AG Krefeld 70 C 541/03:Ohne Dokumentation (§16TKV) kein Geld

118xx

Mitglied
Bei diesem (rechtkräftigen)Urteil ist folgendes spannend:

Es war kein Dialer sondern ein Verwählen bei Verwendung einer 0190-Sparvorwahl strittig (Die Verbindungen wurden nach Vortrag des Beklagten sofort unterbrochen, dazu passt:im EVN sind zwei Verbindungen einmal 2 Sekunden einmal 3 Sekunden a 30 Euro enthalten). Somit musste das Gericht ohne Dialerbezug über die allgemeine Frage der Einbeziehung von Tarifen bei 0190-0 Nummern entscheiden.

Eine nachgereichte Dokumentation nach § 16 TKV reichte nicht aus weil ohne Substanz.

Eine Prüfung/Dokumentation nach § 16 TKV muss unabhängig von der Art der erhobenen Einwendung erfolgen


70 C 541/03 Verkündet am 10.05.04

AMTSGERICHT KREFELD
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit
Klägerin
gegen
Beklagter


hat das Amtsgericht Krefeld auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2004 durch die Richterin am Amtsgericht

für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten das Rechtsstreite trägt die Klägerin

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des begehrten Betrages von 60,00 € als Telefonverbindungsentgelt für den 23.09.2002 aus einem zwischen xx und dem Beklagten geschlossenem Vertrag aus abgetretenem Recht, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Abtretung der Forderung von der Firma an die klagende Partei wirksam war, denn eine Forderung der Firma gegen den Beklagten, die wirksam hätte abgetreten werden können, bestand gar nicht.

Zunächst ist nicht festzustellen, das die in der Einzelverbindungsübersicht aufgeführten Verbindungen zu der Zielrufnummer 0190xxx tatsächlich hergestellt worden sind. Auf einen Beweis des ersten Anscheins kann sich die klagende Partei diesbezüglich nicht berufen. Grundlage eines solchen Anscheinsbeweises bildet nach der Rechtsprechung die Erfüllung der Anforderungen des § 16 Abs. 1 TKV. Nach dieser Vorschrift hat ein Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen - wie die Firma -, wenn der Kunde Einwendungen gegen die Höhe der ihm in Rechnung gestellten Verbindungsentgelte erhebt, die einzelnen Verbindungsdaten aufzuschlüsseln und eine technische Prüfung durchzuführen, deren Dokumentation dem Kunden auf Verlangen vorzulegen ist. Ist dies geschehen und hat die technische Prüfung keine Mängel ergeben, so spricht nach der Rechtsprechung der erste Anschein für die Richtigkeit der abgerechneten Verbindungen. Vorliegend sind diese Voraussetzungen allerdings nicht erfüllt. Zwar hat die Klägerin eine Einzelverbindungsübersicht vorgelegt, jedoch trotz der bereits im Oktober 2002 erhobenen Einwendungen des Beklagten keine technische Prüfung durchgeführt und eine entsprechend Dokumentation vorgelegt. Soweit im Laufe des Prozesses die technische Prüfung nachgeholt und eine Dokumentation mit Schriftsatz von 22.03.2004 zu den Akten gereicht wurde, so genügt diese nicht den Anforderungen an eine Dokumentation nach § 16 TKV. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Durchführung einer technischen Prüfung nach einem derart langen Zeitraum überhaupt noch der vorbezeichneten Vorschrift entspricht, denn jedenfalls läßt das „technische Prüfprotokoll“ nicht erkennen, wer wann was genau überprüft hat. Allein die Erklärung, es seien "unsere Logfiles über unseren Server und unser Verpreisungssystem überprüft“ und keine abrechnungsrelevanten Fehler festgestellt worden, ist hierfür nicht ausreichend. Vielmehr wäre eine detailliertere Dokumentation vorzulegen gewesen. Die technische Prüfung nach § 16 Abs. 1 TKV war vorliegend auch nicht aufgrund der Art der von dem Beklagten erhobenen Einwendungen entbehrlich. Der Beklagte trägt hierzu vor, die in Rede stehende Rufnummer sei durch Verwählen angewählt worden, weil bei der eigentlich beabsichtigten Wahl, der "Sparvorwahl" 0190, die letzte Ziffer vergessen worden sei, so dass nach der Wahl weiterer Ziffern die Verbindung sofort unterbrochen worden sei. Tatsächlich ist auch aus der von der klagenden Partei vorgelegten Einzelverbindungsübersicht ersichtlich, dass die Dauer der beiden in Rede stehenden Verbindungen lediglich zwei und drei Sekunden betragen haben soll. Ein technischer Erfassungsfehler erscheint damit nicht ausgeschlossen. Die Verpflichtung zur Durchführung einer technischen Prüfung und Erstellung einer Dokumentation hierüber trifft im übrigen die Klägerin bzw. die Firma in jedem Fall, d.h. unabhängig von der Art der von dem Kunden erhobenen Einwendungen. Erst wenn nämlich (aufgrund einer technischen Prüfung im Sinne des § 16 Abs. 1 TKV) feststeht, dass die Verbindungen tatsächlich aufgebaut worden sind und ein Abrechnungsfehler auszuschließen ist, gewinnt die Frage, ob es sich um einen unbeabsichtigten Verbindungsaufbau handelte, an Bedeutung. Die Art der von dem Kunden erhobenen Einwendung ist für den Umstand, dass nach der Rechtsprechung die technische Prüfung Grundlage für den Anscheinsbeweis ist, unerheblich.

