Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Reducal

Forenveteran
http://forum.computerbetrug.de/showthread.php?p=140564#post140564

Antidialer schrieb:
Schon wenn dein Nachbar über deinen WLAN Anschluss Tauschbörsen nutzt, können dir erhebliche finanzielle Schäden entstehen, weil du für deinen Anschluss strafrechtlich haftbar bist.
Das sehe ich zwar anders aber ettliche Kanzleien, die derzeit die Musikindustrie und andere vertreten, teilen diese Meinung. Ein Internetanschlussinhaber, der sein WLAN nicht verschlüsselt oder nicht nachvollzogen werden kann, wer über ein bekanntes, offenes WLAN tatsächlich gesurft ist, wird von den Vertretern der Rechteinhabern derzeit mit Schadenersatzforderungen überzogen.

Da frage ich mich schon, ob sein kann, was nicht ist? Der Internetanschlussinhaber hat keine Kenntnis von einer Missbrauchshandlung und soll stellvertretend für den Verursacher in Anspruch genommen werden. @ Juristen, geht das hier mit rechten Dingen zu?
 
AW: Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Ich weiß von Ermittlungsbehörden die ziemlich verzweifeln, weil ihr Tatverdächtiger "dummerweise" mit offenem WLAN unterwegs war. Der könne halt immer argumentieren, jemand anders sei der Schuldige, meinten die. Warum sollten Anwälte klüger sein als Staatsanwälte???
 
AW: Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Antidialer schrieb:
Schon wenn dein Nachbar über deinen WLAN Anschluss Tauschbörsen nutzt, können dir erhebliche finanzielle Schäden entstehen, weil du für deinen Anschluss strafrechtlich haftbar bist.

Über was reden wir jetzt eigentlich? Strafrecht oder zivilrechtlichen Schadensersatz?

1. Man ist nicht für einen Anschluss strafrechtlich haftbar. Das ist Käse. Logisch ist aber, dass der Anschlussinhaber ins Visier von Ermittlung gerät (wer denn auch sonst?). Bei den Ermittlungen muss dann festgestellt werden, ob der Anschlussinhaber eine strafrechtlich relevante Nutzung vorgenommen hat oder daran als Gehilfe oder Anstifter teilgenommen hat. Dabei gilt wie immer die Unschuldsvermutung. Das heißt, dass berücksichtigt werden muss, dass viele W-Lans ungesichert betrieben werden. Zur Feststellung der Schuld des Anschlussinhabers müssen also noch erhebliche weitere Indizien oder Beweise hinzukommen, die für ein gezieltes Öffnen des W-Lan für eine strafrechtlich relevante Nutzung sprechen.

2. Im Zuge dieser Ermittlungen werden die Rechteinhaber, die Anzeige erstattet haben, durch Akteneinsicht die Identität des Anschlussinhabers erfahren. Diese müssen dann im Wege des Zivilprozessrechts eine eigene Urheberrechtsverletzung des Anschlussinhabers oder eine Teilnahme an fremden Verletzungen beweisen. Dabei stellt sich die Frage, ob sie sich darauf berufen können, dass eine Vermutung besteht, dass der Anschlussinhaber die Verletzung selbst vorgenommen haben muss. Eine weitere Frage ist, ob der Anschlussinhaber allein durch die mangelhafte Sicherung seines W-Lan vorsätzlich eine fremde Rechteverletzung unterstützt oder fördert. Ich würde beide Fragen verneinen.
 
AW: Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Fipps schrieb:
Über was reden wir jetzt eigentlich? Strafrecht oder zivilrechtlichen Schadensersatz?
Über die Schadenerstatzansprüche, die ggü. demjenigen geltend gemacht werden, der über parallele Ermittlungen im Rahmen der Strafverfolgung als Internetanschlussinhaber festgestellt wurde.

Fipps schrieb:
Ich würde beide Fragen verneinen.
Wenigstens einer, der mein Rechtsverständnis bestätigt. :tach:
 
AW: Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Das sehe ich zwar anders aber ettliche Kanzleien, die derzeit die Musikindustrie und andere vertreten, teilen diese Meinung. Ein Internetanschlussinhaber, der sein WLAN nicht verschlüsselt oder nicht nachvollzogen werden kann, wer über ein bekanntes, offenes WLAN tatsächlich gesurft ist, wird von den Vertretern der Rechteinhabern derzeit mit Schadenersatzforderungen überzogen.
das OLG Frankfurt sieht das jetzt anders
Kanzlei Dr. Bahr, Hamburg - Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Glücksspielrecht, Gewinnspielrecht, Wirtschaftsrecht, Online-Recht
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil nun aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es vertritt die Auffassung, dass der Beklagte nicht als Störer hafte. Selbst wenn man - wie ein Teil der Rechtsprechung - eine anlassunabhängige Überwachungspflicht des Anschlussinhabers - z.B. für Familienangehörige - annehme, gehe eine uneingeschränkte Haftung des WLAN-Anschlussinhabers deutlich weiter, weil er für das vorsätzliche Verhalten beliebiger Dritter einstehen müsse, die mit ihm in keinerlei Verbindung stünden.
 
AW: Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Wenn es dann dabei bleibt und das Urteil rechtskräftig wird, dürfte es für die Abmahnhaie der MI schwer werden, ihre Masche weiterzuführen. Ein gutes Urteil!
 
AW: Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Ergänzend dazu:
Verwertungsverbot für IP-Adress-Auskunft bei Filesharing/Urheberrechtsverstoß, 6 O 156/08 vom 21.05.2008, noch nicht rechtskräftig:
Das LG Frankenthal stuft Logdaten zu IP-Adressen als Bestandsdaten ein, die dem Datenschutz unterliegen. Eine Auskunft zu solchen Bestandsdaten ist nach Auffassung des Gerichts nur bei schweren Straftaten zulässig, nicht aber bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen des Filesharings.
Näheres hier:
§§ Jur-Blog.de §§ Blog Archive LG Frankenthal: Verwertungsverbot für IP-Adress-Auskunft (Telekom) wegen filesharing auch im Zivilverfahren (mit Volltext)
 
AW: Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Wie kann man denn eine modifizierte Unterlassungserklärung ausstellen, da die vorgefertigte Unterlassungserklärung (bewehrte Unterlassungserklärung) ja wohl noch nachfolgende Ansprüche hat. Wir sind leider auch am Samstag abgemahnt worden und würde eigentlich gerne halbwegs glimpflich rauskommen aus der Sache.
 
AW: Mitstörerhaftung bei offenem WLAN

Dazu müsstest Du mal im Internet etwas recherchieren, bei Netzwelt.de sind m.W. einige vorformulierte UEs drin, da kann aber niemand eine Erfolgsgarantie geben. Ansonsten: im Zweifel lieber Anwalt fragen.
 
Zurück
Oben