Generelle Frage zur Schriftform

sturmbringer

Frisch registriert
Wenn ich was via Mail bestelle - geht das sofort klar ( unabhängig von der Firma oder den Produkten ) ...

Wenn ich dann das Teil/Produkt/Dienst kündigen will geht das auf einaml nur via Einschreiben oder Fax .....


Kommt mir das nur komisch vor ? Oder warum darf man ohne Unterschrift was bestellen und muss es dann via Schriftform ( mit Unterschrift ) kündigen ?

Verquerte Welt oder Rechtens ? ....

Sorry bin mir da etwas unsicher .......
 
1. Verträge können grundsätzlich auch mündlich oder durch Handzeichen oder was auch immer geschlossen werden, sofern das "was-auch-immer" jeweils aus der Sicht des Gegenübers bei objektiver Betrachtung als Vertragserklärungen verstanden werden muss. Das Gegenüber kann jedoch von vornherein sagen, ich möchte einen Vertrag nur schriftlich oder sonstwie schließen.

2. Für Anfechtungen, Kündigungen etc. gilt an sich das Gleiche: Ohne besondere Vereinbarung kommt es nur darauf an, ob eine Erklärung als Ausübung einer Anfechtung etc. verstanden werden kann (zusätzlich stellt sich natürlich immer die Frage der Beweisbarkeit in einem möglichen Gerichtsprozess). Im Vertrag kann durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) oder durch eine individuelle Vereinbarung eine bestimmte Form für Gestaltungsrechte (also Kündigung etc.) festgelegt werden.

  • Für das gesetzliche Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen kann aber gem. § 355 BGB keine "strengere" Form als die Textform vereinbart werden:
    § 355 BGB: Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen

    (1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, [...]. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform (§ 126b BGB) oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
    Dieses Formerfordernis kann nur zugunsten des Verbrauchers vertraglich abgeändert, also "abgemildert" werden. Was Textform bedeutet, siehe im übernächsten Posting von KatzenHai.
  • Für Formvereinbarungen in AGBs gelten zusätzlich folgende Grenzen:
    § 309 BGB: Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
    Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

    13. (Form von Anzeigen und Erklärungen)

    eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden.
    Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass in AGBs wirksam die Schriftform (Entweder die ausdrücklich vereinbarte sog. strenge Schriftform: Schreiben mit eigenhändiger Unterschrift oder ansonsten/im Zweifel die sog. erleichterte Schriftform: auch Fax oder E-Mail, vgl. dazu die Ausführungen von KatzenHai hier) (und natürlich alle weniger "strengen" Formen für Rücktritts- und Kündigungserklärungen vereinbart werden können.

Zur besseren Lesbarkeit editiert
 
Re: Generelle Frage - wegen "beziehen" und "kündigen&am

sturmbringer schrieb:
Wenn ich was via Mail bestelle - geht das sofort klar ( unabhängig von der Firma oder den Produkten ) ...

Wenn ich dann das Teil/Produkt/Dienst kündigen will geht das auf einaml nur via Einschreiben oder Fax .....
Wobei die (richtige) Feststellung von Rolf76 insofern zur Frage zu ergänzen ist:

§ 126b BGB setzt wörtlich für Textform "in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise" voraus, in der "die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht" wird.

Hierbei genügt nach der Rechtsprechung auch E-Mail oder Computerfax.

Kurzum: Kann per E-Mail bestellt werden - kann auch per E-Mail widerrufen werden. Alle einschränkenden Mehranforderungen sind AGB-widrig, also nicht vereinbart und daher nicht zu fordern.
 
[Diese Info ist allgemein interessant. Daher: Thread verschoben und Titel von (vorher) "Generelle Frage - wegen "beziehen" und "kündi" dem Thema angepasst.] - modaction.sep
 
Noch eine Ergänzung:

Die Textform reicht AGB-rechtlich zwingend nur gegenüber Verbrauchern - und nur für den gesetzlichen Widerruf.

Für Kündigungen z.B. kann AGB-wirksam auch die "Schriftform" (zunächst mehr als "Textform") vereinbart werden - wie Rolf76 oben schon dargestellt hat.

Für die Schriftform gilt zunächst nach § 126 BGB:
"Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.".

Aber: Vorliegend ist diese nicht "durch Gesetz" bestimmt, sondern durch (AGB-)Vertrag. Daher kommt die Regelung des § 127 Abs. 2 BGB zum Tragen - die sog. "erleichterte Schriftform":
"Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. (...)"

Und hier gilt: Telekommunikative Übermittlung reicht aus (Fax, E-Mail).

Anmerkung: Die Zugangsnachweis-Funktion eines Einschreibens hat mit dieser Frage direkt nichts zu tun. Sie kann AGB-rechtlich wg. § 309 Nr. 13 BGB nicht einfach so vereinbart werden ...
 
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