Zudem hat die klagende Partei vorliegend auch nicht in hinreichend substantiierter Art und Weise dargetan und unter Beweis gestellt, dass der berechnete Tarif von der Firma mit dem Beklagten vereinbart worden ist. Unstreitig handelt es sich bei der angewählten Nummer um eine frei tarifierbare Nummer, beginnend mit 0190-0... Bereits aus der Preisangabenverordnung ergibt sich, dass bei solchen frei tarifierbaren Nummern der in Rechnung gestellte Tarif nur dann Vertragsinhalt geworden sein kann, wenn er entweder bereits vor Herstellung der Verbindung veröffentlicht worden war, so dass der Kunde zumindest die Möglichkeit hatte, sich vor der Anwahl zu informieren, oder der Kunde vor der Einwahl auf den Tarif hingewiesen worden ist. Dass und wie dies vorliegend erfolgt sein soll, hat die klagende Partei nicht substantiiert vorgetragen und auch keinen geeigneten Beweis angetreten, obwohl die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast bei ihr liegt. Zwar behauptet die klagende Partei in ihrem Schriftsatz vom 22.03.2004, es sei ein sogenannter Blocktarif einschlägig, der im vorliegenden Fall 25,8621 € betrage, und bei dem der Kunde unabhängig von der Dauer die Verbindung halten könne. Woraus sich dieser angebliche Tarif ergeben und dass und wie er dem Kunden vor Herstellung der Verbindung angesagt worden sein soll, hat die klagende Partei indes nicht substantiiert vorgetragen. Sie behauptet lediglich pauschal, der Tarif sei mitgeteilt worden und auch von dem Kunden bestätigt worden. Soweit die klagende Partei zum Beweis dafür den "zuständigen Mitarbeiter" der Firma namens W. als Zeugen benennt, so war dessen Vernehmung nicht zu veranlassen, denn diese liefe auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb der Zeuge W. Kenntnis über Preisangaben im Netz der Firma bzw. über das konkrete Verhalten des Mehrwertdienstanbieters haben soll.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 708 Nr.11, 713 ZPO

Streitwert 60,00 €
 
Die technische Prüfung wird als Nachweis immer wichtiger. So soll das auch sein, denn so steht´s in der Verordnung.

Aber nehmen wir mal an:

Dieses und die anderen schönen Urteile werden allgemein bekannt. Und weil die nun bekannt sind, häufen sich die Einwände, egal ob berechtigt oder nicht, weil ja jeder jetzt weiß, dass man ohne Prüfprotokoll nicht mehr zu zahlen braucht.

Wie wollen die Netzbetreiber dem entgegenwirken?

Gruß wibu
 
wibu schrieb:
Die technische Prüfung wird als Nachweis immer wichtiger. So soll das auch sein, denn so steht´s in der Verordnung.
.....
Wie wollen die Netzbetreiber dem entgegenwirken?

