Schadensersatz bei heimlicher Dialereinwahl

A

Anonymous

Wie der BGH in seinem Urteil vom 4. März 2004 - III ZR 96/03 laut der Pressemeldung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs entschieden hat, besteht dem Grund nach ....

"... ein Schadensersatzanspruch der Beklagten (...), aufgrund dessen sie so gestellt werden müsse, als ob sich der Dialer nicht eingeschlichen hätte."

Das kindische Abstellen auf ein tadelnswertes "Eigenleben" der Einwaehl-Software verdeckt die meiner Ansicht nach interessante Frage, gegen wen der Geschaedigte seinen Schadensersatzanspruch geltend machen kann, auf welcher Grundlage, und in welchem Umfang.

Der BGH scheint uebrigens davon auszugehen, dass die Erbringung einer unbestellten (Mehrwert-)Leistung bei heimlicher Dialer-Anwahl zunaechst nicht das Entstehen eines Verguetungsanspruchs hindert, wenn er argumentiert, der Schadensersatzanspruch (gegen wen?) berechtige den Geschaedigten dazu, von der (wodurch begruendeten?) Verbindlichkeit (gegen wen?) zur Verguetung einer Leistung (welcher?) befreit zu werden.

Man koennte argumentieren, dass sich dem Computerbenutzer schadensersatzpflichtig gemacht haben

- der dialereinsetzende Webmaster,
- der Dialeranbieter
- der Anbieter der ueber das Dialerprogramm abzurechnenden Dienste
- das Abrechnungsunternehmen, das diesen Dialer zur Dienste-Abrechnung anbietet
- der Netzbetreiber, in dessen Netz die heimlich angewaehlten Mehrwertnummern realisiert sind.

(Zu klaeren waere, auf welchem Rechtsgrund die jeweilige Schadensersatzpflicht beruhen wuerde.)

Soweit den Geschaedigten Kosten durch Aufwendungen fuer Massnahmen zur Dialerbeseitigung enstanden sind, so duerften sie unter bestimmten Voraussetzungen wohl deren Ersatz von dem bzw. den Schadensersatzpflichtigen verlangen koennen. (Fuer aufwandte eigene Arbeitszeit bei der Schadensbeseitigung kann ein Geschaedigter grundsaetzlich keinen Ersatz verlangen; es sei denn, er wird mit dieser Massnahme im Rahmen seiner Berufsausuebung taetig).

Ob daneben ein Schadensersatzanspruch (auch) in Hoehe eines Verguetungsanspruchs besteht, oder ob die unbestellte Leistungserbringung bei heimlicher Dialereinwahl schon jeden (Verguetungs-)Anspruch ausschliesst, der als "Schaden" zu ersetzen waere, macht jedenfalls im Ergebnis keinen Unterschied.

gal.
 
Das mit dem Schadensersatz hat nicht der BGH gesagt.
In der Pressemitteilung wurde nur das Berufungsgericht zitiert (also das KG Berlin). Ob der BGH insoweit dem Berufungsgericht folgt, läßt sich aus der Pressemitteilung nicht ablesen.
--> also keine voreiligen Schlüsse ziehen!
 
Ich empfehle folgende Lektüre: NJW-RR 2003 Heft 09, S. 637 ff.


Auszug:
"Dem Anspruch der Kl. auf Zahlung eines Entgelts für die Verbindungen zu der Rufnummer 0190-8-… steht ein Schadensersatzanspruch der Kl. aus culpa in contrahendo i.V. mit § 278 BGB entgegen, der darauf gerichtet ist, so gestellt zu werden, als wären die über die Rufnummern 0190-8-… hergestellten Internetverbindungen lediglich über die gewöhnliche, von der Kl. angebotene Interneteinwahl zu Stande gekommen."


Beste Grüsse,
Remsen
 
ja, aber auch dort [NJW-RR 2003 Heft 09, S. 637] wird "nur" das KG Berlin zitiert und nich der BGH. In der Pressemitteilung des BGH stand keine Aussage des BGH zu Schadensersatzansprüchen. Ist nämlich fraglich, ob der BGH überhaupt soweit kommt, wenn er den Zahlungsanspruch ablehnt wengen §16 TKV.
 
Stimmt natürlich. Ohnehin bin ich mal gespannt, wann endlich das BGH Urteil zu haben ist. Auf deren Internetseite wird zwar ständig aktualisiert, das Volltexturteil ist bislang jedoch nicht zu haben.

Beste Grüsse,
Remsen
 
BGH zum Schadenersatz

@alle

Hat man gegen Telekom/Easybilling/Internet Clearing dank Bundesgerichtshof nicht jetzt eine nette neue Handhabe?
§ 278 BGB schrieb:
Bundesgerichtshof im Urteil vom 5.3 schrieb:

Zu gut Deutsch, wenn die Telekom fuer EasyBilling/Toni Dialer/etc gefordert hat, ist sie schadenersatzpflichtig. Der Vorteil bei T-Com ist, dass man denen den Betrag einfach von der Rechnung abziehen kann, wenn man hinreichend deutlich vorher Rechnung gestellt und gemahnt hat! Evt. proviziert man damit eine gerichtliche Auseinandersetzung. Leider folgt der Standarddisclaimer. I am not a lawyer. Haette aber gerne einen Kommentar von ebensolchem, wenn ich voellig danebenliege. Kann mir dann die Rechnung wg Toni Dialereinwahl an T-Com sparen ;)

Gr.
TSCoreNinja
 
@ TSCoreNinja


Nicht ganz so schnell mit den jungen Pferden von wegen Sachdensersatz und so...

