertrag über Telekommunikationsleistungen, dass der wesentliche Inhalt bestimmt sein muss, hierzu gehört insbesondere der vom Nutzer zu zahlende Preis. Diesbezüglich hat die Klägerin zwar behauptet, zu Beginn der Verbindung werde dem Kunden der einschlägige Tarif bekannt gegeben und durch diesen, per Mausklick oder Anwahl der 1 und 9. bestätigt. Auf das Bestreiten des Beklagten hat die Klägerin jedoch Beweis nicht angeboten. Es wäre darüber hinaus ohnehin fraglich ob die Klägerin ohne Vorlage des Programmcodes aus eigener Kenntnis Angaben hierzu machen kann, weil es sich nicht um ihre oder der Zedentin Leistung handelt, sondern um die des Mehrwertdienstanbieters. Für den Inhalt weist die Klägerin bzw. Zedentin aber auch im Übrigen die Verantwortung und Kenntnis von sich.

Nach alledem ist ein Anspruch der Klägerin nicht begründet

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §708 Nr. l'
113 ZPO.
 
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