Gruß wibu
Ihre gesetzliche Pflicht erfüllen, ist eine Möglichkeit und sich andere Geschäftspartner suchen, eine andere.
 
AG Neuss sagt ja wie man als ersten Schritt schon mal anfangen könnte:

Womöglich hätte es schon weiter geholfen, einmal darzulegen, was die Zedentin denn üblicherweise tut, um alle diese Daten zu speichern und abzugleichen, und wie es in einem typischen Fall aussieht, und entsprechende Screenshots, Prüfprotokolle etc für einen solchen Normalfall vorzulegen
 
Das Rumreiten auf der technischen Dokumentation ist ja gut und schön, aber leider ist darüber etwas anderes wichtiges untergegangen.

Ich finde den Versuch der Telefongesellschaft, Einwahlen von 2 und 3 sec Dauer gerichtlich einzuklagen, extrem dreist und unseriös. Es stellt sich ja die Frage, welcher "Mehrwert" in so ein paar sec überhaupt übermittelt werden kann. Da mag es schon Sachen geben, die dafür in Frage kommen (Passwörter zb), aber hier ging es nicht um eine Dialereinwahl, sondern um ein manuelles Verwählen.
 
Die Verbindungen wurden übrigens -nach Vortrag des Beklagten- durch den Dienstanbieter/Netzanbieter getrennt (Ansage: "keine Verbindung unter dieser Rufnummer" o.ä.). Ist oben etwas missverständlich.


Ich finde den Versuch von xxx

Dazu welche Telco klagte sag ich nix.





Name der TK-Gesellschaft editiert
 
wibu schrieb:
Wie wollen die Netzbetreiber dem entgegenwirken?
Rex Cramer schrieb:
Indem sie erst gar keine Rechtsprechung entstehen lassen, die diesen Weg aufzeigt.
Von daher hält sich mein Mitleid ziemlich in Grenzen.
Meins auch.

Der Jurist schrieb:
Ihre gesetzliche Pflicht erfüllen, ist eine Möglichkeit und sich andere Geschäftspartner suchen, eine andere.

Selbstverständlich.

Captain Picard schrieb:
Das ist doch deren Problem , nach den sieben fetten Jahren haben sie sich genug Speck angefuttert,
um mal über etwas rechtssichere (und damit verbraucherfreundlichere) Lösungen nachzudenken...

Die Betreiber brauchen nicht nachzudenken. Die rechtssichere Lösung ist die technische Überprüfung. Und genau da sehe ich das Problem. Hier könnte eine Kostenlawine auf die Betreiber zukommen, weil bei jedem Einwand die Techniker ausrücken müssen. Da wird der angefutterte Speck auf Dauer nicht reichen.
Ich befürchte, dass diese Kosten durch eine Gebührenerhöhung vorab auf die Verbraucher umgelegt werden.

Gruß wibu
 
wibu schrieb:
Ich befürchte, dass diese Kosten durch eine Gebührenerhöhung vorab auf die Verbraucher umgelegt werden.

Gruß wibu
Was hab ich als Otto Normalo mit den Abrechnungsproblemen der Telcos und der Mehrwertabzocker
zu tun, insbesondere, wenn ich für das Sperren dieser Nummern schon zu Kasse gebeten
worden bin :gruebel: Es sollten alle Minderwertnummern standardmäßig gesperrt sein und das Freischalten
sollte mit Gebühren beaufschlagt werden, so wird ein Schuh draus!

cp
 
Captain Picard schrieb:
Es sollten alle Minderwertnummern standardmäßig gesperrt sein und das Freischalten
sollte mit Gebühren beaufschlagt werden, so wird ein Schuh draus!

:dafuer:

Und jetzt brauchen wir noch mehr solcher Urteile. Dann können die Telcos gar nicht anders.

Gruß wibu

P.S. Ich bin selbst auch ein 118xy Fall. Vielleicht haben wir bald noch so ein Urteil. AG Krefeld und die 118xy-Urteile passen so schön. Mal sehen, ob TL sich jetzt noch traut...
 
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