AG München: Überraschende Zahlungsklausel in Anmeldeformular

rolf76

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Eine weitere Bestätigung des Grundsatzes, dass versteckte Hinweise auf eine angebliche Entgeltpflichtigkeit eines Angebots unwirksam sind:

Amtsgericht München, Urteil vom 04.10.2007 - 264 C 13765/07:

Die spätere Klägerin, die einen Büroservice in München betreibt, erhielt im Juni 2006 von einem Verlag, der ein Branchenbuch herausgibt, einen Anruf, in dem ihr ein kostenloser Eintrag in diesem Branchenbuch angeboten wurde. Als sie sich interessiert zeigte, übersandte der spätere Beklagte Anfang Juli 2006 ein Formular, in dem als Betreff „Korrekturabzug“ stand.

Die Kundin sollte die Angaben aktualisieren und das Formular zurücksenden. Im Kopf des Formulars stand „die jährliche Grundeintragung ist kostenlos“.

Im kleingedruckten Text stand, dass ein hervorgehobener Eintrag zum Preis von 830 Euro plus Mehrwertsteuer, abgeschlossen auf zwei Jahre, mit Leistung der Unterschrift zustande komme.

Die Kundin korrigierte die Angaben im Formular, unterschrieb und sandte das Formular zurück.

Die zuständige Richterin beim Amtsgericht München gab der Kundin Recht und verurteilte den Beklagten zur Rückzahlung:

Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass der Klägerin im Telefonanruf ein kostenloser Eintrag ins Branchenbuch zugesichert wurde. In der Überschrift des ihr zugesandten Formulars stehe auch dick und grau hinterlegt, dass die jährliche Grundeintragung kostenlos sei. Das Schreiben sei betitelt mit "Korrekturabzug". Auch der kleingedruckte Text auf der rechten Seite, der mit "wichtig" betitelt sei, handele zunächst nur davon, dass Bilder der Firma zurückgesendet werden können und die Kundin gebeten werde, die Dateien zu überprüfen. Von dem Abschluss eines zusätzlichen Vertrages sei nicht die Rede. Dann ergehe die Bitte, diesen Vertrag unterschrieben zurückzusenden.

Erst dort komme der Hinweis, dass mit der Unterschrift ein hervorgehobener kostenpflichtiger Eintrag abgeschlossen werde. Dies werde nicht hervorgehoben und sei auch so angeordnet, dass er übersehen werden könne. Dieser Widerspruch zum Verlauf der Vertragsverhandlungen und die Unvereinbarkeit mit dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages mache die Klausel daher zu einer überraschenden Vereinbarung. Damit sei diese unwirksam und die geleistete Zahlung könne zurückgefordert werden.

http://www.ag-m.bayern.de/Pressemitteilungen/080225%20-%20Eintrag%20in%20einem%20Branchenbuch/080225%20-%20Eintrag%20in%20einem%20Branchenbuch.htm
http://medien-internet-und-recht.de/volltext.php?mir_dok_id=1526
http://www.kostenlose-urteile.de/newsview5656C.htm


Zu überraschenden (und damit unwirksamen) Entgeltklauseln siehe auch die Entscheidungen Amtsgericht München, Urt.v. 25.07.2005 (Az: 163 C 13423/05) und Amtsgericht München vom 16.1.07, AZ 161 C 23695/06
 
AW: AG München: Überraschende Zahlungsklausel in Anmeldeformular

Entscheidung
1. Für eine Irreführung (§ 5 UWG) kann ausnahmsweise auch die Täuschung eines eher geringen Teils des angesprochenen Verkehrs ausreichen, wenn nach den Gesamtständen die Werbung gezielt auf eine solche Täuschung angelegt ist und schützenswerte Interessen des Unternehmens, in dieser Weise werben zu dürfen, nicht ersichtlich sind, weil die Werbeadressaten, die das Angebot richtig verstehen, eine Inanspruchnahme der angebotenen Leistung nicht ernsthaft in Betracht ziehen werden.

2. Wird das mit dem Unterlassungsantrag begehrte Verbot der konkreten Verletzungshandlung auf mehrere darin verwirklichte Wettbewerbsverstöße gestützt, haben die Klage oder der Eilantrag schon dann in vollem Umfang Erfolg, wenn die Verletzungshandlung nur einen der gerügten Wettbewerbsverstöße enthält (ständige Senatsrechtsprechung im Anschluss an BGH GRUR 01, 453 – TCM-Zentrum). Hat das Gericht erster Instanz das von ihm ausgesprochene Verbot der konkreten Verletzungshandlung auf einen dieser Wettbewerbsverstöße gestützt, ist das Berufungsgericht nicht gehindert, das Verbot dieser Verletzungshandlung mit einem anderen der gerügten Verstöße zu begründen.
 
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