Also im vom BGh entschiedenen Fall hat sich ein Dialer heimlich eingewählt und den Eintrag in der DFÜ-Verbindung verändert. Nach der Löschung des Dialers blieb diese Veränderung.

Soweit liegt dieser Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde.

Du wirst in Zukunft aber nur noch auf Dialer-Anbieter treffen, die bestreiten, dass sich das Programm heimlich einwählt und schon garnicht die DFÜ-Einstellung verändert.

Damit ist selbst bei einem nichtregistrierten Dialer § 826 BGB nicht mehr gegeben, mit dem der BGH den Schadensersatz begründet hat.

Also Vorsicht mit Deinen vorschnellen Ratschlägen.

Im übrigen musst Du der T-Com keine Rechnung schreiben. Du musst nur die Aufrechnung erklären.
 
Re: BGH zum Schadenersatz

TSCoreNinja schrieb:
@alle

Zu gut Deutsch, wenn die Telekom fuer EasyBilling/Toni Dialer/etc gefordert hat, ist sie schadenersatzpflichtig. Der Vorteil bei T-Com ist, dass man denen den Betrag einfach von der Rechnung abziehen kann, wenn man hinreichend deutlich vorher Rechnung gestellt und gemahnt hat! Evt. proviziert man damit eine gerichtliche Auseinandersetzung. Leider folgt der Standarddisclaimer. I am not a lawyer. Haette aber gerne einen Kommentar von ebensolchem, wenn ich voellig danebenliege. Kann mir dann die Rechnung wg Toni Dialereinwahl an T-Com sparen ;)

Gr.
TSCoreNinja

Zu gut Deutsch: Träumer
 
Aus dem BGH Urteil bzgl eines möglichen Anspruches aus Vertrag zwischen Kunde und MWD-Anbieter (nicht zu Verwechseln mit dem eigenen Anspruch des Netzbetreibers):

Grundlage eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB kann
unter anderem die Veranlassung zum Vertragsschluß durch eine vorsätzliche
Täuschung sein

Im Prinzip kann man sich den Ausführungen des BGH zu § 826 nur anschliessen. Und doch finde ich den Schwerpunkt etwas merkwürdig. Denn wie der BGH selbst sagt, kann wegen 826 offen bleiben, ob überhaupt ein Vertrag zwischen MWD-Anbieter und Kunde zustande gekommen ist, da 826 einen entsprechenden Schadensersatzanspruch begründet. Meiner Meinung nach liegen in 98% aller Fälle aber schon gar keine geschlossenen Verträge vor, so dass eher die Ausführungen zu 826 dahinstehen hätten können.

Oder wollte der BGH mit der Berufung auf 826 nur ein weiteres Instrumentarium gegen den Anspruch des MWD Anbieters anführen ? Die Vertrags, Anfechtungs und Abtretungsproblematik erachte ich eigentlich als "wichtiger".

Beste Grüsse,
Remsen
 
Remsen schrieb:
Im Prinzip kann man sich den Ausführungen des BGH zu § 826 nur anschliessen. Und doch finde ich den Schwerpunkt etwas merkwürdig. Denn wie der BGH selbst sagt, kann wegen 826 offen bleiben, ob überhaupt ein Vertrag zwischen MWD-Anbieter und Kunde zustande gekommen ist, da 826 einen entsprechenden Schadensersatzanspruch begründet.

Ich frage mich, wie jemals ein Vertrag zwischen dem Täuschenden und dem Getäuschten geschlossen werden könnte.

Übrigens erregte der Dialeranbieter beim Getäuschten auch keine falsche Vorstellung über den Inhalt einer mit dem Einwahlvorgang abzugebenden Erklärung, wenn er ohne dessen Wissen eine Verbindung zu (s)einer 0190-Nummer herstellen ließ. (Denn wenn man sich einer Erklärungsabgabe schon nicht bewußt ist, dann kann man sie auch nicht durch eine irrige Vorstellung über ihren Inhalt abgegeben haben.)

Wenn somit der Dialeranbieter wußte, daß der Anschlußinhaber keine Kenntnis von der von ihm heimlich veranlaßten Anwahl seiner Mehrwertnummer hatte, dann kann er den -durch seine heimliche Dialereinwahl ausgelösten- Anruf auf seiner 0190-Nummer auch nicht als ihm geltende, willensmängelfreie Antragserklärung des Getäuschten (auf Abschluß eines Vertrags) auffassen.

Meiner Meinung nach liegen in 98% aller Fälle aber schon gar keine geschlossenen Verträge vor, so dass eher die Ausführungen zu 826 dahinstehen hätten können.

Wie stellst Du Dir in den von Dir angenommenen restlichen 2% die Umstände vor, wonach der heimliche Dialerverbinder trotzdem von einer bewußten Willenserklärung ausgehen dürfte? Jedenfalls ist der Schadensersatzanspruch aber nicht nur darauf gerichtet, den Anschlußinhaber von einer (möglicherweise) durch Täuschung erschlichenen Verbindlichkeit zu befreien, sondern ihn so zu stellen, als sei er nicht von einem systemverändernden Dialerprogramm heimgesucht worden. ("Reparaturkosten").

gal.
 
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